Das chaoti­sche erste TV-Duell von Donald Trump und Joe Biden verhieß wenig Gutes für das zweite und letzte vor der Wahl. Doch diesmal ging es anders zu: Die Kandi­da­ten schaff­ten es, sich gesit­tet zu streiten.

Der 74-jähri­ge Trump liegt in natio­na­len Umfra­gen deutlich hinter Biden. Für den Republi­ka­ner war es die letzte Chance vor einem Millio­nen­pu­bli­kum, unent­schlos­se­ne Wähler für sich zu mobilisieren.

In einer Blitz­um­fra­ge des Nachrich­ten­sen­ders CNN sahen 53 Prozent der Zuschau­er Biden vorn, für 39 Prozent war Trump der Sieger. Es ist schwer abzuschät­zen, wie stark die Debat­te Unent­schie­de­ne noch beein­flusst. Fast 50 Millio­nen Ameri­ka­ner haben bereits per Brief abgestimmt, viele Wähler dürften sich festge­legt haben, wem sie am 3. Novem­ber ihre Stimme geben.

In den gut 90 Minuten versuch­te Trump immer wieder, die Glaub­wür­dig­keit seines demokra­ti­schen Heraus­for­de­rers zu unter­gra­ben. Trump schoss sich auf Vorwür­fe ein, dass Bidens Sohn Hunter zweifel­haf­te Geschäft in der Ukrai­ne gemacht habe — und das Biden, damals Vizeprä­si­dent, angeb­lich davon profi­tiert habe.

«Ich habe niemals in meinem Leben einen Penny von einer auslän­di­schen Quelle angenom­men», konter­te Biden.

Zentra­le Themen der Debat­te am Donners­tag­abend (Ortszeit) in Nashville im US-Bundes­staat Tennes­see waren der Kampf gegen die Corona-Krise, Hilfen für Unter­neh­men und Verbrau­cher, die Gesund­heits­ver­sor­gung der Ameri­ka­ner, Rassis­mus sowie die Energiepolitik.

Die Debat­te verlief gesit­te­ter als das erste Duell von Trump und Biden Ende Septem­ber. Die Kandi­da­ten ließen einan­der ausre­den und folgten weitge­hend den Fragen der Modera­to­rin Kristen Welker. Die 44 Jahre alte Journa­lis­tin von NBC News und Korre­spon­den­tin im Weißen Haus hatte die Debat­te jeder­zeit weitge­hend im Griff. Sie ernte­te dafür in sozia­len Netzwer­ken viel Lob.

In diesem Duell wurden erstmals die Mikro­fo­ne eines der Kandi­da­ten abgeschal­tet, wenn der andere sein zweimi­nü­ti­ges Eingangs-State­ment zu einem Themen­kom­plex abgab. Missbil­li­gung fürein­an­der drück­ten sie eher mit einem Grinsen oder einem Kopfschüt­teln aus.

Nach rund einer Stunde bröckel­te dann doch mal die Geduld des 74-jähri­gen Präsi­den­ten — er ließ sich mehrfach nicht von der Modera­to­rin stoppen, wenn sie ihn zur aktuel­len Frage zurück­brin­gen oder zum nächs­ten Thema überge­hen wollte.

Deutlich in der Debat­te wurden die unter­schied­li­chen Ansät­ze zum Weg aus der Corona-Krise. Trump, der sich selbst infiziert hatte und erkrankt war, beton­te auch vor dem Hinter­grund wieder steigen­der Fallzah­len, dass er auf keinen Fall weite­re Lockdowns wolle. «Die Medizin darf nicht schlim­mer als das Problem selbst sein», sagte der Präsi­dent. Ameri­ka lerne, mit dem Virus zu leben, sagte er.

Das löste eine schar­fe Reakti­on des 77-jähri­gen Biden aus: «Die Leute lernen, damit zu sterben.» Auf den Vorwurf, er überneh­me keine Verant­wor­tung für die Krise, entgeg­ne­te Trump: «Ich überneh­me die volle Verant­wor­tung. Es ist nicht meine Schuld, dass es hierher gekom­men ist. Es ist nicht Joes Schuld. Es ist Chinas Schuld.» Bisher starben über 222.000 Ameri­ka­ner nach einer Coronavirus-Infektion.

Der bei Schwar­zen populä­re Biden bekräf­tig­te, dass es in Ameri­ka in den Insti­tu­tio­nen veran­ker­ten Rassis­mus gebe. Trump bezeich­ne­te er als den rassis­tischs­ten Präsi­den­ten. «Er gießt in jedes einzel­ne rassis­ti­sche Feuer Öl.» Der Präsi­dent wieder­hol­te im Gegen­zug seine Behaup­tung, dass niemand mehr als er für schwar­ze Ameri­ka­ner getan habe — mit Ausnah­me von Präsi­dent Abraham Lincoln mit der Abschaf­fung der Sklave­rei. «Ich bin die am wenigs­ten rassis­ti­sche Person in diesem Raum», sagte er — direkt neben der Afroame­ri­ka­ne­rin Welker.

Beim Thema Außen­po­li­tik beton­te Trump abermals, dass es in seiner Amtszeit entge­gen Warnun­gen seines Vorgän­gers Barack Obama keinen Krieg mit Nordko­rea gegeben habe — auch weil sein Verhält­nis zum Macht­ha­ber Kim Jong Un gut sei. Biden entgeg­ne­te: «Wir hatten ein gutes Verhält­nis zu Hitler, bevor er in Europa einfiel.» Trump hielt ihm vor, in seinen acht Jahren als Vizeprä­si­dent eine zu schwa­che Außen­po­li­tik betrie­ben zu haben.

Biden reagier­te mehrfach mit ungläu­bi­gem Lachen, unter anderem als Trump davon sprach, dass Windrä­der «alle Vögel töten». Der Heraus­for­de­rer beton­te: «Der Klima­wan­del, die Erder­wär­mung sind die nächs­te existen­zi­el­le Bedro­hung für die Mensch­heit.» Er werde deshalb dem Klima­ab­kom­men von Paris wieder beitre­ten, aus dem die USA unter Trump ausge­tre­ten waren.

Biden wagte sich diesmal deutlich weiter als zuvor aus der Deckung, was eine Energie­wen­de angeht. Er beton­te, dass die Ölindus­trie mit ihm als Präsi­den­ten keine Subven­tio­nen aus Washing­ton mehr bekom­men solle. Auch wolle er die Wirtschaft vom Öl schritt­wei­se auf erneu­er­ba­re Energien umstellen.

«Das ist eine große Aussa­ge», rief Trump aus. Er behaup­tet stets, dass Biden die ameri­ka­ni­sche Ölindus­trie zerstö­ren und damit viele Jobs vernich­ten werde. Er versucht, damit unter anderem in den Bundes­staa­ten zu punkten, in denen die Ölbran­che viele Arbeits­plät­ze stellt. Biden versprach, die Umstel­lung werde «Millio­nen neue Jobs» schaffen.

Das erste TV-Duell der beiden Kandi­da­ten war im Chaos versun­ken. Vor allem Trump fiel Biden immer wieder ins Wort und ließ ihn nicht ausre­den. Biden bezeich­ne­te Trump im Gegen­zug unter anderem als «Rassis­ten», «Lügner», «Putins Welpen» und «den schlech­tes­ten Präsi­den­ten, den Ameri­ka je hatte». Eine ursprüng­lich für Anfang Oktober geplan­te zweite Debat­te platz­te nach der Covid-19-Erkran­kung des Präsidenten.