MÜNCHEN (dpa) — Themenmangel gibt es bei der Münchner Sicherheitskonferenz keinen. Der ukrainische Regierungsvize fordert die Lieferung umstrittener Waffen. Und dann ist da noch die Ballon-Affäre zwischen den USA und China.
Nach Kampfpanzern und Kampfjets hat die Ukraine auf der Münchner Sicherheitskonferenz den westlichen Verbündeten einen neuen Waffen-Wunsch für den Kampf gegen Russland präsentiert. Vizeregierungschef Olexander Kubrakow forderte Streumunition und Phosphor-Brandwaffen — der Einsatz beider Waffen ist sehr umstritten. Wie Russland wolle auch sein Land diese «Art von Kampfmitteln» nutzen. «Es ist unser Staatsgebiet.» Er verstehe die Schwierigkeiten wegen Konventionen, aber diese Art von Munition könne dazu beitragen, dass man den Angreifern standhalten könne.
Kubrakow spielte damit darauf an, dass der Einsatz von Streumunition völkerrechtlich geächtet ist. Als Streumunition werden Raketen und Bomben bezeichnet, die in der Luft über dem Ziel bersten und viele kleine Sprengkörper freisetzen. Phosphormunition kann bei Menschen schwerste Verbrennungen und Vergiftungen verursachen.
Kubrakow warb zudem erneut um die Lieferung von Kampfjets. Polens Ministerpräsident Mateusz Morawiecki machte deutlich, dass sein Land bereit wäre, gemeinsam mit anderen Kampfjets an die Ukraine zu liefern. Als Voraussetzung nannte er allerdings eine «Nato-Entscheidung» für einen solchen Schritt.
Trotz der drastischen Forderungen ist nicht davon auszugehen, dass US-Außenministerin Kamala Harris oder der britische Premierminister Rishi Sunak in ihren mit Spannung erwarteten Reden darauf eingehen werden. Bei Harris stellt sich zudem die Frage, wie sie auf die Ballon-Affäre zwischen den USA und China eingeht.
Vor knapp zwei Wochen hatte das US-Militär einen mutmaßlichen Spionageballon vor der Küste des Bundesstaats South Carolina über dem Atlantik abgeschossen. Die USA werfen China vor, es habe Militäreinrichtungen ausspionieren wollen. Peking spricht dagegen von einem zivilen Forschungsballon, der vom Kurs abgekommen sei.
Wallace sieht «Konsens» gegen schnelle Lieferung von Kampfjets
Der britische Verteidigungsminister Ben Wallace sieht in den Reihen der Verbündeten weitgehende Einigkeit darüber, dass eine schnelle Lieferung von modernen Kampfjets an die Ukraine ausgeschlossen ist. Diese Haltung sei «Konsens unter den westlichen Partnern», sagte Wallace dem «Spiegel» am Rande der Münchner Sicherheitskonferenz. «Es wird keine schnellen Kampfjet-Lieferungen geben, ganz sicher nicht in dieser Kriegsphase, ziemlich sicher auch nicht in einem halben Jahr», sagte Wallace, der damit Äußerungen der vergangenen Tage bekräftigte.
Moderne Flugzeuge wie der «Eurofighter» könnten «erst nach dem Krieg an die Ukraine geliefert werden, sagte Wallace demnach. Das Training der Piloten dauere lange. Zudem brauche man für einen Betrieb sehr viele Techniker am Boden. «Trotzdem signalisieren wir mit der grundsätzlichen Bereitschaft, irgendwann diesen Schritt zu machen, erneut unsere Entschlossenheit, der Ukraine so lange zu helfen, wie es nötig ist», sagte Wallace.
Der Minister warnte vor zu großen Erwartungen an die kürzlich beschlossenen Panzer-Lieferungen an die Ukraine. «Natürlich werden die Panzer die Ukrainer stärker machen, aber sie sind kein Zaubertrank, der von einem Tag auf den anderen alles ändert», sagte der Minister.
China kündigt Friedensinitiative für Ukraine an
China hat eine Friedensinitiative für ein Ende des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine angekündigt. «Wir werden etwas vorlegen. Und zwar die chinesische Position zur politischen Beilegung der Ukraine-Krise», sagte Chinas oberster Außenpolitiker Wang Yi laut offizieller Übersetzung. «Wir werden auf der Seite des Friedens und des Dialoges standfest stehen.»
Für eine sicherere Welt seien «die Prinzipien der UN-Charta etwas, das wir hochhalten müssen», sagte Wang Yi. Das Chaos und die Konflikte, die die Welt im Moment schmerzen ließen, seien hervorgerufen worden, weil die Prinzipien der UN-Charta nicht aufrechterhalten worden seien.
Finnlands Regierungschefin: Westen hat «großen Fehler» gemacht
Der Westen hätte Russlands Krieg nach Einschätzung von Finnlands Ministerpräsidentin Sanna Marin verhindern können. Als Russland 2014 die ukrainische Halbinsel Krim überfiel, habe man den «großen Fehler» gemacht, gemeinsam nicht stärker zu reagieren, sagte sie. «Wenn wir stärker auf die Krim reagiert hätten, dann würde der Krieg nicht stattfinden.»
Marin erklärte, Russland habe offenbar gedacht, bei der Invasion im vergangenen Jahr werde es laufen wie 2014 auf der Krim und der Krieg könne innerhalb einiger Wochen einfach und schnell gewonnen werden. «Wir müssen jetzt aus der aktuellen Situation lernen», sagte Marin, die in einer Podiumsdiskussion mit Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sprach. «Ich glaube, die wichtigste Lehre ist, nicht naiv zu sein.»