BERLIN/KIEW (dpa) — Die Ukrai­ne strebt eine Nato-Mitglied­schaft an, Russland fordert einen neutra­len Status des Landes. Aus ukrai­ni­scher Sicht könnte dieser nun verhan­delt werden — unter bestimm­ten Bedingungen.

Die Ukrai­ne schließt nicht aus, in Verhand­lun­gen mit Russland auch über eine mögli­che Neutra­li­tät des Landes zu sprechen.

«Solche Fragen ließen sich in Verhand­lun­gen disku­tie­ren, das ist durch­aus möglich», sagte Ihor Showk­wa, außen­po­li­ti­scher Berater des ukrai­ni­schen Präsi­den­ten Wolodym­yr Selen­skyj, gestern Abend in den ARD-«Tagesthemen» auf die Frage, ob die Ukrai­ne bei Verhand­lun­gen bereit sein könnte, einen neutra­len Status zu akzep­tie­ren. Showk­wa warb für ein Treffen auf Präsidentenebene.

Ihor Showk­wa bei den ARD-Tagesthemen

Nur durch ein Treffen des russi­schen Präsi­den­ten Wladi­mir Putin mit Selen­skyj seien ernst­haf­te Verhand­lun­gen möglich, beton­te er. Selen­skyj sei dazu bereit. Leider bestehe auf russi­scher Seite dazu keine Bereit­schaft. Die inter­na­tio­na­len Partner sollten helfen, ein solches Treffen zustan­de zu bringen. Solche Verhand­lun­gen und eine mögli­che Überein­kunft könnten aber erst zustan­de kommen, wenn die Kriegs­hand­lun­gen aufge­hört hätten und es einen Waffen­still­stand gäbe.

«Wir sind nicht die Aggressoren»

In einem solchen Treffen könnte man disku­tie­ren, «wie es mit einer mögli­chen Neutra­li­tät der Ukrai­ne ausse­hen könnte», sagte Showk­wa. «Wir brauchen deshalb strik­te Garan­tien, damit eine solche Situa­ti­on nie wieder eintre­ten kann», fügte er hinzu. «Wir sind ja nicht die Aggres­so­ren, wir werden nie die Angrei­fer sein.» Am Donners­tag wollen sich der ukrai­ni­sche Außen­mi­nis­ter Dmytro Kuleba und sein russi­scher Kolle­ge Sergej Lawrow im türki­schen Antalya treffen.

Seit 2019 ist das Ziel des Nato-Beitritts in der ukrai­ni­schen Verfas­sung festge­legt. Russland fordert, dass die Ukrai­ne darauf verzich­tet und sich für neutral erklärt.

Showk­wa forder­te Deutsch­land «als Wirtschafts­mo­tor der EU» zu weite­ren Sanktio­nen auf. Sein Land bitte um ein Embar­go russi­schen Gases und Öls. Zudem sollten Waren beschlag­nahmt werden, die Russen gehören. Die Swift-Sanktio­nen sollten auf alle russi­schen Banken ausge­dehnt werden.

Er warnte: «Wenn wir hier die russi­schen Aggres­so­ren nicht stoppen können, wird Russland nicht innehal­ten an den ukrai­ni­schen Grenzen, sondern man wird in weite­re Länder einrü­cken, in die balti­schen Republi­ken, Polen mögli­cher­wei­se. Das könnte weiterreichen.»