BERLIN (dpa) — Ein Gerücht macht im Netz die Runde: In der Ukrai­ne sollen angeb­lich alle russisch­spra­chi­gen Bücher verbrannt werden. Doch das stimmt nicht.

Hört man in Deutsch­land von Bücher­ver­bren­nun­gen, verbin­det man das in der Regel mit den Natio­nal­so­zia­lis­ten. Aktuell wird der Ukrai­ne vorge­wor­fen, auf diese Weise gegen die gesam­te russi­sche Litera­tur vorzu­ge­hen. Das aber ist haltlos.

Behaup­tung: Der ukrai­ni­sche Präsi­dent Wolodym­yr Selen­skyj habe die Verbren­nung «aller russisch­spra­chi­gen Bücher» anord­nen lassen.

Bewer­tung: Falsch. Kiew lässt aber etwa «russi­sche Propa­gan­da-Litera­tur» aus den Biblio­the­ken entfernen.

Das sind die Fakten

Die Ukrai­ne hat nach dem Beginn des russi­schen Angriffs auf das Land zwei Vorha­ben zum Umgang mit bestimm­ten Büchern umgesetzt: Am 19. Juni beschloss das Parla­ment, dass keine Druck­wer­ke aus Russland und Belarus mehr in die Ukrai­ne impor­tiert werden dürfen. Bereits am 5. Mai wurde vom Kultur­mi­nis­te­ri­um bekannt­ge­ge­ben, dass russisch­spra­chi­ge «Propa­gan­da-Litera­tur» aus den Biblio­the­ken entfernt werden solle. Darun­ter fallen demnach etwa Texte, die den russi­schen Krieg gegen die Ukrai­ne leugnen oder die terri­to­ria­le Integri­tät des Landes in Frage stellen.

Es geht aber nicht um die gesam­te russisch­spra­chi­ge Litera­tur. Was mit den entfern­ten Texten passie­ren soll, ist zwar unklar. Eine Verbren­nung aber wird nirgends erwähnt. Für eine angeb­li­che offizi­el­le Anwei­sung zur Zerstö­rung aller russisch­spra­chi­gen Bücher in der Ukrai­ne gibt es keiner­lei Hinweise.

Zum Teil wird mit der Falsch­be­haup­tung auch das Foto eines Bücher­hau­fens in Flammen verbrei­tet. Doch diese Aufnah­me ist schon spätes­tens seit 2014 im Netz zu finden — und zeigt sicher­lich keine Bücher­ver­bren­nung im Jahr 2022. Zudem steht auf einem der abgebil­de­ten Bücher in kyril­li­schen Buchsta­ben «Geschich­te der Ukrai­ne». Das deutet darauf hin, dass die damali­ge Verbren­nung tatsäch­lich eher den Hinter­grund hat, der Ukrai­ne die Staat­lich­keit abzusprechen.