BERLIN (dpa) — Die Kanzle­rin oder der Kanzler wird nicht direkt gewählt. Dennoch fragen Meinungs­for­scher danach, wer bei einer Direkt­wahl die besten Chancen hätte. Und hier gab es zuletzt ein Überholmanöver.

SPD-Kanzler­kan­di­dat Olaf Scholz hat Unions-Kandi­dat Armin Laschet (CDU) nach mehre­ren aktuel­len Umfra­gen in der Wähler­gunst überholt.

Wenn der oder die Kanzle­rin in Deutsch­land direkt wählbar wäre, würden sich 20 Prozent der Teilneh­mer Online-Umfra­ge des Meinungs­for­schungs­in­sti­tuts YouGov für den aktuel­len Finanz­mi­nis­ter Scholz entschei­den. 15 Prozent würden NRW-Minis­ter­prä­si­dent Laschet wählen, 13 Prozent Grünen-Chefin und Kanzler­kan­di­da­tin Annale­na Baerbock.

Ein ähnli­ches Bild ergibt sich in einer Befra­gung von Bürge­rin­nen und Bürgern über 18 Jahren durch das ZDF-«Politbarometer»: Hier sagen nun 34 Prozent (plus sechs Punkte inner­halb von zwei Wochen), dass ihnen Scholz als Bundes­kanz­ler «am liebs­ten» wäre, gefolgt von 29 Prozent für Laschet (minus acht) und 20 Prozent für Baerbock (plus zwei).

Positio­nen getauscht
Damit haben sich die Positio­nen von Laschet und Scholz verkehrt. Einen Monat zuvor hatte der Unions­kan­di­dat in der YouGov-Befra­gung bei 21 Prozent gelegen, sein Konkur­rent von der SPD bei 16 Prozent. Eine mögli­che Erklä­rung ist das Agieren Laschets nach den verhee­ren­den Überschwem­mun­gen Mitte Juli auch in Nordrhein-Westfa­len, wo er Kritik für einen missglück­ten Auftritt auf sich zog.

Der Kanzler oder die Kanzle­rin wird in Deutsch­land nicht direkt gewählt. Statt­des­sen stehen bei der Bundes­tags­wahl am 26. Septem­ber Partei­en auf dem Stimm­zet­tel, von denen einige nach der Wahl über die Bildung einer Koali­ti­on verhan­deln. Die Regie­rungs­par­tei­en halten norma­ler­wei­se eine Mehrheit der Sitze im Bundes­tag. In der Regel stellt die stärks­te Partei auch den Regierungschef.

CDU/CSU bei Wahlum­fra­gen vorn
Bei der Antwort auf die Frage «Wenn am nächs­ten Sonntag Bundes­tags­wahl wäre, welche Partei würden Sie wählen?» erziel­ten CDU/CSU bei YouGov 28 Prozent (minus zwei Punkte im Vergleich zum Vormo­nat), SPD (plus 1) und Grüne (minus 3) lagen gleich­auf bei 16 Prozent. AfD und FDP konnten sich um jeweils einen Punkt auf 12 Prozent verbes­sern. Die Linke käme auf acht Prozent (plus 1).

Im ZDF-«Politbarometer» verliert die Union bei der Sonntags­fra­ge inner­halb von zwei Wochen zwei Punkte und kommt ebenfalls auf 28 Prozent, die Grünen kommen auf 21 Prozent (plus ein Prozent­punkt). Die SPD legt leicht auf 16 Prozent zu (plus ein Prozent­punkt), ebenso wie die AfD mit elf Prozent (plus ein Punkt). Die FDP bleibt unver­än­dert bei zehn Prozent, die Linke bei sieben Prozent. Die Freien Wähler kämen auf drei Prozent.

Wahlum­fra­gen sind generell immer mit Unsicher­hei­ten behaf­tet. Unter anderem erschwe­ren nachlas­sen­de Partei­b­in­dun­gen und immer kurzfris­ti­ge­re Wahlent­schei­dun­gen den Meinungs­for­schungs­in­sti­tu­ten die Gewich­tung der erhobe­nen Daten. YouGov nennt zum Beispiel eine statis­ti­sche Fehler­to­le­ranz von 2,1 Prozent­punk­ten (bei einem Anteils­wert von 30 Prozent) und von 1,0 Punkten (bei einem Anteils­wert von 5 Prozent). Grund­sätz­lich spiegeln Umfra­gen nur das Meinungs­bild zum Zeitpunkt der Befra­gung wider und sind keine Progno­sen auf den Wahlausgang.