BERLIN (dpa) — Altkanz­ler Gerhard Schrö­der hat seinen Posten bei Rosneft aufge­ge­ben. Sollte er noch weite­re Jobs abgeben? FDP-Bundes­vi­ze Kubicki findet: Es reicht jetzt. Bundes­kanz­ler Scholz sieht das anders.

Auf Bundes­ebe­ne herrscht Uneinig­keit über den weite­ren Umgang mit Altkanz­ler Gerhard Schrö­der (SPD) nach dessen Entschei­dung, seinen Aufsichts­rats­pos­ten beim russi­schen Energie­kon­zern Rosneft niederzulegen.

FDP-Bundes­vi­ze Wolfgang Kubicki wies am Wochen­en­de Forde­run­gen zurück, Schrö­der solle weite­re Jobs bei russi­schen Unter­neh­men abgeben. «Es bedarf keiner weite­ren Maßnah­me, weder des Ex-Kanzlers noch des Deutschen Bundes­ta­ges», sagte Kubicki, der auch Bundes­tags­vi­ze­prä­si­dent ist, den Zeitun­gen der Funke Medien­grup­pe (Online Sonntag, Print Montag). «Konse­quen­zen sind verständ­lich und nachvoll­zieh­bar, die Grenze zur Demüti­gung sollte aber nicht überschrit­ten werden», meinte er.

Er wider­sprach damit unter anderem Bundes­kanz­ler Olaf Scholz (SPD). Dieser hatte Schrö­der aufge­for­dert, nach der Nieder­le­gung des Aufsichts­rats­pos­tens bei Rosneft weite­re Tätig­kei­ten für Unter­neh­men aus Russland einzu­stel­len. «Wir nehmen zur Kennt­nis, dass es jetzt bei einem passiert, und die anderen müssen auch noch folgen», sagte Scholz am Samstag.

Auch für Aufsichts­rat von Gazprom nominiert

Rosneft hatte am Freitag mitge­teilt, dass Schrö­der seine Amtszeit als Aufsichts­rats­chef nicht verlän­gern werde. Der Altkanz­ler ist aktuell noch für den Aufsichts­rat des Energie­kon­zerns Gazprom nominiert und für die Gazprom-Tochter­ge­sell­schaf­ten Nord Stream und Nord Stream 2 als führen­der Lobby­ist tätig. Der Bundes­tag hatte Schrö­der als Reakti­on auf seine auch während des Ukrai­ne-Kriegs fortdau­ern­de Tätig­keit für russi­sche Unter­neh­men kürzlich sein Büro und seine Mitar­bei­ter gestri­chen. Das EU-Parla­ment forder­te gleich­zei­tig Sanktio­nen gegen ihn. Zugleich laufen in der SPD auch noch Verfah­ren, um den Ex-Kanzler aus der Partei auszuschließen.

SPD-General­se­kre­tär Kevin Kühnert sagte der «Rheini­schen Post», Schrö­ders Entschei­dung zu Rosneft sei «wohl nicht ganz zufäl­lig» und «leider viel zu spät» gefal­len. Zur konkre­ten Forde­rung des EU-Parla­ments nach Sanktio­nen gegen Schrö­der hielt sich Kühnert aber bedeckt. «Ich habe keinen Anlass, eine schüt­zen­de Hand über ihn zu halten. Wenn es klare, objek­ti­ve Krite­ri­en für Sankti­ons­lis­ten gibt, dann gelten die natür­lich für alle. Ob das hier der Fall ist, müssen andere bewerten.»

Bundes­kanz­ler Scholz hatte sich zuvor gegen die Sankti­ons­for­de­rung aus Brüssel gestellt und mit Blick auf den Entzug eines Teils der Altkanz­ler-Privi­le­gi­en durch den Bundes­tag gesagt: «Das ist die Entschei­dung, die jetzt notwen­dig ist, weite­re halte ich nicht für erforderlich.»

Kritik an dieser Haltung gab es am Wochen­en­de etwa aus den Reihen der Grünen im EU-Parla­ment. Der grüne Europa-Abgeord­ne­te Reinhard Bütiko­fer warf Scholz vor, Klartext zu verwei­gern. «Die Äußerun­gen von Scholz zur Causa Schrö­der zeigen Zöger­lich­keit», sagte Bütiko­fer dem «Handels­blatt». Scholz spreche «da mehr als SPD-Mann und weniger als Kanzler».