BERLIN (dpa) — Schafft er noch die Wende? Die Umfra­ge­wer­te für Kanzler­kan­di­dat Laschet sind noch schwä­cher als die für die Union. An diesem Samstag sind die Schein­wer­fer wieder auf ihn gerich­tet — Chance und Risiko zugleich.

Die Umfra­ge­wer­te sind misera­bel, der Kanzler­kan­di­dat ist angeschla­gen und die innere Unruhe dementspre­chend groß: Zum Auftakt für die Schluss­pha­se ihres Bundes­tags­wahl­kampfs steht die Union enorm unter Druck.

Gut fünf Wochen vor der Wahl will Kanzler­kan­di­dat Armin Laschet bei der zentra­len Veran­stal­tung an diesem Samstag im Berli­ner Tempo­drom endlich aus der Defen­si­ve kommen. Der CSU-Vorsit­zen­de Markus Söder — einst, und wie manche glauben, womög­lich schon wieder Laschets Konkur­rent um die Kanzler­kan­di­da­tur — soll ihm dabei auf der Bühne helfen, ebenso die schei­den­de Kanzle­rin Angela Merkel (CDU).

Dobrint fordert mehr Engagement

Alexan­der Dobrindt, als Chef der CSU-Bundes­tags­ab­ge­ord­ne­ten Söders Mann in Berlin, forder­te zur Auftakt­ver­an­stal­tung einen engagier­te­ren Wahlkampf. «Wir müssen jetzt durch­star­ten. Erfolg­rei­che Wahlkämp­fe brauchen die drei M: Mannschaft, Mut und Mobili­sie­rung. Bei Mobili­sie­rung ist zurzeit noch Luft nach oben», sagte der CSU-Landes­grup­pen­chef der «Neuen Osnabrü­cker Zeitung» (Samstag). «Ein Ergeb­nis der Union von über 30 Prozent ist möglich, aber eben auch notwen­dig, um den Führungs­an­spruch in einer Regie­rungs­be­tei­li­gung zu unter­mau­ern», sagte Dobrindt, der damit eine frühe­re Aussa­ge bekräftigte.

Doch davon ist die Union derzeit weit entfernt. In mehre­ren Umfra­gen rangie­ren CDU und CSU zusam­men nur noch bei 22 bis 23 Prozent. Die SPD mit Vizekanz­ler Olaf Scholz als Kanzler­kan­di­dat hat die lange zweit­plat­zier­ten Grünen inzwi­schen überholt und ist der Union mit 21 Prozent ganz dicht auf den Pelz gerückt. Von den großen Umfra­ge­insti­tu­ten sieht nur Allens­bach die Union mit 27,5 zu 19,5 Prozent noch mit deutli­chem Abstand vorne. In der Kanzler­prä­fe­renz liegt Laschet weit abgeschla­gen hinter Scholz.

Inhalt­li­che Ausein­an­der­set­zung mit SPD und Grünen

Nötig ist aus Dobrindts Sicht eine stärke­re inhalt­li­che Ausein­an­der­set­zung mit SPD und Grünen. «Es geht um Entlas­tun­gen oder Belas­tun­gen, um Freiheit oder Bevor­mun­dung, um Chancen oder Schul­den, um Mitein­an­der oder Gegen­ein­an­der. Das sind die klaren Richtungsentscheidungen.»

Laschet will nach einem Wahlsieg zuerst ein Paket zur Planungs­be­schleu­ni­gung auf den Weg bringen, um große Wirtschafts­pro­jek­te voran­zu­brin­gen. Dies werde er «zualler­erst anpacken», sagte der CDU-Vorsit­zen­de der «Frank­fur­ter Allge­mei­nen Zeitung» (Samstag). Um Wachs­tum und Wettbe­werbs­fä­hig­keit zu bewah­ren und inter­na­tio­nal nicht abgehängt zu werden, müsse man in Deutsch­land «schnel­ler planen, geneh­mi­gen und umsetzen».

Laschet will stärker auf sein Team setzen

Er hat aber auch angekün­digt, künftig stärker auf ein Team zu setzen. «Wir müssen und werden mehr Köpfe zeigen und machen so deutlich, dass wir ein starkes Team sind», wurde er am Freitag von Teilneh­mern einer Online-Sitzung der Unions­frak­ti­on im Bundes­tag zitiert.

Auf die Frage, ob CSU-Chef Markus Söder der besse­re Kandi­dat gewesen wäre, sagte Dobrindt: «Die Entschei­dung ist anders gefal­len. Jetzt kämpft die CSU dafür, dass Armin Laschet Bundes­kanz­ler wird. Es gibt Zeiten des inner­par­tei­li­chen Wettbe­werbs, aber jetzt ist die Zeit, gemein­sam die Wahl zu gewinnen.»

Mit Spannung wird nun erwar­tet, ob sich Söder beim Wahlkampf­auf­takt erneut mit spitzen Bemer­kun­gen über Laschet äußert oder den Kanzler­kan­di­da­ten mit einer furio­sen Rede in den Schat­ten stellt. Eigent­lich hatte die Union ein Dreita­ge­pro­gramm im Vergnü­gungs­park im baden-württem­ber­gi­schen Rust geplant, wegen der Flutka­ta­stro­phe wurde das aber abgesagt. Im Berli­ner Tempo­drom soll zu Wahlkämp­fern vor Ort geschal­tet werden — die Union beginnt an diesem Tag im ganzen Bundes­ge­biet paral­lel ihre Wahlkampfaktionen.

Führen­de CDU-Politi­ker hatten am Freitag auch davor gewarnt, bei der Bundes­tags­wahl am 26. Septem­ber das Kreuz bei der FDP zu machen. «Jeder, der die FDP wählt, muss wissen: Der kann dann am Ende auch aufwa­chen mit SPD und Grünen», sagte CDU-General­se­kre­tär Paul Ziemi­ak in der ARD. FDP-Chef Chris­ti­an Lindner habe dies nicht ausgeschlossen.