BERLIN (dpa) — Der SPD-Kandi­dat bemüht sich, Befürch­tun­gen wegen eines Links­bünd­nis­ses zu zerstreu­en. Eine förmli­che Absage scheut er aber. Die Union hofft.

Zweiein­halb Wochen vor der Bundes­tags­wahl erhal­ten Union und FDP mit der Ausein­an­der­set­zung über ein mögli­ches Links­bünd­nis den Druck auf die überra­schend erstark­te SPD aufrecht.

Während Christ- und Freide­mo­kra­ten die Debat­te mit Warnun­gen vor Rot-Grün-Rot befeu­ern, bemüht sich SPD-Kanzler­kan­di­dat Olaf Scholz nach Kräften, entspre­chen­de Befürch­tun­gen zu zerstreuen.

In der ARD-«Wahlarena» wurde er von einem Zuschau­er gefragt, ob dieser die SPD wählen könne, ohne damit die Linke in eine Regie­rung zu heben. Scholz antwor­te­te, er könne die SPD wählen und die Fragen, die er gestellt habe, sicher beant­wor­tet finden. Der Mann hatte als Gründe für seine Skepsis die Sorge unter anderem um das trans­at­lan­ti­sche Verhält­nis und die Weiter­ent­wick­lung der EU genannt.

Scholz bekräf­tig­te, Deutsch­land müsse auch bei der Sicher­heit mit den USA zusam­men­ar­bei­ten. Das gelte auch für die Nato. «Für mich kann es nur eine Regie­rung geben, die dazu völlig klar einge­stellt ist.» Das müsse vom ersten Tag an klar sein. Die Linke will die Nato durch ein kollek­ti­ves Sicher­heits­bünd­nis unter Einschluss Russlands ersetzen.

Links­bünd­nis nicht defini­tiv ausgeschlossen

Dennoch schloss Scholz ein Bündnis mit der Links­par­tei abermals nicht defini­tiv aus. Aller­dings hindert ihn daran auch ein SPD-Partei­tags­be­schluss von 2013, keine solchen Festle­gun­gen mehr zu treffen. Scholz bezeich­ne­te es statt­des­sen als sein persön­li­ches Ziel, dass die Union nach der Bundes­tags­wahl am 26. Septem­ber in der Opposi­ti­on landet. «Sie können sicher sein, dass mein ganzes Ziel das ist — wie übrigens, wie ich den Eindruck habe, das vieler Bürge­rin­nen und Bürger -, dass die CDU/CSU sich jetzt mal in der Opposi­ti­on erholen kann», sagte er. Ein Zuschau­er hatte gefragt, ob er sicher sein könne, dass es keine neue große Koali­ti­on mehr geben werde.

Die Union, die in den Umfra­gen klar hinter der SPD rangiert, hält aber Misstrau­en gegen­über dem SPD-Kandi­da­ten für angebracht: «Olaf Scholz geht es darum, histo­risch für die SPD etwas zu errei­chen, es geht um einen Tabubruch, um einen Schul­ter­schluss des linken Lagers. Die Koali­ti­ons­fä­hig­keit des linken Lagers herzu­stel­len, das ist seine histo­ri­sche Missi­on», sagte CSU-Landes­grup­pen­chef Alexan­der Dobrindt der «Welt». «Scholz ist dafür offen­sicht­lich bereit, eine rückwärts­ge­wand­te und wohlstands­ge­fähr­den­de Politik zu betrei­ben.» Der CDU-Vizevor­sit­zen­de Jens Spahn warnte im selben Medium vor einem «Jahrzehnt des Nieder­gan­ges», vor allem wirtschaft­lich, wenn SPD und Grüne die Führung übernähmen.

FDP-Chef Chris­ti­an Lindner prophe­zei­te für den Fall eine Kapital­ver­la­ge­rung ins Ausland. «Rot-Grün-Rot, was die an Steuern erhöhen wollen — da werden ganz viele Leute sagen, dann gehe ich halt nach Öster­reich. Von 26 nicht-deutschen EU-Ländern sind 25 attrak­ti­ver als Deutsch­land, was die Steuern angeht», sagte er dem «Business Insider».

Scholz will Mehrwert­steu­er­sen­kung in Gastronomie

Scholz versprach einer in der Corona-Pande­mie beson­ders leiden­den Branche derweil eine dauer­haf­te Mehrwert­steu­er­sen­kung. Er habe der befris­te­ten Senkung von 19 Prozent auf 7 Prozent für Speisen in der Gastro­no­mie zugestimmt «in dem siche­ren Bewusst­sein: Das schaf­fen wir nie wieder ab», sagte Scholz. «Also das ist jetzt etwas, was für die Gastro­no­mie jetzt auch gelten soll.»

Die lange schwä­cheln­de SPD liegt in den Umfra­gen inzwi­schen mit etwa 25 Prozent in Führung. Die Union von Kanzler­kan­di­dat Armin Laschet hinge­gen ist auf 19 bis 23 Prozent gesun­ken. Die zwischen­zeit­lich recht starken Grünen sind ebenfalls zurück­ge­fal­len und liegen nur noch bei 16 bis 17 Prozent.

Dennoch zeigte sich Spahn überzeugt, dass eine Wende für die Union noch möglich ist. «Jetzt kämpfen wir im Team, indem wir Attacke machen, die Unter­schie­de heraus­ar­bei­ten, deutlich machen, dass ein Links­bünd­nis ein anderes Deutsch­land wäre», sagte er in der Sendung «RTL Direkt». Die aller­meis­ten Bürger wollten keine linke Politik. «Es kommt auf diese letzten Tage an, viele Bürger entschei­den sich in den letzten Tagen, und die wollen wir auch erreichen.»

Macron empfängt Laschet

Laschet selbst wird heute von Frank­reichs Staats­prä­si­den­ten Emmanu­el Macron empfan­gen, in seiner Funkti­on als deutsch-franzö­si­scher Kultur­be­voll­mäch­tig­ter. Am Montag war bereits Vizekanz­ler Scholz zu Gast bei Macron im Élysée-Palast. Baerbock dagegen verzich­tet auf einen Besuch bei Macron vor der Wahl.

Vorab forder­te Laschet einen Ausbau des gemein­sa­men europäi­schen Sicher­heits­sys­tems, damit Extre­mis­mus und Terro­ris­mus grenz­über­schrei­tend bekämpft werden können. «Bei der Sicher­heit können wir schon längst nicht mehr allein in natio­na­len Katego­rien denken», erklär­te er. «Denn wir erleben Bedro­hun­gen, bei denen Grenzen an Bedeu­tung verlie­ren.» Das gelte für Krimi­na­li­tät, Cyber­kri­mi­na­li­tät, Extre­mis­mus und auch inter­na­tio­na­len Terrorismus.

Die sicher­heits­po­li­ti­sche Handlungs­fä­hig­keit der EU müsse ausge­baut werden, sagte der CDU-Vorsit­zen­de weiter. Das umfas­se den Ausbau der Grenz­schutz­agen­tur Frontex, die Entwick­lung von Europol «zu einer Art europäi­schem FBI in Fragen der Cyber­si­cher­heit» sowie Koope­ra­ti­ons­zen­tren für die polizei­li­che Zusam­men­ar­beit in Europa.