Der Wirtschafts­mi­nis­ter hat seine erste Impfung bekom­men — die Pande­mie mit ihren massi­ven Folgen aber ist noch lange nicht vorbei. Die Regie­rung sendet deswe­gen ein Signal an die Wirtschaft.

BERLIN (dpa) — Beson­ders belas­te­te Unter­neh­men und Selbst­stän­di­ge in der Corona-Krise könne auf länge­re staat­li­che Finanz­hil­fen hoffen.

Bundes­wirt­schafts­mi­nis­ter Peter Altmai­er (CDU) sprach sich dafür aus, die Überbrü­ckungs­hil­fe III bis zum Jahres­en­de zu verlän­gern — das zentra­le Krisen­in­stru­ment des Bundes ist bisher bis Mitte des Jahres befris­tet. Firmen bekom­men darüber Zuschüs­se zu betrieb­li­chen Fixkosten.

Finanz­mi­nis­ter Olaf Scholz (SPD) signa­li­sier­te Bereit­schaft dazu, die Überbrü­ckungs­hil­fe III zu verlän­gern. Die Pande­mie sei unver­än­dert eine große Heraus­for­de­rung, sage er in Berlin: «Alle wissen, dass wir die Überbrü­ckungs­hil­fen auch noch so lange gewäh­ren müssen, wie sie notwen­dig sind.»

Altmai­er sagte, es werde auch bei einem zu Ende gehen­den Lockdown einige Monate dauern, bis sich das wirtschaft­li­che Leben norma­li­siert habe. Deshalb sollte die Überbrü­ckungs­hil­fe III verlän­gert werden. Er strebe an, dazu noch vor der Sommer­pau­se Klarheit zu erzielen.

Wie viele Milli­ar­den mehr eine Verlän­ge­rung kosten würde, ist bisher unklar. Im Zuge eines Nachtrags­haus­halts für das laufen­de Jahr will Scholz zusätz­lich 25,5 Milli­ar­den Euro für erwei­ter­te Unter­neh­mens­hil­fen wegen des länger andau­ern­den Lockdowns ausge­ben. Insge­samt sind damit für 2021 bisher Unter­neh­mens­hil­fen über 65 Milli­ar­den Euro eingeplant.

Bei der Überbrü­ckungs­hil­fe III bekom­men Firmen sowie Soloselbst­stän­di­ge Zuschüs­se zu betrieb­li­chen Fixkos­ten — das sind etwa Mieten und Pachten, Zinsauf­wen­dun­gen für Kredi­te, Ausga­ben für Strom und Versi­che­run­gen. Voraus­set­zung ist ein Umsatz­ein­bruch von wenigs­tens 30 Prozent. Vergleichs­wert ist in der Regel der jewei­li­ge Monat in 2019. Der Förder­zeit­raum läuft bisher bis Juni 2021.

Nach aktuel­len Zahlen sind bei der Überbrü­ckungs­hil­fe III laut Wirtschafts­mi­nis­te­ri­um bisher Anträ­ge über ein Förder­vo­lu­men in Höhe rund 7 Milli­ar­den Euro einge­gan­gen. Rund 2,7 Milli­ar­den Euro seien ausge­zahlt worden.

Viele Verbän­den geht das zu langsam — wobei für die Auszah­lung der regulä­ren Hilfen die Länder zustän­dig sind. Bei einem «Wirtschafts­gip­fel» mit Altmai­er am Donners­tag hatten Verbän­de weite­re Nachbes­se­run­gen und Verlän­ge­run­gen der Hilfen gefor­dert. Zahlrei­che Firmen vor allem in den beson­ders belas­te­ten Branchen wie dem Gastge­wer­be oder dem Einzel­han­del hätten kaum noch finan­zi­el­le Reserven.

Der Bund hatte zwar zuletzt bereits nachge­legt. Gemein­sam mit den Ländern wurden Härte­fall­hil­fen beschlos­sen für Firmen, die im komple­xen Förder­sys­tem durchs Raster fallen. Für beson­ders belas­te­te Branchen ist zudem ein neuer Eigen­ka­pi­tal­zu­schuss geplant.

Mit den Plänen für eine Verlän­ge­rung der Überbrü­ckungs­hil­fe III senden Altmai­er und Scholz aber nun ein Signal an die Wirtschaft. Denn es ist fraglich, wie stark und wie schnell sich die Wirtschaft vom coronabe­ding­ten Einbruch 2020 erholt.

Altmai­er sprach von einem gespal­te­nen Bild. Einige Branchen seien weiter schwer vom Lockdown betrof­fen, dagegen gehe es in der Indus­trie aufwärts. Sein Ziel: 2022 soll die deutsche Wirtschaft wieder ihre Stärke vor der Corona-Krise erreichen.

Das aber ist noch ein langer Weg. Die Wirtschaft fordert mit Blick vor allem auf den zuneh­men­den Streit unter Bund und Ländern und einen drohen­den härte­ren Lockdown mehr Verläss­lich­keit der Politik und weniger Hin und Her.

Altmai­er, der am Freitag seine erste Corona-Schutz­imp­fung mit dem Präpa­rat von Astra­ze­ne­ca erhielt, sagte, die Corona-Lage sei ernster, als viele wahrha­ben wollten. Er sprach sich für härte­re Maßnah­men aus, um die dritte Welle zu brechen. Dadurch solle ein «monate­lan­ger Dauer­lock­down» verhin­dert werden — mit mögli­chen dauer­haf­ten Schäden für die gesam­te Wirtschaft.

Die Wirtschaft selbst steht in der Corona-Krise ebenfalls unter Druck. Es geht darum, Testan­ge­bo­te für Beschäf­tig­te auszu­wei­ten — außer­dem hält die Kritik daran an, dass immer noch zu wenige Menschen im Homeof­fice arbeiten.

Bei den Testan­ge­bo­ten gibt es Fortschrit­te, die Regie­rung sieht aber Nachhol­be­darf. Aller­dings ist man sich uneins darüber, ob es gesetz­li­che Aufla­gen geben soll: Altmai­er will weiter auf das Prinzip Freiwil­lig­keit setzen, Scholz dagegen will verpflich­ten­de Regeln. Auch das Haus von Arbeits­mi­nis­ter Huber­tus Heil (SPD) hatte sich unzufrie­den damit gezeigt, dass derzeit laut einer Umfra­ge im Regie­rungs-Auftrag rund 60 Prozent der Beschäf­tig­ten ein Testan­ge­bot bekom­men — Zielmar­ke sind 90 Prozent.

Von Andre­as Hoenig, dpa