HANNOVER (dpa) — In vielen deutschen Unter­neh­men stehen Betriebs­ärz­te bereit, um gegen das Corona­vi­rus zu impfen. Nahezu alle großen Konzer­ne haben ihre Bereit­schaft signa­li­siert. Noch fehlt dafür aber der Impfstoff.

Große Teile der deutschen Wirtschaft sind davon überzeugt, die Impfak­ti­on gegen das Corona­vi­rus beschleu­ni­gen zu können. Zahlrei­che Unter­neh­men signa­li­sier­ten in den vergan­ge­nen Tagen ihre Bereit­schaft, Mitar­bei­ter von Betriebs­ärz­ten sprit­zen zu lassen.

Noch reicht der Impfstoff dafür aber nicht aus. Mehr als Pilot­pro­jek­te sind bisher nicht abseh­bar — und in den Impfzen­tren der Konzer­ne ist Geduld gefragt.

Allein beim Autozu­lie­fe­rer Conti­nen­tal könnten in Deutsch­land in den werks­ärzt­li­chen Diens­ten täglich mehr als 1000 Mitar­bei­ter geimpft werden, wie der Dax-Konzern aus Hanno­ver auf Anfra­ge mitteil­te. «Unsere Betriebs­ärz­te stehen bereit», sagte Perso­nal­spre­che­rin Nicole Göttli­cher der Deutschen Presse-Agentur. «Konkre­te Infor­ma­tio­nen von den zustän­di­gen Behör­den, wann wir hier aktiv werden können, liegen derzeit noch nicht vor.»

Für einen schnel­le­ren Fortschritt werden nach den regio­na­len Impfzen­tren inzwi­schen auch Arztpra­xen mit Impfstoff belie­fert. Auf die Forde­rung, auch Impfun­gen in Betrie­ben rasch voran­zu­trei­ben, hatte Bundes­ge­sund­heits­mi­nis­ter Jens Spahn zuletzt mehrmals auf den wenigen verfüg­ba­ren Impfstoff verwie­sen. «Noch ist es zu knapp», sagte er Ende März. Die Betriebs­ärz­te sollten nach Hausärz­ten in die Impfak­ti­on einsteigen.

In dieser Woche griff Berlins Regie­ren­der Bürger­meis­ter Micha­el Müller die Forde­rung auf und schlug Beratun­gen zwischen Bund und Ländern vor. «Wir haben darüber zu sprechen, wie wir die Haus- und Betriebs­ärz­te noch besser einbin­den, um schnel­ler zu werden.» Spahn hatte mit Blick auf die Rangfol­ge gesagt, er finde es schwie­rig, jünge­re Mitar­bei­ter von Unter­neh­men zu impfen, solan­ge die Älteren noch nicht geschützt seien.

Dennoch wird in einigen Konzer­nen davon ausge­gan­gen, dass es bald soweit sein könnte. «Wir möchten sofort begin­nen zu impfen, sobald Werks- und Betriebs­ärz­te in die Impfkam­pa­gne einge­bun­den werden», sagt Markus Sieben­mor­gen vom Pharma­kon­zern Bayer in Lever­ku­sen. «Nach der neues­ten Impfver­ord­nung erwar­ten wir, dass dies in Kürze der Fall sein wird.» Das Inter­es­se der Mitar­bei­ter sei hoch, und das Unter­neh­men wolle die Impfun­gen auch gern auf Fremd­fir­men an den jewei­li­gen Stand­or­ten sowie auf Famili­en­an­ge­hö­ri­ge ausweiten.

Derar­ti­ge Angebo­te aus der Wirtschaft mehren sich. So sind beim Versi­che­rungs­kon­zern Allianz nach Unter­neh­mens­ga­ben 27 Impfstra­ßen an den 15 größten Stand­or­ten vorbe­rei­tet. «Wir sind start­klar, aber es fehlt noch an den Impfstof­fen», sagt ein Sprecher. Im Vorstand gebe es auch die Überle­gung, den Famili­en­an­ge­hö­ri­gen Impfun­gen anzubie­ten. Bei der Deutschen Telekom heißt es: «Wir gehen davon aus, dass wir inner­halb von acht Wochen rund 80 Prozent unserer etwa 100.000 Mitar­bei­ten­den in Deutsch­land impfen können.»

Der Stahl- und Indus­trie­kon­zern Thyssen­krupp bekräf­tigt ebenfalls das Inter­es­se, Mitar­bei­ter durch Betriebs­ärz­te zu impfen. Man wolle aber «nicht in einen Wettbe­werb eintre­ten, um seine Beleg­schaft schnel­ler zu impfen als andere Menschen». In den USA und Indien habe sich das Unter­neh­men aber bereits erfolg­reich an Impfkam­pa­gnen betei­ligt, sagt eine Sprecherin.

Der Stahl­her­stel­ler Salzgit­ter rechnet einem Sprecher zufol­ge damit, dass der erfor­der­li­che Impfstoff für eigene Impfun­gen vermut­lich Ende des zweiten Quartals zur Verfü­gung stehen wird. Der Konzern aus Nieder­sach­sen rechnet auch damit, dass die derzeit noch gelten­de Priori­sie­rung von bestimm­ten Gruppen entfällt, sobald genügend Vakzin vorhan­den ist. Die neue nieder­säch­si­sche Gesund­heits­mi­nis­te­rin Danie­la Behrens geht sogar davon aus, dass schon im Mai die ersten betriebs­ärzt­li­chen Diens­te mit dem Impfen in den Unter­neh­men begin­nen könnten.

Noch sind die Impfun­gen in Unter­neh­men also auf Pilot­vor­ha­ben wie bei BASF oder Volks­wa­gen beschränkt. Als Teil eines Modell­pro­jek­tes in Rhein­land-Pfalz starte­te der Chemie­kon­zern in Ludwigs­ha­fen vor wenigen Tagen mit rund 400 Impfun­gen, bei einer derzei­ti­gen maxima­len Tages­ka­pa­zi­tät von 600. Volks­wa­gen hatte bereits am 30. März ein Modell­pro­jekt in Sachsen gestar­tet und erste Mitar­bei­ter im Zwickau­er Werk mit dem Astra­ze­ne­ca-Vakzin geimpft. Nach den Quere­len um das Präpa­rat setzte der Autobau­er die Impfun­gen wieder ausge­setzt und spritzt seit ein paar Tagen das Vakzin von Biontech.

Zuletzt kündig­te die bayeri­sche Regie­rung an, Betriebs­ärz­ten bald bis zu 50.000 Impfdo­sen gegen das Corona­vi­rus zur Verfü­gung stellen zu wollen. «Sobald alle Vorbe­rei­tun­gen abgeschlos­sen sind, wollen wir möglichst noch im April mit den ersten Modell­pro­jek­ten begin­nen», sagte Gesund­heits­mi­nis­ter Klaus Holet­schek am Donners­tag. Ausge­wählt würden zunächst kleine und mittel­stän­di­sche Unter­neh­men sowie kleine­re Stand­or­te von Großun­ter­neh­men in den Hochinzidenzregionen. 

Von Chris­ti­an Brahmann, dpa