Die Präsi­den­ten­wahl in den USA hat noch keinen Sieger hervor­ge­bracht. Alles blickt auf den Mittle­ren Westen, wo sich das äußerst enge Rennen entschei­den dürfte. US-Präsi­dent Trump unter­nimmt recht­li­che Schrit­te, um sich das Amt für weite­re vier Jahre zu sichern.

Biden setzte sich nach Angaben der Nachrich­ten­agen­tur AP im umkämpf­ten Wiscon­sin gegen Amtsin­ha­ber Donald Trump durch, während der laufen­den Stimmen­aus­zäh­lung lag er zudem in Nevada zunächst vorn. Außer­dem hat Joe Biden den wichti­gen Bundes­staat Michi­gan mit 16 Wahlleu­ten nach Progno­sen von Fernseh­sen­dern für sich entschie­den. Das ging aus überein­stim­men­den Vorher­sa­gen der Sender CNN und NBC auf Grund­la­ge von Wähler­be­fra­gun­gen und Stimm­aus­zäh­lun­gen hervor. Die Nachrich­ten­agen­tur AP melde­te zunächst noch keinen Gewinner.

Der Republi­ka­ner Trump erneu­er­te nicht beleg­te Behaup­tun­gen, wonach es massi­ven Betrug bei der Wahl gegeben habe. Die Verant­wort­li­chen in den Bundes­staa­ten mahnten Vorsicht und Geduld an, um den Willen der Wähler zu respektieren.

In der Wahlnacht hatte sich Trump im Weißen Haus während der laufen­den Auszäh­lung zum Sieger erklärt und angekün­digt, seinen Anspruch vor das Obers­te Gericht der Verei­nig­ten Staaten zu bringen. «Wir waren dabei, diese Wahl zu gewin­nen», sagte der Präsi­dent am frühen Mittwoch­mor­gen und fügte hinzu: «Offen gesagt haben wir diese Wahl gewon­nen.» Bidens Wahlkampf­team warf Trump vor, die Auszäh­lung recht­mä­ßig abgege­be­ner Stimmen stoppen zu wollen. Das sei «empörend, beispiel­los und falsch».

Im Laufe des Tages setzte Trump mehre­re Tweets ab, in denen er über die Stimm­aus­zäh­lung schimpf­te und schwe­re Vorwür­fe äußer­te. Sein am Diens­tag­abend noch bestehen­der Vorsprung sei in einem Bundes­staat nach dem anderen «auf magische Weise verschwun­den», schrieb er etwa. Im umkämpf­ten Bundes­staat Pennsyl­va­nia werde «hart daran gearbei­tet», schnell eine halbe Milli­on Stimmen «verschwin­den zu lassen», schrieb er an anderer Stelle. Twitter versah mehre­re Nachrich­ten mit Warnhin­wei­sen wegen «mögli­cher­wei­se irrefüh­ren­der» Aussa­gen. Biden bekräf­tig­te: «Wir ruhen nicht, ehe nicht jede Stimme gezählt ist.»

Trump hatte schon im Wahlkampf Stimmung gegen die Brief­wahl gemacht und Zweifel an der Recht­mä­ßig­keit geschürt — obwohl die Abstim­mung per Post eine etablier­te Form der Stimm­ab­ga­be ist. Er warnte ohne stich­hal­ti­ge Bewei­se vor massi­ven Fälschun­gen. Hinwei­se auf nennens­wer­ten Wahlbe­trug gab es nicht.

Gespannt wurde die Auszäh­lung in mehre­ren Staaten im Mittle­ren Westen und im Süden verfolgt. Während sich in Nevada und Michi­gan ein leich­ter Vorsprung für Biden abzeich­ne­te, sah es für Trump in North Caroli­na gut aus. In Georgia dürfte es extrem knapp werden.

Trumps Wahlkam­pa­gne kündig­te an, in Wiscon­sin mit Blick auf «Unregel­mä­ßig­kei­ten» eine Neuaus­zäh­lung der Stimmen beantra­gen zu wollen. In Michi­gan hat sie nach eigenen Angaben Klage bei einem Gericht einge­reicht und einen sofor­ti­gen Stopp der weite­ren Auszäh­lung verlangt, bis den Republi­ka­nern Zugang zu den Wahllo­ka­len gewähr­leis­tet werde.

Im hart umkämpf­ten Indus­trie­staat Pennsyl­va­nia lag Trump vorn, doch war am Mittwoch erst die Hälfte von 2,5 bis 3 Millio­nen Brief­wahl­stim­men ausge­zählt. Analys­ten gingen davon aus, dass die noch offenen, vor allem über Brief abgege­be­nen Stimmen mehrheit­lich auf das Konto von Biden gehen.

Der Gouver­neur im US-Staat Pennsyl­va­nia, Tom Wolf, sprach von einem «Stress­test für die Demokra­tie». Er werde alles tun, um sicher­zu­stel­len, dass jede Stimme in seinem Bundes­staat gezählt werde, sagte der Politi­ker der Demokra­ti­schen Partei in Harris­burg. An die Bürge­rin­nen und Bürger gerich­tet sagte Wolf: «Eure Stimme macht bei dieser Wahl einen Unter­schied aus.» Er werde sich gegen jeden Versuch stellen, die Wahl in Pennsyl­va­nia anzugreifen.

Die demokra­ti­sche Staats­se­kre­tä­rin im Bundes­staat Michi­gan, Jocelyn Benson, sagte dem Sender CNN, es seien nun «Vorsicht» und «Geduld» geboten, um «den Willen der Wähler zu respek­tie­ren». Sie rechne im Laufe des Tages mit mehr Klarheit.

Der Mehrheits­füh­rer der Republi­ka­ner im Senat, Mitch McCon­nell, sagte, das Land werde bald sehen, wie die Entschei­dung der Wähler ausge­fal­len sei. «Wir wissen noch nicht, wer das Rennen um die Präsi­dent­schaft gewon­nen hat», sagte der Trump-Vertrau­te vor Journa­lis­ten. Er fügte hinzu, dass er Trumps Ankün­di­gung, den Kampf um die Wahl vor Gericht fortzu­set­zen, für unpro­ble­ma­tisch halte.

Der 74 Jahre alte Trump schnitt insge­samt deutlich besser bei der Wahl ab als nach Umfra­gen erwar­tet. Der drei Jahre ältere Biden verfehl­te den von den Demokra­ten erhoff­ten klaren Wahlsieg und musste sich unter anderem in Flori­da und Texas dem republi­ka­ni­schen Präsi­den­ten geschla­gen geben. Vor der Wahl hatte das Statis­tik­por­tal «FiveThir­ty­Eight» nur eine Wahrschein­lich­keit von rund zehn Prozent für einen Sieg Trumps errechnet.

Der US-Präsi­dent wird nicht direkt von den Bürgern gewählt, sondern von Wahlleu­ten. Deren Stimmen gehen mit Ausnah­me der beiden Staaten Nebras­ka und Maine vollstän­dig an den Sieger in dem jewei­li­gen Bundes­staat. Für den Einzug ins Weiße Haus sind 270 Stimmen nötig. 2016 hatte Trump zwar landes­weit weniger Wähler­stim­men als Hilla­ry Clinton geholt, aber mehr Wahlleu­te für sich gewonnen.

Bei den gleich­zei­ti­gen Kongress­wah­len konnten die Demokra­ten Progno­sen zufol­ge zwar ihre Mehrheit im Reprä­sen­tan­ten­haus vertei­di­gen, erlit­ten aber einen weite­ren schwe­ren Dämpfer im Kampf um den Senat. Die republi­ka­ni­sche Senato­rin Susan Collins vertei­dig­te ihren Sitz in Maine — obwohl alle Umfra­gen sie zuvor im Nachteil gesehen hatten. Damit stiegen die Chancen der Republi­ka­ner, die Kontrol­le über die Kammer zu behal­ten. Zuvor hatte mehre­re Senato­ren der Partei ebenfalls ihre Sitze vertei­di­gen können. Die Demokra­ten konnten zunächst einen Sitz aufho­len. Der Senat bestä­tigt unter anderem die Kandi­da­ten für Regie­rungs­äm­ter oder das Obers­te Gericht, was ihn beson­ders wichtig für einen Präsi­den­ten macht.

Die demokra­ti­sche Spreche­rin des Reprä­sen­tan­ten­hau­ses, Nancy Pelosi, vertei­dig­te in Kalifor­ni­en mit Leich­tig­keit ihren Sitz. Die 80-Jähri­ge hatte bereits deutlich gemacht, dass sie sich wieder um den Führungs­pos­ten bewer­ben wolle. Bei den Republi­ka­nern wurde die Politi­ke­rin Marjo­rie Taylor Greene in die Kammer gewählt, die als Unter­stüt­ze­rin der Verschwö­rungs­be­we­gung QAnon gilt. Die zentra­le Behaup­tung der QAnon-Anhän­ger ist, dass es bis in tiefe Schich­ten des Regie­rungs­ap­pa­rats eine Verschwö­rung gegen Trump geben soll.