STUTTGART (dpa/lsw) — In Ostdeutsch­land sind wieder Tausen­de unter­wegs, um gegen die Politik der Bundes­re­gie­rung mobil zu machen. Anlass dieses Mal: die Folgen des Kriegs Russlands in der Ukrai­ne. Der Verfas­sungs­schutz hat auch die Szene im Südwes­ten im Blick — und aktuel­le Erkenntnisse.

Extre­mis­ten aus der rechts­extre­men Szene wollen nach Erkennt­nis­sen des baden-württem­ber­gi­schen Verfas­sungs­schut­zes Protes­te wegen der Folgen des russi­schen Angriffs­krie­ges auf die Ukrai­ne instru­men­ta­li­sie­ren oder sogar initi­ie­ren. Die Zahl politi­scher Versamm­lun­gen könnte in den kommen­den Wochen angesichts steigen­der Energie­prei­se, aber auch weite­rer mittel­ba­rer Auswir­kun­gen des Krieges zuneh­men, teilte das Landes­amt für Verfas­sungs­schutz in Stutt­gart mit. Auch Extre­mis­ten könnten daran betei­ligt sein. «Dazu kann auch eine mögli­che wieder­keh­ren­de Verschär­fung der pande­mi­schen Lage beitra­gen.» In Ostdeutsch­land hatten am Montag erneut Tausen­de gegen die Energie- und Ukrai­ne-Politik der Bundes­re­gie­rung demonstriert.

Die Fachleu­te sprechen von den Phäno­men­be­rei­chen «Rechts­extre­mis­mus» und «Verfas­sungs­schutz­re­le­van­te Delegi­ti­mie­rung des Staates». Mit letzte­rem sind zum Beispiel die sogenann­ten «Querden­ker» gemeint, die etwa gegen die Corona-Politik protes­tier­ten. Extre­mis­ten aus diesem Spektrum versu­chen den Angaben zufol­ge immer wieder, Sorgen und Ängste in der Gesell­schaft aufzu­grei­fen und so den gesell­schaft­li­chen Diskurs zu beein­flus­sen, extre­mis­ti­sche Botschaf­ten zu verbrei­ten und letzt­lich neue Anhän­ger zu gewin­nen. Vor dieser Einfluss­nah­me warnt der Verfas­sungs­schutz Baden-Württem­berg regelmäßig.

Die «Querdenken»-Bewegung hat derzeit keine steuern­de Rolle beim Protest­ge­sche­hen, wie die Behör­de weiter mitteil­te. «Dies könnte sich jedoch wieder ändern, sollten die «Querdenken»-Initiativen in der Lage sein, über das Thema Corona hinaus auch andere Themen promi­nent zu beset­zen.» In Bezug auf den Krieg in der Ukrai­ne ist dies nach Einschät­zung des hiesi­gen Verfas­sungs­schut­zes nicht gelungen.

Aller­dings sprechen die jüngs­ten Solida­ri­täts­de­mons­tra­tio­nen für den in Unter­su­chungs­haft sitzen­den «Querdenken»-Gründer Micha­el Ballweg vor dem Gefäng­nis in Stutt­gart-Stamm­heim aus Sicht der Exper­ten für eine weiter­hin vorhan­de­ne Mobili­sie­rungs­fä­hig­keit. Wie bei den sogenann­ten Spazier­gän­gen im Winter 2021/22 zu beobach­ten war, sei außer­dem auch eine dezen­tra­le Organi­sa­ti­on etwaiger Protes­te denkbar.

Wie es um den Rechts­extre­mis­mus in Baden-Württem­berg bestellt ist, will das General­lan­des­ar­chiv Karls­ru­he an diesem Freitag bei einer Tagung erörtern. Bei dem Archiv ist die Dokumen­ta­ti­ons­stel­le Rechts­extre­mis­mus des Landes Baden-Württem­berg angesiedelt.