Was in Stutt­gart mit kleinen Demos gegen Corona-Aufla­gen begann, ist ein Fall für den Verfas­sungs­schutz gewor­den. Denn sogenann­te Reichs­bür­ger und Rechts­extre­mis­ten sollen bei der «Querdenken»-Gruppe das Sagen haben. Der Verfas­sungs­schutz sieht sich nun bestätigt.

Seit mehr als einem Monat wird die «Querdenken»-Bewegung vom baden-württem­ber­gi­schen Verfas­sungs­schutz beobach­tet. Zurecht, sagt die Landes­prä­si­den­tin des Inlands­nach­rich­ten­dienst, Beate Bube. Sie sieht sich nach den ersten Wochen in der Einschät­zung einer Gefahr vor allem durch die Verant­wort­li­chen der Bewegung bestä­tigt. Wegen der Nähe der Organi­sa­to­ren zu Reichs­bür­gern und Extre­mis­ten sei es richtig, eine mittle­re zweistel­li­ge Zahl der radika­li­sier­ten «Querdenken»-Anführer im Land mit nachrich­ten­dienst­li­chen Mitteln zu beobach­ten, sagte Bube der Zeitung «Badische Neues­te Nachrich­ten» (Donners­tag).

Die Bewegung habe sich zwar aus Anlass der Corona-Protes­te gebil­det, im weite­ren Verlauf aber radika­li­siert. Es gebe eine staats­feind­li­che Haltung auf Demons­tra­tio­nen und in den Online-Aktivi­tä­ten. «Solche Haltun­gen werden von den Organi­sa­to­ren gezielt geschürt», sagte Bube. «Aus unserer Sicht liegen also ausrei­chend Anhalts­punk­te vor, dass hier Feinde der Demokra­tie am Werk sind.»

Den Verant­wort­li­chen gehe es nicht um sachli­chen Protest, sondern darum, staat­li­che Entschei­dun­gen durch falsche Behaup­tun­gen und Verschwö­rungs­my­then zu diskre­di­tie­ren. «Bei dem Teil der «Querden­ker», der die Existenz des Grund­ge­set­zes und der Grund­rech­te negiert, sehen wir klare Bezüge zum Extre­mis­mus», sagte Bube.

Das Landes­amt für Verfas­sungs­schutz (LfV) in Baden-Württem­berg beobach­tet als erstes in Deutsch­land die in Stutt­gart entstan­de­ne «Querdenken»-Bewegung. Die Gruppe «Querden­ken 711» ist so etwas wie die Keimzel­le der mittler­wei­le bundes­weit aktiven Protest­be­we­gung gegen die Corona-Maßnah­men. Ende Dezem­ber hatte ihr Gründer Micha­el Ballweg die Anhän­ger der Bewegung zu einer Pause der Großde­mos aufge­ru­fen. Die Vorwür­fe des Verfas­sungs­schut­zes hat er wieder­holt zurück­ge­wie­sen. Es seien nur «allge­mei­ne, völlig substanz­lo­se Gerüch­te und Anschul­di­gun­gen» vorge­bracht worden.

Mit einem «Ausstei­ger­pro­gramm für Verschwö­rungs­an­hän­ger» könnten nach Ansicht Bubes Brücken gebaut werden für Menschen, die sich von solchen Mythen trennen wollten. «Teils gibt es sogar in Famili­en und im persön­li­chen Umfeld eine tiefe Verstri­ckung in Verschwö­rungs­my­then, was zu schwe­ren Zerwürf­nis­sen und in der weite­ren Konse­quenz zu einer Spaltung der Gesell­schaft führen kann», warnte sie im «BNN»-Interview.

Nach einer Sitzung des Innen­aus­schus­ses am Mittwoch sagte dessen Vorsit­zen­der Karl Klein (CDU), einzel­ne Akteu­re der «Querden­ker» könnten auch schon zu Anfangs­zei­ten der Bewegung andere Ziele als die Aufhe­bung der Corona-Maßnah­men im Blick gehabt haben. Aller­dings könne die Ursache für die Radika­li­sie­rung der Gruppe auch nicht abschlie­ßend beurteilt werden.