STUTTGART (dpa) — Bislang müssen Corona-Infizier­te für fünf Tage in Isola­ti­on. Mehre­re Bundes­län­der hatten sich bereits dafür stark gemacht, das zu ändern — nun preschen sie vor und schaf­fen Fakten. Kritik kommt von Lauerbach.

Vier Bundes­län­der haben sich darauf verstän­digt, die Isola­ti­ons­pflicht für Corona-Infizier­te abzuschaf­fen. Es handelt sich um Baden-Württem­berg, Bayern, Hessen und Schles­wig-Holstein, wie das baden-württem­ber­gi­sche Gesund­heits­mi­nis­te­ri­um am Freitag in Stutt­gart mitteil­te. In diesen Ländern sollten «zeitnah» neue Regelun­gen in Kraft treten, die Details würden derzeit ausgearbeitet.

Die generel­le Isola­ti­ons­pflicht für positiv getes­te­te Perso­nen soll demnach aufge­ho­ben werden. «An deren Stelle werden die Länder angepasst verpflich­ten­de Schutz­maß­nah­men wie eine begrenz­te Masken­pflicht positiv getes­te­ter Perso­nen sowie dringen­de Empfeh­lun­gen einfüh­ren», heißt es in der Mittei­lung aus Stutt­gart. Als Termin für die Abschaf­fung der Isola­ti­ons­pflicht in Bayern nannte Gesund­heits­mi­nis­ter Klaus Holet­schek (CSU) den 16. November.

Lauter­bach: «Es gibt auch keinen medizi­ni­schen Grund

Bundes­ge­sund­heits­mi­nis­ter Karl Lauter­bach hat die Pläne der Länder kriti­siert. «Das kommt jetzt zur Unzeit und findet nicht die Billi­gung der Bundes­re­gie­rung», sagte der SPD-Politi­ker. Er sprach von einem Fehler und warnte vor einem «Flicken­tep­pich» mit verschie­de­nen Isola­ti­ons­re­geln in den Bundesländern.

«Es gibt auch keinen medizi­ni­schen Grund, jetzt auf die Isola­ti­ons­pflicht zu verzich­ten», sagte Lauter­bach. Es gebe etwa 1000 Todes­fäl­le durch Covid pro Woche, man stehe vor einer «wahrschein­lich schwe­ren Winter­wel­le» und sei «am Vorabend einer anste­cken­de­ren Varian­te». Es sei deshalb nicht wirklich verant­wort­bar, die Isola­ti­ons­pflicht wegzu­neh­men. Er fügte hinzu, der Arbeits­platz müsse sicher bleiben und es müsse verhin­dert werden, dass Menschen infiziert zur Arbeit gedrängt würden.

«Menschen mehr Eigen­ver­ant­wor­tung übertragen»

«Wir läuten eine neue Phase im Umgang mit der Pande­mie ein», erklär­te Baden-Württem­bergs Gesund­heits­mi­nis­ter Manne Lucha (Grüne). «Es ist Zeit, den Menschen wieder mehr Eigen­ver­ant­wor­tung zu übertragen.»

Die Bundes­län­der berufen sich den Stutt­gar­ter Angaben zufol­ge «unter anderem auf Erfah­run­gen aus Nachbar­län­dern wie Öster­reich, wo es seit Sommer 2022 abson­de­rungs­er­set­zen­de Schutz­maß­nah­men gibt». Aus diesen Ländern seien keine negati­ven Erkennt­nis­se bekannt. «Zurück­ge­hen­de Infek­ti­ons­zah­len, eine wirksa­me Schutz­imp­fung, eine Basis­im­mu­ni­tät inner­halb der Bevöl­ke­rung von mehr als 90 Prozent, in der Regel keine schwe­ren Krank­heits­ver­läu­fe sowie wirksa­me antivi­ra­le Medika­men­te recht­fer­ti­gen aus Sicht der Länder, diesen Schritt zeitnah zu gehen.»

Kein Zugang zu medizi­ni­schen und pflege­ri­schen Einrichtungen

Der Mittei­lung zufol­ge verstän­dig­ten sich die Länder auf gemein­sa­me Empfeh­lun­gen als Grund­la­ge für ihre neuen Regelun­gen. Diese sehen etwa vor, dass positiv Getes­te­te außer­halb ihrer eigenen Wohnung eine Maske tragen müssen — außer im Freien, wenn ein Mindest­ab­stand von 1,5 Metern einge­hal­ten werden kann. Vorge­se­hen ist demnach auch, dass positiv Getes­te­te medizi­ni­sche und pflege­ri­sche Einrich­tun­gen nicht als Besucher betre­ten dürfen.

Die vier Bundes­län­der, die nun gemein­sam die Aufhe­bung der Isola­ti­ons­pflicht angekün­digt haben, hatten Bundes­ge­sund­heits­mi­nis­ter Karl Lauter­bach (SPD) Ende Septem­ber in einem gemein­sa­men Schrei­ben aufge­for­dert, dafür zu sorgen, dass das Robert Koch-Insti­tut (RKI) seine Isola­ti­ons­emp­feh­lun­gen für Corona-Infizier­te ändert. Lauter­bach hatte dies damals umgehend zurück­ge­wie­sen. Bundes­jus­tiz­mi­nis­ter Marco Busch­mann hatte aber bereits darauf hinge­wie­sen, dass die Länder sich über die RKI-Empfeh­lung hinweg­set­zen können.

Das RKI empfiehlt den Ländern, für Infizier­te fünf Tage Isola­ti­on anzuord­nen. Angera­ten wird eine dringen­de Empfeh­lung, die Selbst­iso­la­ti­on danach erst dann zu beenden, wenn ein (Selbst-)Test negativ ausfällt. Beschäf­tig­te des Gesund­heits- und Pflege­we­sens sollen zudem 48 Stunden vor der Testab­nah­me symptom­frei gewesen sein.