BONN (dpa) — Im T‑Shirt draußen Fußball schau­en? Das wird für Fans in Deutsch­land während der Herbst-WM in Katar kaum möglich sein. Der Virolo­ge Hendrik Streeck rechnet mit Effek­ten für das Infektionsgeschehen.

Der Bonner Virolo­ge Hendrik Streeck rechnet mit einem Anstieg von Infek­ti­ons­er­kran­kun­gen, wenn im Winter viele Menschen gemein­sam die Spiele der Fußball-Weltmeis­ter­schaft in Katar verfol­gen. Zugleich plädiert der Medizi­ner dafür, Ruhe zu bewah­ren, sollte es zu anschwel­len­den Krank­heits­wel­len kommen. Man werde damit umgehen können, sagte er der Deutschen Presse-Agentur.

Grund für die zu erwar­ten­de Zunah­me an Infek­tio­nen sei, dass die Weltmeis­ter­schaft — anders als sonst — in der kalten Jahres­zeit statt­fin­de, erläu­ter­te Streeck. «Wir können nicht mehr — wie in den vergan­ge­nen Jahren — draußen im Freien die Spiele schau­en, zum Beispiel beim Public Viewing, sondern werden in Innen­räu­men sein», sagte er. Dabei sitze man eng zusam­men, die Belüf­tung sei oft schlecht. Zudem falle die Verla­ge­rung genau in eine Zeit, in der sowie­so vermehrt Infek­tio­nen zu beobach­ten seien — nicht nur mit Corona. Daher rechne er während der WM mit mehr Erkrankungen.

Streeck appel­liert an Eigenverantwortung

Aller­dings rate er auch zu Pragma­tis­mus, sollte es so kommen, sagte Streeck. «Ich glaube, dass wir damit umgehen können werden.» Es gehe dann um «Eigen­ver­ant­wor­tung» und darum, das Bewusst­sein zu schärfen.

«Wenn man Husten und Schnup­fen bekommt, sollte man nicht seine Oma im Alten­heim besuchen», nannte Streeck als Beispiel. Wenn man vorsich­tig sein wolle, könne man sich auch eine Gruppe suchen, mit der man immer gemein­sam Fußball schaue. «Sozusa­gen eine «Guck-Familie»», sagte Streeck. «Das kann eindäm­men, dass sich Infek­tio­nen über einen gewis­sen Kreis hinaus verbreiten.»

Streeck verwies auf die Kieler Woche und das Oktober­fest — zwei Großver­an­stal­tun­gen der vergan­ge­nen Monate. «Bei beiden hat man danach einen Anstieg des Infek­ti­ons­ge­sche­hens gesehen», sagte er. «Aber auch damit konnte man umgehen.»

Kritik an Menschenrechtsverletzungen

Die Fußball-WM 2022 in Katar wird am 20. Novem­ber eröff­net. Das Finale ist kurz vor Weihnach­ten geplant — am 18. Dezem­ber. Das Turnier ist aus unter­schied­li­chen Gründen umstrit­ten. Katar steht wegen Menschen­rechts­ver­let­zun­gen und dem Umgang mit auslän­di­schen Arbei­tern stark in der Kritik.

Virolo­ge Streeck sagte, dass sich seine eigene Fußball-Begeis­te­rung zwar «in Grenzen» halte — Spiele mit deutscher Betei­li­gung habe er aber in der Vergan­gen­heit geschaut. «Für mich gehören sie vom Lebens­ge­fühl her aller­dings in den Sommer. Finale und Weihnachts­markt — das passt irgend­wie für mich nicht zusam­men», sagte er.

Eine Fußball-WM im Winter sei aber auch nur ein Aspekt, der Fragen aufwer­fe. «Es in einem Land durch­zu­füh­ren, wo man Menschen­rech­te mit Füßen tritt — das kann ich nicht verste­hen», ergänz­te er.