BAD WALDSEE — Am kommen­den Sonntag ist der bundes­wei­te Volks­trau­er­tag. Aufgrund der derzei­ti­gen Pande­mie sind gemein­sa­me Gedenk­fei­ern auf den Fried­hö­fen nicht möglich. Der Stadt und den Ortschaf­ten ist es dennoch ein großes Anlie­gen, der Opfer von Krieg und Gewalt­herr­schaft zu geden­ken und zu Ehren der Gefal­le­nen an den Ehren­mah­len Kränze nieder­zu­le­gen – dies erfolgt in diesem Jahr ganz im Stillen.

Bürger­meis­ter Matthi­as Henne ruft die Mitbür­ge­rin­nen und Mitbür­ger ebenfalls dazu auf, der Opfer von Krieg und Gewalt­herr­schaft in Vergan­gen­heit und Gegen­wart zu geden­ken. „Auch mit zuneh­men­dem Abstand vom Zweiten Weltkrieg sollten wir den Gedenk­tag als einen Tag der Trauer verste­hen – aber auch als einen Tag, der zu Versöh­nung, Verstän­di­gung und Frieden mahnt“, so Bürger­meis­ter Henne.

Das Ende des Zweiten Weltkriegs sei jetzt 75 Jahre her. Passend zum Kriegs­en­de habe er erst kürzlich die Geschich­te eines jungen Mädchens gelesen, sie hieß Edeltraud und wuchs in Frank­furt auf. Damals, 1945, war Edeltraud gerade 15 Jahre alt. An einem sonni­gen Tag im Frühsom­mer, nachdem der Krieg zu Ende war, traute sich erstmals wieder nach draußen. Sie stand an einem Zaun, betrach­te­te die blühen­den Blumen und pflück­te sie – ganz ohne Angst vor den Tiefflie­gern, die jeder­zeit auftau­chen und feuern könnten. Beim Blick in den blauen Himmel war der 15-Jähri­gen klar: Ja, der Krieg ist aus! Mit einem Strauß Marge­ri­ten sei sie nach Hause gegan­gen und bis heute erinnern Wiesen­blu­men sie jedes Mal an den Augen­blick, der ihr vorkam wie das Aufwa­chen aus einem Alptraum. Jahre­lang hatten Alarm­si­re­nen und Luftschutz­kel­ler zum Alltag gehört – Panik und Todes­ängs­te. Das war jetzt vorbei, der Krieg war aus! Doch um die Blumen­wie­se herum lag ganz Deutsch­land, ganz Europa, in Trümmern. Alliier­te Solda­ten bargen Überle­ben­de aus den Konzen­tra­ti­ons­la­gern. Millio­nen Famili­en wussten nicht, ob ihre Väter, Söhne und Brüder zurück­keh­ren würden. Bretter­zäu­ne hingen voll mit Suchmel­dun­gen des Roten Kreuzes. In den Straßen sah man Kriegs­ver­sehr­te und Flücht­lin­ge, Kinder hatten Schul­un­ter­richt in Behelfs­ba­ra­cken. Aber die Bomber dröhn­ten nicht mehr durch die Nacht, und in Europa endete die Menschen­jagd der Natio­nal­so­zia­lis­ten, endete ihre geziel­te Sabota­ge jegli­cher Mensch­lich­keit, so der Bürgermeister.

„Kriegs­en­de“ sei ein tröst­li­ches Wort, sagt Bürger­meis­ter Matthi­as „Doch nicht überall auf der Erde trifft dies zu. Immer noch gibt es in vielen Teilen dieser Erde Krieg und Todes­angst. Es gibt immer noch Tiefflie­ger, Bomben­an­grif­fe und Unter­drü­ckung. Kein Mensch auf dieser Erde sollte dies erleben müssen. Deshalb schlie­ße ich mich dem Zitat von Viole­ta Avram an: Nur durch die Erzie­hung der nachfol­gen­den Genera­tio­nen im Geiste von Frieden, Mitge­fühl, Mut und kriti­schem Denken können wir verhin­dern, dass die Grausam­kei­ten des Krieges sich wiederholen.“