NÜRNBERG (dpa) — Volle Auftrags­bü­cher, eine abflau­en­de Corona-Pande­mie: Die Zeichen für eine Belebung der Konjunk­tur stehen gut. Mit saison­be­ding­tem Rücken­wind dürfte auch die Arbeits­lo­sig­keit deutlich sinken.

Die deutsche Wirtschaft ist deutlich auf Erholungs­kurs. Die Export­in­dus­trie brummt dank der Nachfra­ge in China und den USA, und mit der weite­ren Locke­rung von Corona-Beschrän­kun­gen erwar­ten führen­de Volks­wir­te auch beim priva­ten Konsum einen kräfti­gen Schub für Dienst­leis­ter und Einzelhändler.

Damit dürfte auch «die Beschäf­ti­gung spätes­tens im Sommer wieder kräftig steigen, die Arbeits­lo­sig­keit spürbar sinken und die Zahl der Kurzar­bei­ten­den stark fallen», sagte die Volks­wir­tin der KfW-Bank, Fritzi Köhler-Geib, der Deutschen Presse-Agentur.

Nachge­hol­ter Konsum könnte «Turbo­zün­der» werden

Die erstar­ken­de Weltkon­junk­tur komme der Indus­trie bereits zugute. Die Wachs­tums­pa­ke­te der EU und der USA sorgten für weite­ren Schub. «Öffnen Hotels, Gaststät­ten, statio­nä­re Einzel­händ­ler und Kultur- und Sport­stät­ten wieder deutsch­land­weit ihre Pforten, wird der Konsum ebenfalls ansprin­gen», sagte Köhler-Geib. «Auf fast alle sozia­len Konsum­mög­lich­kei­ten haben die Menschen im Corona-Jahr 2020 ganz oder weitge­hend verzich­tet. Wird ein guter Teil davon nachge­holt, kann das zu einem Turbo­zün­der für die Konjunk­tur werden.»

Auch die Europa-Volks­wir­tin der Allianz-Versi­che­rung, Katha­ri­na Utermöhl, ist optimis­tisch: «Nach einem aus wirtschaft­li­cher Sicht ziemli­chen Fehlstart ins Jahr 2021 stehen die Chancen für ein konjunk­tu­rel­les Happy End mittler­wei­le sehr gut.» Der Dienst­leis­tungs­sek­tor habe im Mai zur Aufhol­jagd angesetzt. «Wir rechnen mit einem beispiel­lo­sen Konsum-Boom, angefeu­ert durch die aufge­stau­te Nachfra­ge in einem Kontext stark abneh­men­der wirtschaft­li­cher Unsicher­heit.» In Branchen, die lange im corona-beding­ten Winter­schlaf steck­ten, könnten Arbeits­kräf­te fehlen. Angesichts schlech­ter Perspek­ti­ven hätten sich manche neu orien­tiert, außer­dem seien Zuwan­de­rung und Ausbil­dung gebremst worden. Ausbil­dungs­of­fen­si­ven und höhere Löhne könnten das Problem mildern.

Exper­ten rechnen mit Rückgang der Arbeitslosigkeit

Für Mai rechnet die Allianz-Volks­wir­tin mit einem saison­be­rei­nig­ten Rückgang der Arbeits­lo­sig­keit um 5000, mit saiso­na­lem Rücken­wind sogar um 69.000 auf 2,70 Millio­nen. «Bis Jahres­en­de 2021 sollte annähernd jeder Zweite, der im Zuge der Corona-Krise seinen Job verlo­ren hat, wieder eine neue Beschäf­ti­gung finden», sagte Utermöhl.

Die Bundes­agen­tur für Arbeit veröf­fent­licht ihren Arbeits­markt­be­richt für Mai am Diens­tag. Deutsche-Bank-Volks­wirt Marc Schat­ten­berg rechnet saison­be­rei­nigt mit 10.000 weniger Arbeits­lo­sen. Alle Vorzei­chen «deuten für die kommen­den Monate auf eine weite­re kräfti­ge Erholung des deutschen Arbeits­mark­tes hin». Der florie­ren­de Welthan­del kurble die deutsche Indus­trie an, und «die Kurzar­beit gewähr­leis­tet nun, dass im Aufschwung die Arbeits­kräf­te schnell wieder verfüg­bar sind und nicht erst zeit- und kosten­in­ten­siv neu angewor­ben werden müssen». Die Corona-Lockdowns hätten 160 Milli­ar­den Euro Kaufkraft aufge­staut. «Das nun zu erwar­ten­de langsa­me Abschmel­zen des Konsum­staus dürfte in den kommen­den Quarta­len für zusätz­li­chen konjunk­tu­rel­len Schwung sorgen»

«Wirtschafts­wei­se» Grimm äußert sich zurückhaltender

Vorsich­ti­ger äußer­te sich die «Wirtschafts­wei­se» Veroni­ka Grimm. Der Dienst­leis­tungs­be­reich dürfte sich im Juni beleben, der priva­te Konsum sich kräftig erholen. Aber: «Ich rechne eher damit, dass die in der Corona­kri­se angehäuf­te Erspar­nis nur unvoll­stän­dig und gradu­ell abgebaut wird. Ein erheb­li­cher Teil der Erspar­nis­se liegt bei älteren und reiche­ren Haushal­ten mit eher gerin­ge­rer Konsum­nei­gung», sagte die Profes­so­rin der Univer­si­tät Erlan­gen-Nürnberg. Angesichts der Größen­ord­nung wäre ein stärke­res «Entspa­ren» auch ein relevan­tes Aufwärts­ri­si­ko für die Inflationsprognose.

Auch bei der Indus­trie- und Baukon­junk­tur legte Grimm den Finger in die Wunde. Die Nachfra­ge spreche eigent­lich für eine positi­ve Entwick­lung. Die gute Auftrags­la­ge sollten der Indus­trie in den nächs­ten Monaten Schub geben. Aber es fehlten Mikro­chips, Holz und andere Grund­stof­fe. «Vieles wird davon abhän­gen, wie schnell sich die Liefer­eng­päs­se auflö­sen. Anhal­ten­de Engpäs­se könnten den Aufschwung in der Indus­trie sowie im Bau und Handwerk hinaus­zö­gern», sagte Grimm. Unklar sei auch, ob die Rohstoff­prei­se weiter anstei­gen und wie stark die Firmen die Preise dann weitergeben.