STUTTGART — Bei der Wahl eines neuen Bischofs der Evangelischen Landeskirche Württemberg am Donnerstag bekam keiner der drei Kandidierenden genügend Stimmen.
Am Freitagmittag war nicht klar, wie es nach der gescheiterten Wahl eines Landesbischofs für die Evangelische Kirche in Württemberg weitergeht. Der Nominierungsausschuss muss laut dem Sprecher der Landeskirche Dan Peter einen neuen Wahlvorschlag erarbeiten, wie der SWR berichtet.
Unterdessen reagierte der theologisch konservative Gesprächskreis “Lebendige Gemeinde” laut SWR enttäuscht auf den Wahltag am Donnerstag. Der Gesprächskreis unterstützt den Kandidaten Gottfried Heinzmann, Chef des Diakoniewerks der “Zieglerschen” in Wilhelmsdorf. Der 56-Jährige hatte am Donnerstagabend nicht die notwendige Zwei-Drittel-Mehrheit der Stimmen bekommen, obwohl er zu dem Zeitpunkt der einzige Kandidat war.
Die Unterstützer Heinzmanns werfen laut SWR den anderen Vertretern in der Landessynode, den Gesprächskreisen “Offene Kirche” und “Evangelium und Kirche”, eine Blockadehaltung vor. Heinzmann sei nominiert worden, weil er als geeignet für das Bischofsamt angesehen wurde. Ihn als einzigen Kandidaten nicht zu wählen, stelle das Wahlverfahren in Frage.
Die Tübinger Theologin Viola Schrenk war zu dem Zeitpunkt schon ausgeschieden, und der Ulmer Dekan Ernst-Wilhelm Gohl hatte seine Kandidatur nach dem zweiten Wahlgang zurückgezogen.
Ganz aus dem Rennen ist nun aber keiner der drei Kandidaten. In den neuen Wahlvorschlag des Nominierungsausschusses können Kandidierende des alten Wahlvorschlags ebenso aufgenommen werden wie ein Kompromisskandidat. Am Freitag sagte Ulms Dekan Ernst-Wilhelm Gohl dem SWR, er halte weiter an seiner Bewerbung fest.
Amtsinhaber July rief die Landessynode am Freitag auf, eine Lösung für die festgefahrene Suche zu finden. Die Vertreter im Kirchenparlament müssten sich der Ausstrahlung nach außen bewusst sein, mahnte er bei der Frühjahrstagung in Stuttgart. Viele Menschen könnten nur «schwer verstehen, was geschieht oder was nicht geschieht». Demokratische Wahlprozesse könnten zwar schmerzliche Entwicklungen nehmen. Aber die Kirche dürfe nicht «in eine Innenlogik unserer Synode hineinfallen». Sie müsse auch die Außenlogik betrachten und zeigen, dass sie «in guter Gesprächsbereitschaft unterwegs» sei, betonte der Bischof.
Am Vortag war die Abstimmung über einen neuen Bischof zur befürchteten Hängepartie geworden. Nach vier Wahlgängen und stundenlangen Beratungen hatte keiner der drei Kandidierenden der fraktionsähnlichen Gesprächskreise in der Synode eine ausreichende Zahl von Vertretern von sich überzeugen können. Die Kreise vertreten die Interessen der württembergischen Landessynode und gehen meist mit eigenen Kandidaten ins Rennen. Die beiden großen Gruppierungen, die «Lebendige Gemeinde» und die liberale «Offene Kirche», besitzen Sperrminoritäten.
July erreicht im Juli die Altersgrenze von 68 Jahren und tritt in den Ruhestand. Er war 2005 bereits im ersten Wahlgang ins Amt gewählt worden. Der künftige Amtsinhaber wird für eine Amtszeit von zehn Jahren bestimmt und am 24. Juli in Stuttgart ins Amt eingeführt. Er wird Oberhirte für rund 1,9 Millionen Protestanten in Württemberg.
Mit Julys Abschied wird für die Landeskirche eine kleine Ära zu Ende gehen: Bei seiner Wahl zum Landesbischof vor 15 Jahren war der vierfache Familienvater July mit 51 Jahren der jüngste Bischof in der Geschichte der Landeskirche.
Sein Nachfolger wird vor allem Vertrauen gewinnen müssen. Denn im vergangenen Jahr haben 25.529 evangelische Christen der Kirche den Rücken gekehrt. Bei Julys Amtsantritt zählte die Landeskirche in Württemberg als eine der größten protestantischen Kirchen in Deutschland noch 2,4 Millionen Mitglieder. Weniger Mitglieder bedeuten aber auch weniger Einnahmen aus der Kirchensteuer.