FELLBACH (dpa/lsw) — Schuhe schnü­ren, Karte einge­packt und los geht’s. Die Lust am Wandern ist während der Pande­mie gestie­gen, belieb­te Wege sind überaus gut besucht. Gehen die Zahlen nach den Corona-Einschrän­kun­gen zurück? Nicht unbedingt, sagt der Verband. Denn die nächs­te Krise steht an.

Das Wandern könnte aus Sicht des Deutschen Wander­ver­bands auch nach der Corona-Pande­mie eine Art Krisen­ge­win­ner bleiben. Das Umwelt­be­wusst­sein, die zuneh­men­de Sorge ums Klima und vor allem die steigen­den Preise werden Menschen zuneh­mend in die Natur locken und das Wandern als Freizeit­trend noch populä­rer machen, sagte der Präsi­dent des Deutschen Wander­ver­bands, Hans-Ulrich Rauch­fuß, der Deutschen Presse-Agentur (dpa). «Es ist eine Tendenz, dass die Menschen zurück zur Natur gehen wollen, dass sie den Ausgleich suchen und die Vielfalt», erklär­te er wenige Wochen vor dem Auftakt des Deutschen Wander­tags im württem­ber­gi­schen Remstal (3. bis 7. August). Rauch­fuß zeigte sich überzeugt, dass die durch die Pande­mie stark gestie­ge­ne Zahl von Wande­rern auch ohne die Corona-Einschrän­kun­gen auf hohem Niveau bleiben wird.

Vor allem die Benzin­prei­se könnten Menschen aus Sicht von Rauch­fuß vom Wandern überzeu­gen. «Wenn das Benzin nicht nur zwei Euro kostet, sondern noch höher geht, dann werden sich viele Leute überle­gen, ob sie noch weite Reisen unter­neh­men», sagte Rauch­fuß. «Dann suchen sie sich ihre Ziele zu Hause aus, und dafür werben wir auch.» Außer­dem sei es wichtig, das Klima zu schonen und die Emissio­nen einzu­schrän­ken. «Und da ist das außer­or­dent­lich umwelt- und klima­ver­träg­li­che Wandern ein Effekt, vor allem, wenn die Menschen im Inland bleiben und mit Bussen und Bahnen zum Weg fahren.»

In den Mitglie­der­zah­len der Wander­ver­ei­ne spiegelt sich die Begeis­te­rung aller­dings nicht wider. «Wenn man hochrech­net, wandern über 50 Millio­nen Menschen in Deutsch­land gerne in der Freizeit», sagte Rauch­fuß. «Aber in unseren Gebiets­ver­ei­nen sind schät­zungs­wei­se nur 500 000 Mitglie­der versam­melt.» Die Pande­mie habe die Gruppen stark getrof­fen, viele Menschen seien allei­ne gewan­dert. «Jetzt müssen wir schau­en, dass wir diese Wande­rer wieder für uns gewin­nen», sagte Rauch­fuß. Argumen­te für einen Verein seien die geschul­ten Wander­füh­rer, die kennt­nis­rei­chen Führun­gen und das gesel­li­ge Erleben unter­wegs. Aller­dings spielen die zuneh­mend zerti­fi­zier­ten Wander­we­ge und die zahllo­sen, detail­reich beschrie­be­nen Vorschlä­ge und Naviga­ti­ons­hil­fen im Inter­net den Verei­nen nicht in die Karten.

Der Wander-Präsi­dent setzt auch Hoffnun­gen auf den 121. Deutschen Wander­tag, das weltweit größte Wande­re­vent, das vom 3. bis 7. August im Remstal östlich von Stutt­gart organi­siert wird. Insge­samt hatten der Schwä­bi­sche Albver­ein und der Deutsche Wander­ver­band im vergan­ge­nen Sommer noch rund 30.000 Menschen auf den Wegen der Region erwar­tet. Rauch­fuß wollte sich auf eine Zahl nicht festle­gen, beton­te aber den Vorteil der Lage des Remstals in einem der größten Nahver­kehrs­ge­bie­te. «Und mit dem 9‑Euro-Ticket kann man sogar mit Bussen und Bahnen aus Hamburg kommen», sagte Rauchfuß.

Geplant sind mehr als 200 Wande­run­gen, Touren und Stadt­be­sich­ti­gun­gen des Albver­eins, darun­ter abend­li­che Weinspa­zier­gän­ge, Wande­run­gen zu sagen­um­wo­be­nen Plätzen, «Bike und Hike» sowie Kinder­ta­ge, eine «Nacht der Backhäu­ser» und Themen wie «Kunst und Wein». «Wander­tags­haupt­stadt» und somit Mittel­punkt ist die Stadt Fellbach am Fuße des 470 Meter hohen Kappel­bergs. Details wollen die Veran­stal­ter am 14. Juli (10.00) in Fellbach vorstellen.

Der Deutsche Wander­ver­band lädt seit mehr als 120 Jahren gemein­sam mit einem Mitglieds­ver­ein und regio­na­len Partnern zur Erkun­dung einer Wander­re­gi­on in Deutsch­land ein. Beim Wander­tag im nordhes­si­schen Bad Wildun­gen waren im vergan­ge­nen Jahr wegen der starken Corona-Einschrän­kun­gen nur rund 3000 Wande­rer gezählt worden. Im Jahr zuvor Jahr musste das Event wegen der Pande­mie verscho­ben werden.