ESSEN/BERLIN (dpa) — Der Bund greift noch einmal tief in die Tasche, um Deutsch­lands letzter großer Waren­haus­ket­te unter die Arme zu greifen. Der Handel ist erleichtert.

Neues Hilfs­pa­ket für Galeria Karstadt Kaufhof: Deutsch­lands letzte große Waren­haus­ket­te erhält zur Bewäl­ti­gung der Corona-Krise weite­re Staats­hil­fen in dreistel­li­ger Millionenhöhe.

Galeria-Chef Miguel Müllen­bach schrieb am Diens­tag in einem Mitar­bei­ter­brief, dem Konzern liege ein verbind­li­ches Angebot des Wirtschafts­sta­bi­li­sie­rungs­fonds des Bundes über eine stille Einla­ge in Höhe von 250 Millio­nen Euro vor. Das erste Geld werde verein­ba­rungs­ge­mäß bereits in der nächs­ten Woche fließen. Zuvor hatte das Redak­ti­ons­netz­werk Deutsch­land (RND) darüber berichtet.

«Während 30 Millio­nen Euro der stillen Einla­ge zur Tilgung des ersten WSF-Darle­hens genutzt werden, fließen die verblei­ben­den 220 Millio­nen Euro der Liqui­di­tät zu», heißt es in dem Brief. Bei einer stillen Betei­li­gung kann der Geldge­ber zwar von Gewin­nen der Firma profi­tie­ren, hält sich aber bei Unter­neh­mens­ent­schei­dun­gen zurück.

Habeck erklärt Finanzspritze

Wirtschafts­mi­nis­ter Robert Habeck (Grüne) begrün­de­te die Hilfen mit der schwie­ri­gen Situa­ti­on im statio­nä­ren Handel. «Gerade für die Innen­städ­te sind zwei Jahre Pande­mie eine beson­de­re Belas­tung. Vor allem der statio­nä­re Handel hat beson­ders mit den Einschrän­kun­gen zu kämpfen», sagte er dem RND. «Daher haben wir entschie­den, dass der Wirtschafts­sta­bi­li­sie­rungs­fonds Galeria Karstadt Kaufhof erneut unter die Arme greift.»

Der Handels­ver­band Deutsch­land (HDE) begrüß­te die geplan­te Finanz­sprit­ze für die Waren­haus­ket­te. «Die Waren­häu­ser von Galeria sind defini­tiv für viele Innen­städ­te system­re­le­van­te Betrie­be, die viele Kunden auch in den benach­bar­ten Einzel­han­del ziehen», sagte HDE-Haupt­ge­schäfts­füh­rer Stefan Genth.

Müllen­bach beton­te in dem Mitar­bei­ter­brief, der der Deutschen Presse-Agentur vorliegt, die Waren­haus­ket­te sei in den vergan­ge­nen Monaten erneut überdurch­schnitt­lich von 2G-Regelung, Quaran­tä­ne, Absage von Weihnachts­märk­ten und Veran­stal­tun­gen, sowie der Angst vor Anste­ckung betrof­fen gewesen. Auch der pande­mie­be­ding­te Ausfall von Liefer­ket­ten und Produk­ti­ons­stät­ten vor allem in Asien habe dem Unter­neh­men zu schaf­fen gemacht. Im wichti­gen Verkaufs­mo­nat Dezem­ber habe der Umsatz um 24 Prozent unter dem Vorkri­sen­ni­veau gelegen. Darum habe der Konzern erneut staat­li­che Hilfe benötigt. Doch auch der Eigen­tü­mer Signa werde das Unter­neh­men erneut mit einem Eigen­tü­mer­bei­trag von 15 Prozent unterstützen.

Schon zum zweiten Mal Staatshilfe

Es ist bereits das zweite Mal, dass der durch die Fusion der Tradi­ti­ons­un­ter­neh­men Karstadt und Kaufhof entstan­de­ne Handels­rie­se in der Pande­mie auf staat­li­che Hilfen zurück­grei­fen muss. Schon Anfang 2021 hatte der Wirtschafts­sta­bi­li­sie­rungs­fonds (WSF) dem Waren­haus­kon­zern mit einem Darle­hen in Höhe von 460 Millio­nen Euro unter die Arme gegriffen.

Nach dieser Geldsprit­ze hatte der Konzern eigent­lich gehofft, das Schlimms­te überstan­den zu haben. Noch im Oktober stell­te Konzern­chef Miguel Müllen­bach ein neues Zukunfts­kon­zept vor, mit dem er die 131 Waren­häu­ser wieder general­über­ho­len wollte. Insge­samt wollte der Konzern 600 Millio­nen Euro für die Moder­ni­sie­rung ausgeben.

Konzern spricht von «Quasi-Lockdown»

Doch die steigen­den Corona-Infek­ti­ons­zah­len und die Einfüh­rung der 2G-Regel im Modehan­del, die nur noch Geimpf­ten und Genese­nen den Zutritt erlaubt, machten Galeria einen Strich durch die Rechnung. Für den Konzern sei dies einem «Quasi-Lockdown mitten im Weihnachts­ge­schäft» gleich­ge­kom­men, klagte Galeria-Finanz­vor­stand Guido Mager. Er erwar­te­te damals einen Umsatz­rück­gang von 40 Prozent im Dezem­ber. Galeria hatte deshalb um ein ergän­zen­des Darle­hen gebeten. Der Manager warnte damals: «Wenn die Waren­häu­ser schlie­ßen, schlägt das voll auf die Innen­städ­te durch — beson­ders auf mittle­re und kleine.»

HDE-Haupt­ge­schäfts­füh­rer Genth beton­te, Galeria stehe mit seinen Proble­men in der Pande­mie nicht allein da. «Viele Handels­un­ter­neh­men sehen sich aufgrund der mit 2G zurück­ge­hen­den Kunden­fre­quen­zen und Umsät­ze in großer wirtschaft­li­cher Not.» Die Überbrü­ckungs­hil­fen der Bundes­re­gie­rung hätten nach wie vor grobe Konstruk­ti­ons­feh­ler, so dass sie oft nicht weiter­hül­fen. Genth plädier­te deshalb dafür die «nutzlo­se 2G-Regelung beim Einkau­fen» wieder abzuschaf­fen. «Kein Handels­un­ter­neh­men ist gerne auf staat­li­che Hilfen angewie­sen, die Händler wollen endlich wieder selbst wirtschaft­lich arbei­ten dürfen.»

Die Bundes­re­gie­rung hatte den Wirtschafts­sta­bi­li­sie­rungs­fonds (WSF), der jetzt Galeria unter die Arme greift, im März 2020 gegrün­det, um in der Corona-Krise große Unter­neh­men mit Garan­tien und Kapital­hil­fen zu unter­stüt­zen und Arbeits­plät­ze zu erhal­ten. Davon profi­tie­ren neben Galeria unter anderem auch die Lufthan­sa und der Reise­kon­zern Tui.