Die Wissen­schaft weiß schon viel über das Corona­vi­rus und was die Infek­ti­on im Körper auslö­sen kann. Auch Spätfol­gen sind möglich. Wer davon betrof­fen ist, findet spezi­el­le Beratungsangebote.

Eine Corona-Infek­ti­on kann Betrof­fe­ne länger­fris­tig einschrän­ken. Medizi­ner sprechen dann vom Long-Covid- oder Post-Covid-Syndrom, weil es anhal­ten­de Beschwer­den sind. Sie können auch nach dem Abklin­gen der akuten Erkran­kung weiter bestehen.

«Noch gibt es relativ wenige Daten dazu — vor allem fehlen aber noch syste­ma­ti­sche Langzeit­stu­di­en», sagt die Neuro­lo­gin Prof. Kathrin Reetz von der Neuro­lo­gi­schen Klinik der RWTH Aachen.

Aber was sich aus den bereits vorlie­gen­den Studi­en und ersten Erfah­run­gen aus Sprech­stun­den sehen lasse: Die häufigs­ten Long-Covid-Sympto­me seien anhal­ten­de Müdig­keit und eine gerin­ge­re Belast­bar­keit, Schmer­zen in Muskeln und Gelen­ken, Riech- und Geschmacks­stö­run­gen sowie Aufmerk­sam­keits- und Konzentrationsstörungen.

«In einer kürzlich publi­zier­ten Studie bei fast 2500 Patien­ten wurde zudem gezeigt, dass noch nach Wochen der Covid-19-Erkran­kung weiter­hin eine Atemnot bestand», sagt Reetz.

Long Covid auch nach milden Verläufen

«Aus unserer Sprech­stun­de wissen wir, dass auch häufig von einer emotio­na­len Unaus­ge­gli­chen­heit berich­tet wird. Viele sagen, sie seien einfach anders und nicht mehr so belast­bar», so die Medizi­ne­rin. Es seien auch junge Menschen betrof­fen, die mitten im Berufs­le­ben standen und zuvor keine Schwie­rig­kei­ten im Alltag hatten.

Die bisher vorlie­gen­den Daten deuten zwar darauf hin, dass vermehrt Menschen mit einem schwe­ren Erkran­kungs­ver­lauf im Kranken­haus solche Long-Covid-Sympto­me entwi­ckeln können. Doch nach bisher sehr groben Schät­zun­gen sind laut der Medizi­ne­rin auch zehn bis zwanzig Prozent derje­ni­gen betrof­fen, die einen milden Verlauf hatten oder trotz einer Corona-Infek­ti­on gar keine Sympto­me gezeigt haben.

Spezi­el­le Sprechstunden

Für Betrof­fe­ne ist die erste Anlauf­stel­le idealer­wei­se eine sogenann­te Post-Covid-Sprech­stun­de, die es unter anderem bereits an verschie­de­nen Univer­si­täts­kli­ni­ken gibt. Dort können die geschil­der­ten Proble­me durch erfah­re­ne Medizi­ne­rin­nen und Medizi­ner einge­ord­net und objek­ti­viert werden — zum Beispiel bei wahrge­nom­me­nen Riech­stö­run­gen durch die Durch­füh­rung von Riech­tests oder bei Gedächt­nis­stö­run­gen durch eine neuro­psy­cho­lo­gi­sche Testung.

«Das ist wichtig, da es durch­aus auch zu Unter­schie­den zwischen der eigenen Wahrneh­mung der Beschwer­den und der Objek­ti­vie­rung dieser kommen kann», erläu­tert Reetz, die auch Vizeprä­si­den­tin der Deutschen Hirnstif­tung ist. «Nach der Einord­nung der Beschwer­den, kann dann gegebe­nen­falls auch eine Thera­pie erfol­gen — ob man gegen Schmer­zen zum Beispiel Medika­men­te verord­net oder bei Konzen­tra­ti­ons­schwä­che ein neuro­psy­cho­lo­gi­sches Training oder Ergotherapie.»

Symptom-Tagebuch führen

Sie hält es für hilfreich, wenn Betrof­fe­ne ein Symptom-Tagebuch führen. «Der Verlauf von Beschwer­den, gerade auch, wenn sie schwan­kend sind, lässt sich damit besser nachvoll­zie­hen.» Das hilft den Medizi­nern bei der Einschät­zung. Und man selbst versteht vielleicht auch besser die eigenen Beschwer­den und in welcher Ausprä­gung sie wann auftreten.

Generell empfiehlt die Deutsche Hirnstif­tung: Man sollte sich nach der Genesung von der Covid-19-Erkran­kung einige Tage Zeit geben. Meist gebe sich der gestör­te Geruch- und Geschmacks­sinn dann wieder. Bei Kopfschmer­zen sei es ähnlich. Entwi­ckelt man neuro­lo­gi­sche Sympto­me wie Proble­me mit der Konzen­tra­ti­on oder Kribbeln in den Glied­ma­ßen aber erst, nachdem man die Infek­ti­on offen­bar überstan­den hat, sollte man sich ärztli­chen Rat holen. Der Hausarzt kann einen gegebe­nen­falls auch an eine neuro­lo­gi­sche Fachpra­xis überweisen.

Die Dauer der Beschwer­den variiert

Die Dauer und Ausprä­gung der Long-Covid-Sympto­me kann sehr stark von Patient zu Patient variie­ren. «Es ist jetzt noch zu früh, Vorher­sa­gen zu treffen», sagt Reetz. «Manche Patien­ten von uns aus dem Frühjahr haben noch immer diese Sympto­me, bei anderen ist es schnell besser gewor­den. Wir brauchen hier einfach noch mehr Langzeit­stu­di­en, um darauf eine Antwort geben zu können.»

Anste­ckend sind Patien­ten, die von Covid-19-Spätfol­gen betrof­fen sind, nach Angaben der Hirnstif­tung nicht mehr. Die meisten seien bereits zehn Tage nach Beginn der Corona-Infek­ti­on kein Risiko mehr für andere. Wer aber sicher sein möchte, lässt sich nach Abklin­gen der akuten Covid-19-Sympto­me nochmals auf das Virus testen.