LONDON (dpa) — Seit Jahrzehn­ten füllt Boris Becker mit Liebes­ge­schich­ten und Trennun­gen die Klatsch­spal­ten. Zuletzt geriet immer mehr seine finan­zi­el­le Situa­ti­on in den Fokus. Nun könnte ihm theore­tisch sogar Gefäng­nis drohen.

Angespannt, aber nicht panisch — so hatte Boris Becker noch vor kurzem seinen Gemüts­zu­stand angesichts des Straf­ver­fah­rens gegen ihn in London beschrie­ben. Nun rückt der Prozess näher.

Von Montag an muss sich der ehema­li­ge Tennis-Star bis zu drei Wochen lang vor Gericht in London dem Vorwurf stellen, er habe in seinem Insol­venz­ver­fah­ren Teile seines Vermö­gens nicht ordnungs­ge­mäß angege­ben und Trophä­en nicht ausge­hän­digt. Becker bestrei­tet das.

Grund, angespannt zu sein, gibt es durch­aus: Dem dreima­li­gen Wimble­don-Sieger könnten theore­tisch bis zu sieben Jahre Haft drohen.

Mehr als 20 Anklagepunkte

Eigent­lich könnte das Insol­venz­ver­fah­ren, das seit 2017 läuft, bereits beendet sein. Doch die Saga scheint kein Ende zu nehmen. Der «Bild am Sonntag» sagte Becker im Febru­ar in einem Inter­view, die vergan­ge­nen fünf Jahre seien «verdammt lang» und «die härtes­ten meines Lebens» gewesen.

Für das Straf­ver­fah­ren will der 54-Jähri­ge die Hilfe eines Überset­zers in Anspruch nehmen. Der Grund dafür ist nicht ganz klar, denn der Wahl-Londo­ner spricht eigent­lich einwand­frei Englisch und trat auch immer wieder als Tennis-Exper­te im BBC-Fernse­hen auf. «Wenn er etwas zum Ausdruck bringt, könnte es besser sein, er tut das auf Deutsch und es wird dann ins Engli­sche übersetzt», sagte sein Vertei­di­ger Jonathan Laidlaw der Nachrich­ten­agen­tur PA zufol­ge bei einer Voran­hö­rung vor Gericht.

Zu den mehr als 20 Ankla­ge­punk­ten konnte sich Becker vor Prozess­be­ginn gegen­über Medien nicht konkret äußern. Es wird aber erwar­tet, dass er vor Gericht ausführ­lich vernom­men wird. Dann werde «eine ganze Menge persön­li­cher Dinge» zur Sprache kommen, hatte sein Anwalt PA zufol­ge angekün­digt. Unter anderem soll Becker laut Ankla­ge Teile seines Vermö­gens an seine Ex-Partne­rin­nen Barba­ra (55) und Lilly (45) überwie­sen und damit dem Zugriff des Insol­venz­ver­wal­ters entzo­gen haben. Ein anderes Thema dürften die vermiss­ten Pokale sein. Becker hatte in allen Punkten auf unschul­dig plädiert.

Tennis­so­cken wurden versteigert

Einen Teil seiner Pokale und weite­re persön­li­che Gegen­stän­de hatte der Insol­venz­ver­wal­ter bereits im Sommer 2019 verstei­gert. Darun­ter sogar Tennis­so­cken des ehema­li­gen Spitzen­sport­lers. Becker zeigte sich tief getrof­fen. «Bei dieser Verstei­ge­rung geht es nur darum, mir persön­lich wehzu­tun, weil ich natür­lich emotio­nal an den Trophä­en hänge», sagte Becker einmal der «Bild am Sonntag».

Teilwei­se war das Insol­venz­ver­fah­ren von bizar­ren Wendun­gen geprägt. Eine Zeit lang behaup­te­te Becker, er könne recht­lich nicht belangt werden, weil er Diplo­mat der Zentral­afri­ka­ni­schen Republik sei. Tatsäch­lich wurde er auf der Websei­te der Botschaft des Landes in Brüssel als «Attaché für die Beschaf­fung von Mitteln für sport­li­che, kultu­rel­le und humani­tä­re Angele­gen­hei­ten» aufge­führt. Der dorti­ge Botschaf­ter pflich­te­te ihm bei. Doch mehre­re Regie­rungs­mit­glie­der des bitter­ar­men Landes wider­spra­chen. Schließ­lich verzich­te­te Becker auf die umstrit­te­ne Argumentation.

In dem Straf­ver­fah­ren gibt es bislang keine Anzei­chen dafür, dass der auch auf dem Tennis­platz stets als hartnä­ckig bekann­te Becker aufge­ben könnte. «Wenn alles gegen mich läuft, habe ich ein Problem. Aber ich bin ein Mensch, der niemals aufgibt und immer bis zum Ende kämpft», hatte der frühe­re Weltrang­lis­ten-Erste noch im Febru­ar betont.

Von Chris­toph Meyer, dpa