LEIPZIG (dpa) — Mit dem Surfbrett knapp über der Wasser­ober­flä­che fliegen? Das geht mit den sogenann­ten eFoils. Unter Wasser­sport­lern ist das elektrisch betrie­be­ne Surfbrett schon ein «Gamech­an­ger». Doch es ist nicht ganz unumstritten.

Vom Uferrand sieht es aus der Ferne ein bisschen so aus, als würde Vivian Hemmann auf dem Wasser fliegen. Langsam hebt ihr «eFoil» einige Zenti­me­ter aus dem Störm­tha­ler See bei Leipzig ab — und die 34-Jähri­ge steht nach etwa einer Stunde Übung fast schon aufrecht auf ihrem Brett. Im knietie­fen Wasser nahe des Ufers schau­en viele Badegäs­te faszi­niert zu. «Wenn man den Dreh raus hat, lässt so ein bisschen die Kraft nach», erzählt Hemmann nach ihrem ersten Versuch.

Neben ihr liegt ein etwa 1,60 Meter langes Board mit einer großen Finne auf der Unter­sei­te — das sogenann­te eFoil. Betrie­ben wird es mit einem elektri­schen Motor und Batte­rien. Zusam­men mit dem Tragflü­gel unter dem Brett sorgen sie dafür, dass es ab einer bestimm­ten Geschwin­dig­keit bis zu 80 Zenti­me­ter aus dem Wasser steigt. Aus Sicht von Wasser­sport­lern ein aufle­ben­der Trend: «Die sind ein Gamech­an­ger. Ich glaub’, das Thema wird groß werden», findet der eFoil-Anbie­ter Stefan Pohl von «Hydrofil.de» aus Berlin.

Geschwin­dig­kei­ten von bis zu 50 Kilome­ter pro Stunde

Sein Team betreibt Statio­nen am Berli­ner Wannsee, am Müggel­see und auf Rügen. Dort können Menschen etwa das Fahren auf dem eFoil in Kursen lernen oder auch ein Brett kaufen. «Wir haben letztes Jahr über 700 Schulun­gen gegeben, das können wir dieses Jahr easy verdop­peln», sagt Pohl. Acht von zehn Schüle­rin­nen und Schüler könnten nach etwa einer Stunde schon auf dem Wasser fliegen. Mit einer Fernbe­die­nung können sie die Geschwin­dig­keit bis maximal rund 50 Kilome­ter pro Stunde steuern.

Die eFoils sind laut Pohl im Vergleich zu anderen Wasser­sport­ar­ten wie Jetskis leise, Sport­ler müssten nicht auf den passen­den Wind oder gute Wellen warten. Sven Hamel­mann aus Würzburg sieht das ähnlich. Er ist Inhaber der Firma «eFoil Riders» und hat das elektrisch betrie­be­ne Brett im Urlaub in Neusee­land entdeckt. In Deutsch­land betrei­be er Statio­nen in Würzburg, München, am Starn­ber­ger See, Berlin, Frank­furt und Bremerhaven.

Der Trick: Körper­ge­wicht verlagern

Neben Kursen bietet er wie Stefan Pohl die Geräte auch zum Verkauf an. «Mich hat das so faszi­niert, man schwebt geräusch­los über das Wasser. Es macht total süchtig», sagt Hamel­mann. Der Trick, damit das Board abhebt: Die Verla­ge­rung vom Körper­ge­wicht. «Du konzen­trierst dich nur auf den Körper. Es ist eine margi­na­le Bewegung, ob ich in die Luft gehe oder nicht», erklärt der Würzbur­ger. Dabei fließe außer­dem kein Sprit in den See, was das eFoil nachhal­ti­ger mache.

Auch in Nordrhein-Westfa­len berich­tet der Anbie­ter Frank Köhler von «efun Europe» von einer steigen­den Nachfra­ge. Er habe etwa Kunden in Krefeld, Köln oder Düssel­dorf, die sich für den Kauf eines eFoils inter­es­sier­ten. Dennoch gibt es laut Köhler noch viele Menschen, die sagen: «Das hab’ ich ja noch nie gesehen.»

Keine bundes­weit einheit­li­che Regelungen

Die insge­samt wachsen­de Bekannt­heit stößt aber nicht nur auf Faszi­na­ti­on. In Sachsen sind Foils generell — also die Finnen auf der Unter­sei­te eines Boards — auf den Seen verbo­ten worden. Dazu gehört auch das eFoil. Bei den unter Wasser horizon­tal geführ­ten Tragflä­chen gebe es eine Gefahr­nei­gung, «da diese für andere Nutzer im Nahbe­reich nicht sicht­bar sind und daher gefähr­lich werden können. Auch die erreich­ba­ren Geschwin­dig­kei­ten sind höher», teilt ein Sprecher des Verkehrs­mi­nis­te­ri­ums mit. Bislang gibt es in Deutsch­land noch keine einheit­li­chen Regelungen.

In Bayern etwa sind elektrisch angetrie­be­ne Wasser­fahr­zeu­ge laut Angaben eines Minis­te­ri­ums­spre­chers zulas­sungs­frei, aber geneh­mi­gungs­pflich­tig. Auf Binnen­schiff­fahrts­stra­ßen — zum Beispiel große Flüsse wie der Rhein und die Donau — sind eFoils erlaubt, wie eine Spreche­rin der Wasser­stra­ßen- und Schiff­fahrts­ver­wal­tung des Bundes (WSV) erklärt.

Die sächsi­sche Behör­de hat eine Studie in Auftrag gegeben, um das Gefah­ren­po­ten­ti­al der Tragflü­gel näher zu unter­su­chen. Mit einer Ausnah­me­ge­neh­mi­gung dürfen Surfer aber Foils in Sachsen benut­zen, erklärt der Sprecher. Solch eine hat sich Rüdiger Pusch besorgt, der eFoil-Kurse am Störm­tha­ler See in der zweiten Saison leitet.

15.000 für ein Board

Auch hier sei die Nachfra­ge auf jeden Fall vorhan­den. Doch: «Das wird kein Massen­pro­dukt», denkt Pusch. Vor allem beim Kauf eines eFoils müssten Menschen mit rund 15.000 Euro viel Geld in die Hand nehmen. Kurse kosten je nach Anbie­ter um die 200 Euro. Das Verbot der sächsi­schen Behör­den sieht der Kurslei­ter kritisch: «Man muss schon aufpas­sen. Aber man kann ja ein paar Regeln festlegen.»

Der Vorsit­zen­de des Verbands Deutscher Wasser­sport Schulen, Thomas Weinhardt, hält die Argumen­ta­ti­on des Landes für dünn. Zwar seien Foil-Sport­ar­ten nicht ungefähr­lich. Doch es seien auch andere Wasser­sport­ar­ten ohne Foils erlaubt, die deutlich schnel­ler und nicht weniger gefähr­lich seien. Ein Kompro­miss könnte sein, feste Berei­che oder Zeiträu­me für Sport­ler auf den Seen abzustecken.

Vivian Hemmann jeden­falls ist vom eFoil überzeugt und sich sicher: «Jetzt muss man es noch ein zweites Mal probieren.»

Von Sabri­na Szameitat, dpa