«Nicht mein Präsi­dent» — das sagen die aller­meis­ten Popmu­si­ker über Trump. Heraus­for­de­rer Biden kann sich freuen: Stars mehre­rer Genera­tio­nen machen kurz vor der Wahl mit Songs oder «Vote!»-Aktionen gegen den Mann im Weißen Haus mobil.

Ansons­ten ist die Zahl der Trump-Unter­stüt­zer in der US-Musik­bran­che mager — und die Gegner­schaft zum Mann im Weißen Haus überwäl­ti­gend. Bei Rock-Vetera­nen wie Bruce Springsteen, Neil Young und Micha­el Stipe (früher R.E.M.), Soul-Stars wie Stevie Wonder oder jungen Pop-Idolen wie Taylor Swift, Billie Eilish, Cardi B und Megan Thee Stalli­on bekommt der Republi­ka­ner (74) keinen Stich. Sie mahnen für die US-Wahl am 3. Novem­ber eindring­lich den Wechsel an und werben für den demokra­ti­schen Heraus­for­de­rer Joe Biden (77).

Lydon (64), der neben der briti­schen auch die US-Staats­bür­ger­schaft besitzt, will aber für Trump stimmen. «Er ist die einzi­ge vernünf­ti­ge Wahl, jetzt, da Biden im Rennen ist», denn der «kann das einfach nicht, das Ruder zu überneh­men», sagte der Wahl-Kalifor­ni­er dem «Obser­ver». Für Hardro­cker Frehley (69) ist Trump «der stärks­te Führer, den wir haben». Vor zwei Jahren hatte der Ex-Kiss-Gitar­rist sein Idol so empfoh­len: «Sie sollten ihn unter­stüt­zen — oder in ein anderes Land ziehen.» Rapper 50 Cent ärger­te sich zuletzt vor allem über Bidens Steuer­plä­ne, als er auf Twitter schrieb: «Ist mir egal, dass Trump schwar­ze Menschen nicht mag.»

Wer indes die ganz überwie­gen­de Stimmungs­la­ge unter Rock- und Popkünst­lern kennen­ler­nen will, der findet im Inter­net viel Futter — vom noch halbwegs neutra­len, de facto jedoch pro-demokra­ti­schen «Vote!»-Aufruf bis zur glaskla­ren Unter­stüt­zung für Biden.

Stars spielen auf Youtube ihre Lieder im «Team Joe Sings». Ob Kesha («Wir brauchen den Wechsel, und wir brauchen ihn jetzt») oder die Latin-Rock-Band Los Lobos, Indie-Popper wie Matt Bernin­ger oder Ben Gibbard — sie alle zeigen dort, auf welcher Seite sie stehen. Andere Kanäle wie Twitter und Insta­gram oder Inter­views nutzen Jeff Tweedy von der Folkrock-Vorzei­ge­band Wilco, Cher oder Ariana Grande, um als Trump-Gegner Flagge zu zeigen.

Im Gegen­satz zur Wahl 2004 (George W. Bush gegen John Kerry) sind große Konzer­te zuguns­ten der US-Demokra­ten diesmal wegen der Corona-Pande­mie unmög­lich. Also kein Starauf­ge­bot wie damals, als unter anderem Springsteen, Pearl Jam, R.E.M., Dixie Chicks und James Taylor für Kerry auf der Bühne standen. Statt­des­sen eine andere, oft in die sozia­len Netzwer­ke verla­ger­te Mobili­sie­rung fürs Wählen und für Biden mit seiner Vize-Kandi­da­tin Kamala Harris.

So präsen­tier­te Super­star Taylor Swift (30) auf Twitter ein Foto von sich mit Keksen, deren Zucker­guss-Aufschrift «Biden/Harris/2020» keine Zweifel ließ. In einem Inter­view erläu­ter­te die einsti­ge Lieblings­sän­ge­rin vieler Trump-Wähler: «Ich glaube, dass Ameri­ka unter ihrer Führung eine Chance hat, den Heilungs­pro­zess in Gang zu setzen, den es so dringend braucht.» Swift hatte schon vorher ihrem Zorn über den Amtsin­ha­ber freien Lauf gelassen.

Biden weiß natür­lich, was solche Wahlhil­fe einer jungen Frau mit 140 Millio­nen Insta­gram-Abonnen­ten wert ist — er bedank­te sich umgehend. Neben Sänge­rin Jenni­fer Lopez (51) trat das Ehepaar Biden Mitte Oktober gar in einem heime­li­gen Video auf — mit dem Ziel, dem Gegen­kan­di­da­ten viele Stimmen der Latino-Wähler­schaft zu sichern. Die Entwick­lung unter Trump sei für sie «wirklich traurig, weil dies nicht mehr das Land ist, in dem ich aufge­wach­sen bin», so Lopez.

Sänge­rin Demi Lovato (28) kriti­sier­te derweil den US-Präsi­den­ten in ihrem neuen Song «Comman­der In Chief»: Wie es sich anfüh­le, noch atmen zu können, während das Land in einer Krise versin­ke und Menschen sterben, hieß es dort in Anspie­lung auf Trumps Umgang mit Corona­vi­rus-Pande­mie und Rassismus.

Springsteen (71) gab im August seinen berühm­ten Song «The Rising» für Bidens Nominie­rungs­kon­gress frei. Der Stadi­onro­cker hatte sich schon nach dem Tod des Afroame­ri­ka­ners George Floyd durch bruta­le Polizei­ge­walt im Mai geschockt über den Präsi­den­ten geäußert. In einem Song seines neuen Albums erwähnt der «Boss» — ohne Trump direkt zu nennen — einen «krimi­nel­len Clown, der den Thron gestoh­len hat».

Auf dem Demokra­ten-Partei­tag legte auch Grammy-Gewin­ne­rin Billie Eilish (18) einen bemer­kens­wer­ten Auftritt hin — und rief zu Trumps Abwahl auf: «Wir brauchen Anfüh­rer, die Proble­me wie den Klima­wan­del und Covid lösen und sie nicht leugnen. Anfüh­rer, die syste­mi­schen Rassis­mus und Ungleich­heit bekämpfen.»

Ohne Trumps Namen in den Mund zu nehmen, positio­nier­te sich kürzlich auch Soul-Ikone Stevie Wonder (70). Seine beiden Comeback-Lieder unter­stütz­ten den Protest der Bewegung Black Lives Matter gegen Ungerech­tig­keit und Rassis­mus in den USA, denn: «In diesen Zeiten erleben wir die dring­lichs­ten Weckru­fe und Tränen um diese Nation und die Welt», sagte Wonder, der sich schon seit den 70ern für Bürger­rech­te von Afroame­ri­ka­nern einsetzt.

Folkrock-Altmeis­ter Neil Young (74) verklag­te Trump wegen der unerlaub­ten Nutzung seiner Hymne «Rockin’ In The Free World» — und veröf­fent­lich­te im Septem­ber das Polit­song-Minial­bum «The Times». Der Musiker mit kanadi­schem und US-ameri­ka­ni­schem Pass klampf­te dort in sieben Liedern (darun­ter Bob Dylans ikoni­sches «The Times They Are A‑Changin’») gegen den verach­te­ten Präsi­den­ten an.

Tradi­tio­nell haben die konser­va­ti­ven Republi­ka­ner in der zumeist links­li­be­ra­len Musik­sze­ne kaum Gefolg­schaft (oder dubio­se wie den Hardro­cker Ted Nugent und den errati­schen Rapper Kanye West). Doch Trump erfährt beson­ders inten­si­ve Ablehnung.

Zahllo­se Popstars wehren sich seit Jahren gegen die Verein­nah­mung ihrer Lieder durch die Republi­ka­ner. «Verwen­den Sie weder unsere Musik noch meine Stimme für Ihr schwach­sin­ni­ges Affen­thea­ter von Wahlkam­pa­gne», forder­te etwa der frühe­re R.E.M.-Sänger Stipe. Für die Natio­nal­hym­ne bei seiner Amtsein­füh­rung im Januar 2017 fand Trump nur ein Popstern­chen namens Jackie Evancho. Acht Jahre zuvor, zum Antritt des ersten schwar­zen US-Präsi­den­ten Barack Obama, hatte noch die wohl größte Soul-Sänge­rin überhaupt, Aretha Frank­lin, gesungen.