MÜNCHEN/HAMBURG (dpa/lby) — Künst­li­che Intel­li­genz wird zu einer Heraus­for­de­rung für die Schulen in Deutsch­land. In Hamburg sollen Abitu­ri­en­ten mit ChatGPT geschum­melt haben, in Bayern fordert ein Lehrer­ver­band die Abkehr von der klassi­schen Benotung.

Der Bayeri­sche Lehrer- und Lehre­rin­nen­ver­band (BLLV) fordert mit dem Vormarsch Künst­li­cher Intel­li­genz (KI) eine Reform des klassi­schen Noten­sys­tems — und zwar schnell. «Ich glaube, dass die schnel­le Entwick­lung der KI uns kein langsa­mes Weiter­ent­wi­ckeln der Leistungs­be­wer­tung erlaubt. Wir müssen einse­hen, dass unser Leistungs­sys­tem oldschool ist», sagte BLLV-Präsi­den­tin Simone Fleisch­mann der Deutschen Presse-Agentur in München. «Wir müssen endlich mal aufhö­ren, nur die Note als allein glück­se­lig machend zu sehen. In der freien Wirtschaft machen alle Assess­ments. Was bringt mir dann ein Fünfer?»

Am Freitag war bekannt gewor­den, dass einige Hambur­ger Schüler unter Verdacht stehen, in Klausu­ren für das Abitur mit Hilfe von Program­men mit Künst­li­cher Intel­li­genz geschum­melt und ChatGPT genutzt zu haben. In Bayern gibt es nach Angaben des Kultus­mi­nis­te­ri­ums bislang noch keine derar­ti­gen Verdachts­fäl­le in Schul-Abschlussprüfungen.

«Die Art und Weise unseres Schul­sys­tem, die System­lo­gik, stößt inzwi­schen an ihre Grenze. Das hat damit zu tun, dass wir einfach stehen geblie­ben sind», kriti­sier­te Fleisch­mann. «Wir wollen immer noch selek­tie­ren, aussor­tie­ren, Noten geben. Aber wir müssen künftig die Prozes­se beurtei­len und nicht das Ergeb­nis.» Mit Leistungs­ge­sprä­chen oder Portfo­li­os sei das möglich. «Es gibt auch Leistun­gen, die neben einem Abitur einen Menschen ausmachen.»

Schulen dürften gesell­schaft­li­che Entwick­lun­gen nicht ignorie­ren, sondern müssten sie auf- und anneh­men: «Wir wollen keines­falls signa­li­sie­ren, dass wir Entwick­lun­gen in diesem zukunfts­träch­ti­gen Bereich negieren.»

Aber reagie­ren müssten Schulen darauf — mit der Vermitt­lung von Medien­kom­pe­tenz und eben einem anderen Bewer­tungs­sys­tem, beton­te Fleisch­mann. «Der Umgang mit der Infoquel­le ist entschei­dend.» Man müsse «Schule neu denken» und die rasan­te techni­sche Entwick­lung könnte — so ihre Hoffnung — dazu führen, dass das träge Bildungs­sys­tem sich ausnahms­wei­se deutlich schnel­ler ändern könnte — «und nicht erst in 20 Jahren».