Für den WWF liegt die Zukunft auf dem Teller. Wer wenig oder gar kein Fleisch isst, gehört für den Verband zu den Klimarettern.

BERLIN (dpa) — Ein Hoch auf Flexi­ta­ri­er: Nach einer Studie der Umwelt­stif­tung WWF halten Menschen, die bewusst wenig Fleisch essen, die Welt eher im ökolo­gi­schen Gleich­ge­wicht als Fleisch-Fans.

Die mit den Essge­wohn­hei­ten einher­ge­hen­den Auswir­kun­gen auf die Erde werden häufig unter­schätzt, heißt es in einer Studie im Auftrag des WWF, die am Mittwoch veröf­fent­lich wurde.

Die Berech­nung geht von einer flexi­ta­ri­schen Ernäh­rung mit einem durch­schnitt­li­chen Fleisch­kon­sum von 470 Gramm pro Woche aus. Das entspricht in etwa zwei Bulet­ten und zwei Bratwürs­ten. Eine vegeta­ri­sche Ernäh­rung schließt den Verzehr von Fleisch aus, während ein veganer Lebens­stil rein pflan­zen­ba­siert ist.

Der bundes­deut­sche Verbrauch von tieri­schen Lebens­mit­teln wie Fleisch und Wurst liegt im Schnitt laut WWF bei 817 Gramm pro Woche. Zusam­men mit Milch und Milch­pro­duk­ten verur­sa­che das aktuell rund 70 Prozent der ernäh­rungs­be­ding­ten Treibhausgasemissionen.

Halbie­re sich der Fleisch­kon­sum der Deutschen grob auf im Schnitt 470 Gramm pro Woche, sieht die Öko-Bilanz schon wesent­lich besser aus. Die ernäh­rungs­be­ding­ten Treib­haus­gas­emis­sio­nen von derzeit rund 210 Millio­nen Tonnen CO2-Äquiva­len­ten pro Jahr könnten um 27 Prozent (56 Mio Tonnen) reduziert werden. Ein CO2-Äquiva­lent von einer Tonne entspricht dem Erwär­mungs­ef­fekt von einer Tonne Kohlen­di­oxid. Der Ausdruck wird zur besse­ren Vergleich­bar­keit genutzt — der Effekt kann zum Beispiel auch durch Methan entste­hen, das Rinder ausstoßen.

Noch höhere Einspa­run­gen seien bei einer vegeta­ri­schen oder veganen Ernäh­rung in Deutsch­land möglich — 98 bis 102 Millio­nen Tonnen CO2-Äquiva­len­te. «Wie signi­fi­kant diese Einspa­run­gen sind, zeigt der Blick auf die Gesamt­emis­sio­nen in Deutsch­land, die sich 2018 auf 858 Millio­nen Tonnen CO2-Äquiva­len­te belie­fen», schreibt der WWF. In der Studie wurden nach WWF-Angaben erstmals globa­le Ernäh­rungs­emp­feh­lun­gen der EAT-Lancet-Kommis­si­on auf Deutsch­land übertragen.

Auch die benötig­te landwirt­schaft­li­che Fläche würde sich verrin­gern. Wenn Soja in Nord- und Südame­ri­ka vorwie­gend als Tierfut­ter angebaut und dann auch noch nach Europa expor­tiert wird, gilt das als verhee­rend für Öko-Bilan­zen. In Brasi­li­en beschleu­nigt der Sojaan­bau dabei auch noch die fortschrei­ten­de Zerstö­rung von Wäldern.

Der WWF plädiert für ein generel­les Umden­ken. Beim Catering für Veran­stal­tun­gen oder auf Reisen würde es dann automa­tisch ein vegeta­ri­sches Menü geben, sagt Tanja Dräger de Teran, Referen­tin für Ernäh­rung und Landwirt­schaft beim WWF Deutsch­land. «Wer Fleisch möchte, kreuzt das extra an.» Noch ist es häufig umgekehrt. Wünschens­wert seien auch verbind­li­che Mindest­kri­te­ri­en für die Verpfle­gung in öffent­li­chen Einrich­tun­gen wie Schulen. «Künftig muss die einfa­che Wahl auch immer die gesun­de und nachhal­ti­ge sein.»

Die Umwelt­schutz­or­ga­ni­sa­ti­on fordert von der Politik unter anderem die Prüfung einer Lenkungs­steu­er auf tieri­sche Lebens­mit­tel, die nicht aus ökolo­gi­scher Landwirt­schaft stammen. Bisher werde die Verant­wor­tung für eine ökolo­gi­sche Ernäh­rungs­wen­de auf den Schul­tern der Verbrau­cher abgela­den. Die kommen­de Regie­rung müsse deshalb bis spätes­tens 2022 eine Ernäh­rungs­stra­te­gie auf den Weg bringen, deren Maßstab die ökolo­gi­schen Grenzen der Erde sein sollten.