Der Anteil an Migran­ten in Deutsch­land ist aus Sicht eines Vereins nicht sicht­bar genug. Dagegen wollen die Aktivis­ten ein Zeichen setzen. Sie haben Paten­schaf­ten für Hoch- und Tiefdruck­ge­bie­te mit «migran­ti­schen» Namen gekauft. Tief «Ahmet» macht den Anfang.

«Ahmet», «Goran» oder «Chana»: In den ersten Wochen des Jahres 2021 werden verstärkt Namen mit Migra­ti­ons­hin­ter­grund auf der Wetter­kar­te stehen. Mit der Kampa­gne «Wetter­be­rich­ti­gung» will das Netzwerk «Neue deutsche Medienmacher*innen» (NdM) Vielfalt in der Bevöl­ke­rung sicht­bar machen.

Dazu hat der Zusam­men­schluss 14 Paten­schaf­ten für Hoch- und Tiefdruck­ge­bie­te gekauft — was zur Verga­be der Namen berech­tigt. «Wir kapern das Wetter 2021 und schleu­sen neue deutsche Namen in den Wetter­be­richt», heißt es in der Kampagne.

Laut dem Verein «Berli­ner Wetter­kar­te» sind inter­na­tio­na­le Namen bisher keine Selten­heit gewesen. «Es muss nichts einge­schleust werden. Etwa 30 Prozent der Namen kommen bereits aus dem außer­deut­schen Raum», berich­tet Vereins­vor­sit­zen­de Petra Gebau­er. Sie betreut das studen­ti­sche Projekt «Aktion Wetter­pa­te», das die Paten­schaf­ten jedes Jahr vergibt. Jeweils im Vorjahr können sich Inter­es­sen­ten für Hoch- und Tiefs bewer­ben und die Paten­schaf­ten erwer­ben. Die Preise liegen bei 360 Euro für Hochs und 240 Euro für Tiefs.

Mit den Einnah­men wird die studen­ti­sche Wetter­be­ob­ach­tung in Berlin-Dahlem weiter finan­ziert. «Alle Namen, die standes­amt­lich anerkannt sind, können auch verge­ben werden. Die Verga­be erfolgt nach Reihen­fol­ge der Antrags­ein­gän­ge», erklärt Gebauer.

Aus Sicht des Vereins NdM ist der Anteil «migran­ti­scher Namen» bei den Wetter­pa­ten­schaf­ten weitaus gerin­ger. «In den vergan­ge­nen zehn Jahren lag der Anteil bei den Hochs zum Beispiel bei ungefähr elf Prozent», sagt NdM-Vorsit­zen­de Ferda Ataman. Ihr Verein habe Namen gezählt, die nicht als (typisch) deutsch wahrge­nom­men werden. «Migran­ti­sche Namen» seien Namen, die bei einer Bewer­bung für eine Wohnung oder einen Job als poten­zi­ell so wahrge­nom­men würden.

Theore­tisch hätten fast alle Menschen in Deutsch­land einen «Migra­ti­ons­hin­ter­grund». «Aber nur bestimm­te Gruppen werden unter Migra­ti­ons­hin­ter­grund wahrge­nom­men: Araber, Türken, Menschen aus Asien, Afrika», so Ataman.

«Das Wetter diver­ser zu machen, ist nur ein symbo­li­scher Schritt», erklär­te Ataman. «Wichtig ist, dass gesell­schaft­li­che Vielfalt endlich Norma­li­tät wird, überall. Wir wollen mit diesem kleinen Hack ein Zeichen setzen. Hier konnten wir uns einkau­fen.» In anderen Berei­chen sei das schwie­ri­ger: «Wir können uns zum Beispiel nicht einfach fünf Abtei­lungs­lei­ter­pos­ten kaufen.»

Die Organi­sa­ti­on setzt sich für Vielfalt im Medien­be­reich ein und fordert gemein­sam mit Partnern aus der Schweiz und Öster­reich, dass bei jedem Thema und jeder Sendung auch nicht-weiße Menschen gezeigt werden.

Die Organi­sa­tio­nen schla­gen auch eine Quote für Journa­lis­ten und Journa­lis­tin­nen aus Einwan­de­rer­fa­mi­li­en von 30 Prozent bis 2030 vor. Den Angaben zufol­ge liegt der Anteil von Medien­schaf­fen­den mit Migra­ti­ons­hin­ter­grund in Deutsch­land schät­zungs­wei­se bei 5 bis 10 Prozent. In der Bevöl­ke­rung insge­samt hat hinge­gen jede vierte Person einen Migra­ti­ons­hin­ter­grund, wurde also entwe­der selbst nicht mit deutscher Staats­an­ge­hö­rig­keit geboren oder hat mindes­tens ein Eltern­teil, bei dem das der Fall ist.

Auf die Aktion «Wetter­be­rich­ti­gung» gab es inzwi­schen zahlrei­che Reaktio­nen. Darun­ter seien auch negati­ve Kommen­ta­re gewesen, sagte Petra Gebau­er. «Es gab aber keine Beein­flus­sung, sondern feste Regeln und die wurden auch einge­hal­ten», beton­te sie. Im Inter­net reagier­ten Leser häufig unter anderem mit ironi­schen Kommen­ta­ren. So schrie­ben Twitter-Nutzer: «Alter, wenn irgend­was Migra­ti­ons­hin­ter­grund hat, dann Wetter» oder «Entwe­der Schnee oder Sonne, alles dazwi­schen gehört berichtigt».