Mit einer Maske im Gesicht zu kommu­ni­zie­ren, ist deutlich schwie­ri­ger — einfach lauter reden hilft da wenig. Ein paar Worte mehr als sonst schon eher.

Mittig ist ausge­bil­de­te Stimm- und Sprech­trai­ne­rin und gibt Führun­gen im Museum für Kommu­ni­ka­ti­on in Nürnberg — was mit Maske deutlich anstren­gen­der ist, wie sie findet. Für sie selbst, aber auch für die Zuhöre­rin­nen und Zuhörer.

Kommu­ni­ka­ti­on durch Maske erschwert

«Das ist wie bei einer Fremd­spra­che», erläu­tert Mittig. «Weil die Stimme gedämpft ist und die Mimik fehlt, fällt ein Teil der Infor­ma­tio­nen weg, die wir unbewusst wahrneh­men.» Deshalb hat sie ihre Kolle­gin­nen und Kolle­gen im Museum darin geschult, wie sie trotz Maske — und größe­rem Abstand — besser verstan­den werden.

Denn einfach nur lauter reden, bringt es oft nicht — das lässt sich täglich an der Käsethe­ke oder beim Bäcker beobach­ten. «Man muss sich selbst diszi­pli­nie­ren, langsa­mer zu sprechen, kürze­re Sätze zu verwen­den und mehr Wert auf die Betonun­gen zu legen», erklärt Mittig. Und mehr gesti­ku­lie­ren: «Das, was man im Gesicht wegen der Maske nicht sieht, muss man mit Händen und Füßen machen.»

Ein Sprech­trai­ning fände auch Birgit Dittmer-Glaubig hilfreich. Die Konrek­to­rin der Mittel­schu­le an der Simmern­stra­ße in München muss seit der Masken­pflicht im Unter­richt ständig nachfra­gen. «Es ist akustisch eine echte Heraus­for­de­rung, weil man die Schüler sehr, sehr schwer versteht.» Außer­dem sei es deutlich schwie­ri­ger, anhand des Gesichts­aus­dru­ckes zu erken­nen, ob die Kinder und Jugend­li­chen dem Stoff folgen könnten oder noch Fragen hätten.

Ein Teil der Mimik wird bedeckt

«Das Gesicht ist deutlich bered­ter als der Rest des Körpers», erklärt Mimik­for­scher Stefan Lauten­ba­cher von der Univer­si­tät Bamberg das Haupt­pro­blem. «Die Mimik besteht grob gesagt aus zwei Berei­chen: Das Feld um den Mund herum, das viel signa­li­siert, und das Feld um die Augen herum, das bis in die Stirn hinein geht: Wir können die Augen­brau­en hochzie­hen, die Stirn runzeln, die Augen eng stellen oder öffnen.»

Bei Erwach­se­nen sei der Gesichts­aus­druck nicht ganz so wichtig, weil sich viel aus dem Kontext erschlie­ße und Erwach­se­ne sich zudem sprach­lich sehr gut ausdrü­cken könnten. «Wir müssen nicht traurig gucken, weil wir sagen können, dass wir traurig sind.» Kinder hinge­gen bräuch­ten dieses zweite Signal­sys­tem stärker, auch wenn die Maske die Mimik nicht komplett verde­cke, sondern nur reduziere.

Ein weite­res Problem: «Sie erken­nen einen Menschen nicht einfach an den Augen oder dem Mund, sondern an der Konfi­gu­ra­ti­on, also den Abstän­den, der räumli­chen Zuord­nung der einzel­nen Teile eines Gesich­tes», erläu­tert Lauten­ba­chers Kolle­ge Claus-Chris­ti­an Carbon. «Wir nehmen ein Gesicht grund­sätz­lich holis­tisch auf, also ganzheit­lich.» Aller­dings erst ab einem Alter von etwa zehn, zwölf Jahren — so lange dauert der Lernprozess.

Charak­te­ris­ti­sche Emotio­nen nicht zu erkennen

«Wenn uns jetzt aber ein Teil einfach wegge­schnit­ten wird durch die Maske, funktio­niert diese holis­ti­sche Verar­bei­tung nicht richtig, weil uns entschei­den­de Infor­ma­tio­nen fehlen», erläu­tert Carbon. Andere Menschen ließen sich dadurch schwe­rer wiedererkennen.

Und es gibt noch ein Problem: «Es gibt einige Emotio­nen, die wir ganz charak­te­ris­tisch jeweils mit dem Mund oder den Augen machen: Ekel, Trauer, Wut drücken wir stark mit dem Mund aus, Freude etwa über die Augen.» Wenn jetzt gut die Hälfte des Gesich­tes durch eine Maske verdeckt werde, geht zwischen­mensch­lich leicht was schief, berich­tet Carbon. «Ganz viele charak­te­ris­ti­sche Emotio­nen werden nicht erkannt und als eher neutral inter­pre­tiert, oder fälsch­li­cher­wei­se als eine andere Emoti­on erkannt.» Beispiels­wei­se werde Ekel häufig als Wut missverstanden.

Das Problem lässt sich mit dem einen oder andere zusätz­li­chen Wort leicht lösen. «Wir Menschen nördlich der Alpen neigen dazu, eher ein bisschen zu wenig zu reden», findet Carbon. «Aber es schadet uns ja nicht, dass wir manche Sachen etwas expli­zit machen, auch wenn es etwas mehr Kraft­auf­wand bedeutet.»

Vertrau­en und Nähe lässt sich trotz­dem herstellen

Vor allem in Berei­chen, in denen es ums Zwischen­mensch­li­che geht, um Vertrau­en und Nähe, kann die Maske wie eine Barrie­re wirken — erst recht, wenn Menschen sich neu kennen­ler­nen. «Es ist schwie­ri­ger, eine Bezie­hung aufzu­bau­en», sagt die Kommu­ni­ka­ti­ons­trai­ne­rin Lisa Kuchenmeister.

Doch gerade das ist in der Hospiz­ar­beit wichtig. «Da geht sehr viel über die Mimik», berich­tet Hospiz­be­glei­te­rin Petra Götz. Gemein­sam mit anderen Ehren­amt­li­chen vom Hospiz­ver­ein Main-Spessart im unter­frän­ki­schen Karlstadt hat sie bei Kuchen­meis­ter in einem Workshop gelernt, wie sie mehr Gefühl in Stimme und Gestik legen kann. «Danach hat man das Gefühl gehabt, es geht doch», berich­tet Götz. Die Maske empfin­de sie nun nicht mehr als Hindernis.