KATHMANDU (dpa) — 2019 gab es ganz oben in der Todes­zo­ne des welthöchs­ten Bergs Stau. 2020 war dort Stille. Und jetzt sind die Abenteu­re­rin­nen und Abenteu­rer zurück. Werden sie ganz oben Schlan­ge stehen?

Trotz der Corona-Pande­mie wollen jetzt Dutzen­de Bergstei­ge­rin­nen und Bergstei­ger auf den höchs­ten Punkt der Erde.

Unter ihnen ist auch ein Prinz aus dem König­reich Bahrain und eine Katare­rin, die als erste Frau ihres Landes die 8848,86 Meter hohe Spitze des Mount Everests erklim­men will. Jetzt im Frühling ist Haupt­sai­son mit den besten Wetter­be­din­gun­gen und damit den größten Chancen, es nach einigen Wochen Akkli­ma­ti­sie­rung an die dünne Luft nach oben zu schaffen.

Noch vor einem Jahr hatte die Regie­rung Nepals den Everest kurz vor Saison­be­ginn dicht gemacht — wegen Corona. Doch nun sind die Abenteu­re­rin­nen und Abenteu­rer aus dem Ausland wieder sehr willkom­men. Ihr Geld ist für den Himala­ya-Staat wichtig, er ist nach Angaben der Verein­ten Natio­nen eines der am wenigs­ten entwi­ckel­ten Länder der Welt.

So hat Nepal inzwi­schen 65 Auslän­de­rin­nen und 256 Auslän­dern die Bewil­li­gung, die man zur Bestei­gung benötigt, für jeweils 11.000 Dollar (rund 9100 Euro) ausge­stellt. Das sind etwas weniger als im Frühling 2019, als es ganz oben in der Todes­zo­ne, wo der mensch­li­che Körper abbaut und sich nicht erholen kann, einen Stau gegeben hatte. Elf Menschen starben damals. Ein Foto des Staus ging um die Welt — und brach­te der nepale­si­schen Regie­rung Kritik, dass sie zu viele Menschen nach oben ließ, die nicht geeig­net für das Abenteu­er waren.

Seither hat das nepale­si­sche Touris­mus­mi­nis­te­ri­um mehre­re Regeln verkün­det. Eine davon ist, dass die Wagemu­ti­gen zwar Fotos und Videos von sich und ihrer Gruppe machen könnten — nicht aber von anderen Menschen auf dem Berg. Die zustän­di­ge Chefin, Mira Acharya, sagte der Deutschen Presse-Agentur, dass es sich dabei um eine alte Regel handle, an die sich bislang niemand gehal­ten habe. Es gebe jetzt eine Strafe, sagte sie — ohne diese aber auf Nachfra­ge zu konkretisieren.

Für den erfah­re­nen ameri­ka­ni­schen Bergstei­ger und Blogger Alan Arnet­te ist diese Regel Zensur — und nicht durch­setz­bar, da auf meisten Fotos andere Leute zu sehen seien. Er sei seit 1997 immer wieder dort gewesen — und bislang habe ihn noch nie jemand auf die Regeln hinge­wie­sen. Außer­dem müssen Alpinis­tin­nen und Alpinis­ten Fotos von sich machen, wenn sie ein Aufstiegs­zer­ti­fi­kat erhal­ten wollen. Denn oben in der Todes­zo­ne kann niemand auf Ankömm­lin­ge warten. So gilt unter anderem ein Foto nepale­si­schen Behör­den gegen­über als Beweis. Und oben ist man selten allein.

Nepals Touris­mus­mi­nis­te­ri­um hat seit der Verbrei­tung des Stau-Fotos auch andere Regeln bekannt­ge­ge­ben. So müssen die Bergstei­ge­rin­nen und Bergstei­ger vor dem Aufstieg ein medizi­ni­sches Attest einrei­chen und eine Bergungs- und eine Corona-Versi­che­rung abschlie­ßen. Werden sie gebor­gen, müssten sie in gut ausge­rüs­te­te Kranken­häu­ser geflo­gen werden. Zudem sollen alle Einrei­sen­den gegen Corona geimpft sein oder einen negati­ven PCR-Test vorle­gen. Am Flugha­fen in Kathman­du gebe es dann noch einen Schnell­test, hieß es weiter.

Doch Bergstei­ger Arnet­te bezwei­felt, dass diese Regeln viel änder­ten. Teils seien die verkün­de­ten Maßnah­men auch nicht neu — ein medizi­ni­sches Attest etwa sei schon länger Voraus­set­zung gewesen. Das Problem sei vielmehr, dass die Regeln oft nicht genau einge­hal­ten werden. Einige Expedi­ti­ons­un­ter­neh­men würden davon sprechen, ihre Gruppen von anderen Menschen zu isolie­ren. Tatsäch­lich sei dies aber schwie­rig, da Mitglie­der der Sherpa-Helfer­teams gewöhn­lich vor dem Gipfel­auf­stieg ihre Familie in den Bergdör­fern besuchten.

Ob es nun aber in diesem Frühling wieder einen Stau in der Todes­zo­ne des Mount Everest geben wird, hängt laut Arnet­te nicht nur von der Anwesen­heit vieler unerfah­re­ner Teilneh­mer ab. Beson­ders entschei­dend sei auch das Wetter. Werde es ähnlich wie im Frühjahr 2018 werden, als es elf aufein­an­der­fol­gen­de Tage mit Windge­schwin­dig­kei­ten unter 50 km/h gegeben hatte, sollte es seiner Einschät­zung nach keinen Stau geben. Werde es aber ähnlich wie im Frühling 2019, wo dies nur an drei Tagen der Fall war, dürfte es hinge­gen wieder Proble­me geben.

Von Roshan Sedhai und Anne-Sophie Galli, dpa