GOTHA (dpa) — Es ist die wohl kürzes­te Amtszeit in der Geschich­te des deutschen PEN-Zentrums: Nach nur sieben­mo­na­ti­ger Amtszeit quittiert Deniz Yücel den Dienst. Er sei «keine Galions­fi­gur für diese Bratwurstbude».

Nach dem überra­schen­den Rücktritt des PEN-Präsi­den­ten Deniz Yücel ist eine Neuaus­rich­tung der Schrift­stel­ler­ver­ei­ni­gung nötig. Die Mitglie­der­ver­samm­lung des PEN-Zentrums Deutsch­land wollte am Samstag erneut im thürin­gi­schen Gotha zusammentreffen.

Am Freitag hatten Mitglie­der appel­liert, endlich wieder zu Sachlich­keit zurück­zu­keh­ren — fraglich ist, ob das rasch gelingt. An Sicht­bar­keit hat PEN mit den teils öffent­lich ausge­tra­ge­nen Strei­te­rei­en der letzten Monate gewon­nen, an Ansehen wohl nicht.

Für seinen Rücktritt fand Yücel am Abend keine sachli­che Formu­lie­rung: «Ich will keine Galions­fi­gur für diese Bratwurst­bu­de sein», sagte der 48-Jähri­ge der Deutschen Presse-Agentur. Der Journa­list erklär­te zugleich seinen Austritt aus der Verei­ni­gung. Kurz zuvor war ein Antrag auf die Abwahl von Yücel knapp geschei­tert: Von 161 abgege­be­nen gülti­gen Stimmen votier­ten 75 gegen die Abberu­fung, 73 dafür.

Belei­di­gun­gen und Mobbingvorwürfe

Der 48-Jähri­ge war erst im vergan­ge­nen Oktober an die Spitze des PEN-Zentrums gerückt. Der Führungs­stil der Spitzen­rie­ge und inter­ne Quere­len hatten seither zu hefti­gem Streit in der Verei­ni­gung geführt und diese entzweit. Dabei ging es unter anderem um Belei­di­gun­gen, Mobbing­vor­wür­fe und den Umgangs­ton. Auch in Gotha wurde bei der Jahres­ver­samm­lung über Stunden hitzig und in sehr aufge­brach­ter Stimmung debattiert.

Die Mehrheit der Mitglie­der seien «Wichtig­tu­er und Selbst­dar­stel­ler», die den Verein gekapert hätten und für die verfolg­te Autoren nur Beiwerk seien, rechne­te Yücel am Abend emotio­nal mit der Verei­ni­gung ab. Die schwe­len­den Konflik­te und Spannun­gen wären, wenn nicht in diesem Präsi­di­um, dann in einem anderen ausge­bro­chen. Der 48-Jähri­ge hatte sich schon zum Auftakt des Treffens mit Buh-Rufen und Belei­di­gun­gen konfron­tiert gesehen.

Das PEN-Zentrum Deutsch­land hat nach eigenen Angaben 770 Mitglie­der und ist eine der weltweit mehr als 140 Schrift­stel­ler­ver­ei­ni­gun­gen, die im inter­na­tio­na­len PEN vereint sind. Die drei Buchsta­ben stehen für die Wörter Poets, Essay­ists und Novelists.