Vor den anste­hen­den Beratun­gen zu den Corona-Maßnah­men für Dezem­ber deutet sich noch keine klare Linie an. Fest steht bisher nur: Zumin­dest von den führen­den Unions­po­li­ti­kern will keiner von den Menschen verlan­gen, auf Famili­en­tref­fen an Weihnach­ten zu verzichten.

Obwohl sich in Deutsch­land täglich immer noch Tausen­de Menschen mit dem Corona­vi­rus infizie­ren, halten CDU-Politi­ker ein Weihnachts­fest im Famili­en­kreis für möglich.

Voraus­set­zung dafür ist nach Ansicht von Bundes­wirt­schafts­mi­nis­ter Peter Altmai­er aller­dings, dass notwen­di­ge Entschei­dun­gen bei den anste­hen­den Bund-Länder-Beratun­gen am kommen­den Mittwoch nicht wieder vertagt werden. «Wir brauchen mutige Entschei­dun­gen jetzt, die Wirtschaft und alle Betei­lig­ten wollen Klarheit», sagte der CDU-Politi­ker im Deutschlandfunk.

Die deutschen Gesund­heits­äm­ter haben dem Robert Koch-Insti­tut (RKI) inner­halb von 24 Stunden 22.964 neue Corona-Infek­tio­nen gemel­det. Das waren am Samstag gut 500 Fälle mehr als vor einer Woche. Der Höchst­stand war am Freitag mit 23.648 Fällen erreicht worden.

Nachdem die Zahl der tägli­chen Neuin­fek­tio­nen im Oktober und Anfang Novem­ber stark gestie­gen war, war der Wert zuletzt vergleichs­wei­se stabil. Einen deutli­chen Rückgang gibt es aber bislang nicht, obwohl seit Anfang Novem­ber ein Teil-Lockdown in Deutsch­land gilt. Die Zahl der Todes­fäl­le im Zusam­men­hang mit dem Virus stieg inner­halb eines Tages um 254 auf insge­samt 13.884.

Laut einer Forsa-Umfra­ge im Auftrag der Kaufmän­ni­schen Kranken­kas­se (KKH) bedrückt mehr als die Hälfte der Menschen in Deutsch­land (54 Prozent) die Angst, dass ein Famili­en­mit­glied die Feier­ta­ge im Bett oder gar in einer Klinik verbrin­gen muss — sei es wegen Covid-19 oder einer anderen Krank­heit. Von den rund 1000 Befrag­ten äußer­ten 41 Prozent die Sorge, das Fest wegen der Pande­mie im kleinen Kreis oder sogar allein feiern zu müssen. In einer vergleich­ba­ren Umfra­ge vor zwei Jahren hatten 44 Prozent Angst vor Krank­heit an Weihnach­ten, nach Einsam­keit war damals nicht gefragt worden.

Ziel müsse es sein, ein Weihnachts­fest zu feiern, das diesem Anspruch nahekommt, wenn auch in beschei­de­nem Rahmen, sagte Altmai­er. Das aber sei nur zu schaf­fen, wenn die Infek­ti­ons­zah­len in den nächs­ten Wochen nachhal­tig gesenkt würden.

Am Mittwoch wollen die Länder­chefs zusam­men mit Bundes­kanz­le­rin Angela Merkel (CDU) in einer Schalt­kon­fe­renz über das weite­re Vorge­hen entschei­den. Am vergan­ge­nen Montag hatte die Runde zunächst keine weite­ren Verschär­fun­gen der Maßnah­men verein­bart. Seit Anfang Novem­ber sind deutsch­land­weit alle Freizeit- und Kultur­ange­bo­te auf Eis gelegt, Bars, Cafés und Restau­rants sind geschlos­sen. Der Teil-Lockdown war zunächst bis Ende des Monats befris­tet worden.

«Es ist für mich nicht vorstell­bar, dass die Großel­tern an Weihnach­ten nicht mitfei­ern», sagte Kanzler­amts­mi­nis­ter Helge Braun (CDU) dem Redak­ti­ons­netz­werk Deutsch­land (Samstag). Wichti­ger als die Anzahl der Menschen, die zusam­men­kom­men, sei, «dass man vorher seine Kontak­te reduziert und darauf achtet, dass niemand Sympto­me hat».

Der Kandi­dat für den CDU-Vorsitz, Fried­rich Merz, appel­lier­te an Bund und Länder, jetzt schon eine klare Perspek­ti­ve für die Feier­ta­ge zu geben. «Man kann doch wohl Mitte Novem­ber schon sagen, dass Weihnach­ten in den Famili­en statt­fin­den kann», sagte Merz dem Berli­ner «Tages­spie­gel» (Sonntag). «Das sollte nicht in Frage gestellt werden. Ich persön­lich sage: Es geht den Staat auch nichts an, wie ich mit meiner Familie Weihnach­ten feiere.»

Skeptisch zeigte sich der frühe­re Unions­frak­ti­ons­chef mit Blick auf Menschen­an­samm­lun­gen bei Silves­ter­par­tys. «Auch was den Jahres­wech­sel betrifft, kann man doch jetzt auch einmal schon einen Ausblick geben: Silves­ter­par­tys können wohl nicht stattfinden.»

Kritik ernte­te Merz von der Deutschen Stiftung Patien­ten­schutz. Deren Vorstand Eugen Brysch sagte, Merz könne heute nicht sagen, ob er zum CDU-Vorsit­zen­den gewählt werde. Von den politisch Verant­wort­li­chen verlan­ge er jedoch, jetzt festzu­le­gen, wie Weihnach­ten in der Pande­mie ausse­hen werde. «Genau das ist die Metho­de, den Frust in der Bevöl­ke­rung wegen der Corona-Regeln zu schüren.»

Aller­dings hatte auch Bundes­kanz­le­rin Angela Merkel (CDU) nach den zurück­lie­gen­den Beratun­gen mit den Länder­chefs angekün­digt, man wolle, was die Corona-Maßnah­men angeht, möglichst bald eine etwas länger­fris­ti­ge Perspek­ti­ve aufzei­gen. Wie die ausse­hen wird, hängt sicher auch von der Zulas­sung erster Impfstof­fe ab.

Das Wirtschafts­ma­ga­zin «Business Insider» hatte unter Berufung auf Länder­krei­se berich­tet, die derzeit gelten­den Maßnah­men könnten bis zum 20. Dezem­ber verlän­gert und die Winter­fe­ri­en bundes­weit bis zum 10. Januar ausge­dehnt werden.

Bundes­ge­sund­heits­mi­nis­ter Jens Spahn (CDU) bewer­te­te den seit Anfang Novem­ber gelten­den Teil-Lockdown als Erfolg. «Der Wellen­bre­cher funktio­niert doch», sagte er der «Welt» (Samstag). «Das exponen­ti­el­le Wachs­tum ist gebro­chen. Wir sind uns einig, dass das nicht reicht. Aber es ist gelun­gen — einmal mehr.» Angesichts der hohen Zahl älterer Menschen in Deutsch­land sei es wichtig, ständig auch die Kapazi­tät der Inten­siv­sta­tio­nen im Blick zu haben. «Ich will, dass wir die Welle brechen, bevor unnötig viel Leid in den Kranken­häu­sern entsteht», beton­te Spahn.

Der FDP-Vorsit­zen­de Chris­ti­an Lindner wider­sprach in einem «Welt»-Streitgespräch dem Minis­ter und warf der Regie­rung Strate­gie­lo­sig­keit vor. «Meine Befürch­tung ist: Wir
finden aus dem aktuel­len Novem­ber-Lockdown in diesem Jahr nicht
wieder raus», sagte Lindner. Er bekräf­tig­te seine Positi­on, dass mit einem besse­ren Schutz der Risiko­grup­pen die Schlie­ßung von Gastro­no­mie, Kultur, Freizeit und Sport unnötig gewesen wäre.