STUTTGART (dpa/lsw) — Die ersten Modell­pro­jek­te geben bereits Hoffnung. Nun macht das Land den Weg frei für weite­re Öffnungs­ver­su­che. Aufat­men vor allem im Touris­mus und in der Kultur. Aller­dings könnte sich das eine oder andere Projekt als Modell bald erledigt haben.

Ein Blaskon­zert oder ein Fußball­tur­nier? Eine durch­tanz­te Nacht oder Schluss­ap­plaus nach dem Theater­abend? Ewig scheint das angesichts der langen Corona-Zwangs­pau­se her zu sein. Nun macht das Land wegen der konstant sinken­den Infek­ti­ons­zah­len den Weg frei für weite­re Modell­pro­jek­te im Touris­mus, in Kultur, im Sport und in der Clubsze­ne. 19 Versu­che können an den Start gehen, um Konzep­te für eine Zukunft mit weiter gesun­ke­nen Corona-Zahlen zu erpro­ben, wie das Gesund­heits­mi­nis­te­ri­um am Samstag in Stutt­gart mitteil­te. Voraus­set­zung: eine stabi­le Inzidenz von unter 100 im jewei­li­gen Land- oder Stadtkreis.

Ausge­wählt wurden unter anderem Projek­te für Chor- und Orches­ter­kon­zer­te, für Sehens­wür­dig­kei­ten, für die Freilicht­spie­le in Schwä­bisch Hall und Ötigheim und das Welfen­fest in Weingar­ten. In Ludwigs­burg sollen Angebo­te für Jugend­li­che umgesetzt und in Ravens­burg zwei Clubs geöff­net werden, der Rems-Murr-Kreis plant sechs Open-Air-Konzer­te im Aspacher Fußball­sta­di­on und Baden-Baden will seine Casinos und Spiel­hal­len öffnen.

«Das ist das richti­ge Signal zum richti­gen Zeitpunkt», sagte der Landrat des Orten­au­krei­ses, Frank Scherer. «Kinder, Sport und Kultur sind in der Pande­mie abgehängt worden. Deshalb ist es gut, dass wir nun hier zuerst weiter­ge­hen­de Öffnun­gen versu­chen können.» In seinem Kreis plant der Südba­di­sche Fußball­ver­band die «Mini-Fußball­spiel­ta­gen», die Stadt Achern ist mit neun Musik­ver­ei­nen bei einem Projekt mit dabei. «Das Projekt soll als Vorbild für andere Verei­ne dienen», sagte Scherer.

Aller­dings könnte sich das eine oder andere Projekt als Modell bald auch schon wieder erledigt haben: Denn mit der geplan­ten neuen Corona-Verord­nung soll es Städten und Kreisen mit einer Inzidenz unter 50 auch erlaubt werden, unmit­tel­bar in die nächs­te Öffnungs­stu­fe einzu­tre­ten und Aufla­gen zu lockern. «Es braucht damit kein zeitli­ches Durch­lau­fen der einzel­nen Öffnungs­schrit­te», teilte das Minis­te­ri­um mit. Dank dieser generel­len Öffnungs­per­spek­ti­ve könnten zahlrei­che einge­reich­te Modell­vor­ha­ben regulär im Rahmen der Corona-Verord­nung umgesetzt werden, teilten Städte­tag, Gemein­de­tag und Landkreis­tag mit. Land und kommu­na­le Landes­ver­bän­de hatten das Auswahl­ver­fah­ren gemein­sam organisiert.

Für mehr als die Hälfte der Städte und Kreise im Land könnte das in Frage kommen. Denn landes­weit lag die Sieben-Tage-Inzidenz am Samstag nach Angaben des Landes­ge­sund­heits­am­tes bei 43,9 Anste­ckun­gen pro 100 000 Einwoh­ner. 26 der insge­samt 44 Stadt- und Landkrei­se unter­schrei­ten nach aktuel­lem Stand die 50er-Inzidenz­schwel­le und keine einzi­ge Region liegt noch bei einer dreistel­li­gen Inzidenz.

Insge­samt gingen nach Angaben des Minis­te­ri­ums 83 Anträ­ge für die Modell­pro­jek­te ein, fast jeder zweite (39) aus der Kultur. «Der Anteil von gut 50 Prozent zeigt, wie dringend gerade diese Branche Öffnungs­per­spek­ti­ven braucht», sagte Gesund­heits­mi­nis­ter Manne Lucha (Grüne). Die Auswahl sei nicht leicht­ge­fal­len. Krite­ri­en seien die wissen­schaft­li­che Beglei­tung gewesen und die Frage, wie sehr sich die Projek­te auf die jewei­li­gen Lebens­be­rei­che oder die Branche übertra­gen ließen. Auch die Quali­tät von Test- und Hygie­ne­kon­zep­ten sowie die digita­le Nachver­fol­gung von Kontak­ten hätten eine Rolle gespielt.

Der Europa­park (Orten­au­kreis) hatte den Zuschlag bereits erhal­ten und vor einer Woche geöff­net. Eigent­lich dürfen Freizeit­parks in Baden-Württem­berg erst in einer dritten Öffnungs­stu­fe wieder Besucher empfan­gen — also frühes­tens etwa einen Monat nach dem Außer­kraft­tre­ten der sogenann­ten Bundes-Notbrem­se im jewei­li­gen Kreis. Nun findet sich auch der Erleb­nis­park Trips­drill unter den Modell­pro­jek­ten wieder. «Es ist eine Erleich­te­rung, jetzt eine Perspek­ti­ve zu haben», sagte Parkspre­cher Birger Meier­jo­hann der «Heilbron­ner Stimme». Wenn das Modell­pro­jekt im Europa­park positiv bewer­tet werde, «wovon wir alle ausge­hen», so Meier­jo­hann, dann wäre der 8. Juni ein mögli­cher Start­ter­min für alle anderen Freizeitparks.