FRIEDRICHSHAFEN — Pierre Pujol und Nicolas Maréchal kennen sich schon ewig – und nicht nur das: Der Berli­ner Zuspie­ler und der Außen­an­grei­fer aus Fried­richs­ha­fen sind beste Freun­de. Die Volley­ball Bundes­li­ga hat mit den beiden Franzo­sen vor dem Topspiel zwischen den BERLIN RECYCLING Volleys und dem VfB Fried­richs­ha­fen (Mittwoch, 20:00 Uhr live auf SPORT1) über gemein­sa­me Erinne­run­gen und Rivali­tät gespro­chen und klärt dazu die Fragen, warum Pujols Kumpel nicht in dessen Dream-Team auftaucht und warum Maréchal wohl nie mehr Bürger­meis­ter von Tourco­ing wird.

Pierre, Nicolas — man sagt euch nach, ihr wärt quasi untrenn­bar. Wann hattet ihr vor unserem Gespräch das letzte Mal Kontakt?

Beide: [LACHEN]

Pierre Pujol: Das muss so zehn Minuten her sein.

Nicolas Maréchal: Ja, da hat er mir ein Foto geschickt – einen Witz.

Worüber sprecht ihr am meisten?

Nicolas: Pierre, fang du mal an.

Pierre: Eigent­lich über alles.

Nicolas: Ja, zum Beispiel über unseren letzten Sommer­ur­laub. Wir sind echt oft in Kontakt.

Ihr verbringt sogar euren Urlaub zusammen?

Nicolas: Ja, die letzten zwei oder drei Jahren war ich mit meiner Familie immer bei Pierre in Cannes. Es ist ja auch so, dass nicht nur wir beide gut befreun­det sind, sondern auch unsere Frauen

Pierre: In diesem Jahr wollen wir das mal umdre­hen und in den Norden fahren, um Nico zu besuchen.

Ihr seid richtig gute Freun­de – könnt ihr euch noch erinnern, wo ihr euch zum ersten Mal über den Weg gelau­fen seid?

Pierre: Puh, da müssen wir gegen­ein­an­der gespielt haben.

Nicolas: Ja, stimmt und ich mochte dich am Anfang überhaupt nicht.

Pierre: Bei mir war das anders. Als ich ihn das erste Mal gesehen habe, war ich gleich hin und weg.

Beide: [LACHEN]

Was ist die beste Erinne­rung, die ihr beiden im Volley­ball teilt?

Pierre: La Réuni­on… [LACHT]

Nicolas [LACHT]: Nein, das war auf jeden Fall der EM-Titel 2015 mit Frankreich.

Und was hat es mit La Réuni­on auf sich?

Pierre: Ach, das war ein Jugend­tur­nier. Da hat man Drei-gegen-Drei gespielt. Das hat eine Woche oder zehn Tage gedau­ert und war wie Urlaub.

Wie sieht es mit gemein­sa­men Erinne­run­gen abseits des Sports aus?

Nicolas: Wir haben oft zusam­men gefeiert.

Welches war die letzte oder die beste Party, an die ihr euch erinnert?

Pierre: Wir erinnern uns selten an Partys.

Beide: [LACHEN]

Wohl wahr, an die guten Partys erinnert man sich nicht … Aber ihr erinnert euch sicher an die Stärken des anderen auf und neben dem Court?Nicolas: Pierre kann einfach nicht verlie­ren, er will immer gewin­nen und dafür tut er alles. Neben dem Spiel­feld ist es nie langwei­lig mit ihm, er hat immer was zu erzäh­len. Wenn du eine Stunde mit Pierre unter­wegs bist, spricht er 59 Minuten und du eine. [LACHT]

Pierre, dann würde sich jetzt ja anbie­ten, dass du sagst, Nicolas ist ein guter Zuhörer…

Pierre: Absolut. Nico ist ein Typ mit einem guten Charak­ter. Auf dem Feld mag ich seine Art zu spielen. Er kommt nicht über die Kraft, sondern über die Technik. Selbst wenn er einen Fehler macht, kann er den Ball noch kontrol­lie­ren, das macht ihn so stark.

Trotz­dem hast du für ein Spiel­tags­ma­ga­zin der BR Volleys zuletzt dein Dream-Team zusam­men­ge­stellt, in dem Nicolas fehlt. Warum ist er da eigent­lich nicht drin?

Nicolas: Ja, warum eigent­lich nicht?

Pierre [LACHT]: Das muss ein Fehler sein. Ich habe ihn gleich als erstes genom­men. Er ist sogar der Kapitän.

Ich kann ihn aber darin nicht finden…

Pierre: Dann muss ich noch mal mit unserer Presse­ab­tei­lung sprechen, wo Nico geblie­ben ist.

Lasst uns zu einem anderen Thema kommen, das uns alle beschäf­tigt: die Pande­mie. Was vermisst ihr gerade am meisten?

Pierre: Meine Frau. Sie lebt in Cannes und kann mich zurzeit hier in Berlin nicht besuchen.

Nicolas: Ach, bist du süß! Das ist so cool.Pierre: Klar, ich vermis­se meine Familie, meine Freun­de, aber auch einfach mal mit Leuten ins Café zu gehen.

Nicolas: Bei mir sieht das ähnlich aus. Ich habe das Glück, dass meine Familie mich zumin­dest alle paar Wochen besuchen kommen kann. Aber ansons­ten ist der Rhyth­mus Training-Wohnung-Training-Wohnung gerade schon ziemlich ermüdend.

Ist es eigent­lich ein Unter­schied für euch auf dem Feld, dass keine Zuschau­er in der Halle sind?

Pierre: Absolut! Ohne Fans ist es unglaub­lich schwer, mit der gleichen Energie und Menta­li­tät zu spielen, als wenn Zuschau­er da wären.

Nicolas: Motiva­ti­on ist auch so eine Sache. Die Unter­stüt­zung der Fans treibt dich an, wenn du einen guten Punkt machst oder baut dich auf, wenn es nicht so läuft. Das fehlt total.

Ihr seid beide schon eine ganze Weile im Volley­ball unter­wegs, habt eine Reihe unter­schied­li­cher Vereins­sta­tio­nen hinter euch. Wenn ihr mal auf den jeweils anderen schaut, welchen Wechsel fandet ihr am besten und welchen konntet ihr gar nicht verstehen?

Nicolas: Der Wechsel nach Itali­en zu Trevi­so war mit Sicher­heit der beste Schritt, den er machen konnte. Er war jung und Trevi­so war damals eines der besten Teams überhaupt. Nicht so recht verstan­den habe ich, warum er aus Berlin zurück nach Frank­reich gegan­gen ist. Klar, er wollte wieder näher bei seiner Familie sein, aber er hatte davor eine so gute Saison gespielt, dass er auch weiter bei einem Topklub hätte spielen können.

Pierre: Nico hatte doch in 20 Jahren auch 20 Klubs, da muss ich erstmal überle­gen… Vermut­lich sein Wechsel nach Russland in die vielleicht stärks­te Liga. Und überhaupt nicht verstan­den habe ich, warum er überhaupt angefan­gen hat zu wechseln. Er hätte in Tourco­ing bei seinem ersten Klub in Frank­reich bleiben sollen. Da war er der König, der Paolo Maldi­ni von Tourco­ing. Eigent­lich hätte er da für 20 Jahre bleiben müssen, mit Tourco­ing die Champi­ons League gewin­nen und Bürger­meis­ter werden.

Nicolas, hast du vor deinem Wechsel nach Fried­richs­ha­fen mit Pierre darüber gesprochen?

Nicolas: Ich weiß es gar nicht mehr. Nicht konkret über den VfB, mehr über die Liga, das Leben und den Bierpreis in Deutschland.

Das Bier ist billi­ger als in Frank­reich, oder?

Nicolas: Darum habe ich unter­schrie­ben. [LACHT]

Als du gewech­selt bist, hast du gesagt, du kommst auch, um Berlin ein bisschen zu ärgern. Wie gut funktio­niert das bis hierher?

Nicolas: Naja, wir sind Erster – läuft also ganz gut für uns.

Ihr seid seit zwölf Spielen in der Liga ungeschla­gen. Was macht die Mannschaft so stark?

Nicolas: Wir haben ein gutes Team mit einer tollen Mischung aus starken jungen, aber auch ein paar erfah­re­nen Spielern. Das passt einfach gut zusammen.

Du gehörst du den erfah­re­nen Spielern. Lassen sich denn die jungen Tipps von dir geben?

Nicolas: Klar können wir den jünge­ren Spielern Ratschlä­ge geben, aber am Ende entschei­den sie, ob sie die auch anneh­men. Bei kleinen Sachen können wir sie da sicher unter­stüt­zen. Ich würde aber zum Beispiel Linus Weber niemals Tipps zum Angriff geben – das macht er besser als ich.

Pierre, du hast mit den BR Volleys jetzt achtmal in Folge gewon­nen. Erinnerst du dich noch an die letzte Nieder­la­ge in der Liga?

Pierre: Das war Fried­richs­ha­fen, oder?

Genau. Was hat sich bei euch seit dem Spiel im Novem­ber verändert?

Pierre: Eine Menge. Damals hatten wir viele Verlet­zun­gen, waren ein neues Team, mussten mit der Covid-Situa­ti­on klarkom­men. Mittler­wei­le sind wir stabi­ler, einfach ein besse­res Team.

Was müsst ihr anders machen als im Hinspiel, um am Mittwoch zu gewinnen?

Pierre: Erstmal müssen wir das erste Spiel aus den Köpfen strei­chen. Wir müssen unser Spiel machen und das abrufen, was wir drauf­ha­ben. Dann haben wir auch eine Chance zu gewin­nen. Für uns ist das Spiel natür­lich wichtig, aber noch wichti­ger werden dann die Playoffs.

Jetzt steht ihr euch am Mittwoch als gute Freun­de am Netz gegen­über. Ist das immer noch eine merkwür­di­ge Situa­ti­on oder habt ihr euch daran gewöhnt?

Nicolas: Für mich ist das nicht merkwür­dig, sondern eigent­lich lustig. Ich spiele gerne gegen Freun­de, weil man sich da am Netz in die Augen schau­en und auch mal einen Witz machen kann.

Zum Abschluss die unver­meid­li­che Frage: Wer gewinnt am Mittwoch?

Pierre: Nico, du fängst an!

Nicolas [LACHT]: Na gut, dann begin­ne ich. Das wird auf jeden Fall ein ganz enges Spiel. Ich hoffe, mit dem besse­ren Ende für uns, weil wir dann eine richtig gute Chance haben, die Haupt­run­de auf Platz eins zu beenden.

Pierre: Unsere Motiva­ti­on ist groß, das Spiel zu gewin­nen, weil wir sonst Platz eins vor den Playoffs ziemlich sicher abschrei­ben können. Daher gehe ich davon aus, dass wir gewinnen.