ISTANBUL (dpa) ‑Die türki­schen Medien sprechen jetzt schon von der «Katastro­phe des Jahrhun­derts»: Noch immer werden viele Tote unter den Trümmern vermu­tet. Doch in einigen Regio­nen sind die Suchar­bei­ten beendet.

Zwei Wochen nach der Erdbe­ben­ka­ta­stro­phe im türkisch-syrischen Grenz­ge­biet sind die Suchar­bei­ten in den meisten betrof­fe­nen Provin­zen in der Türkei zu Ende gegan­gen. Nur in den Provin­zen Kahra­man­ma­ras und Hatay werde weiter nach Verschüt­te­ten gesucht, sagte der Afad-Vorsit­zen­de Yunus Sezer gestern vor Journa­lis­ten in Ankara.

Insge­samt fast 47.000 Tote wurden inzwi­schen regis­triert, mehr als 41.000 allein in der Türkei. Doch auch wenn die türki­schen Medien oft von der «Katastro­phe des Jahrhun­derts» sprechen, wird das wahre Ausmaß erst nach und nach deutlich.

Allein in Syrien seien 8,8 Millio­nen Menschen von den Folgen betrof­fen, schrieb die stell­ver­tre­ten­de UN-Syrien­be­auf­trag­te Najat Rochdi gestern auf Twitter. Der Afad-Vorsit­zen­de Yunus Sezer schätz­te, dass mehr als 1,2 Millio­nen Menschen die betrof­fe­ne Region in der Türkei verlas­sen haben. Über eine Milli­on Betrof­fe­ne seien derzeit in Notunterkünften.

US-Außen­mi­nis­ter Antony Blinken erklär­te, dass die US-Regie­rung die Erdbe­ben­hil­fe für die Türkei und Syrien um weite­re 100 Millio­nen US-Dollar (rund 93 Millio­nen Euro) auf insge­samt 185 Millio­nen US-Dollar aufstocke.

Auch die Nato betei­ligt sich an den Hilfs­ak­tio­nen und berei­tet in der Türkei den Aufbau ein Camps mit Notun­ter­künf­ten für mindes­tens 4000 Menschen vor. Ein Fracht­schiff mit 600 Contai­nern dafür habe am Sonntag­abend den Hafen der italie­ni­schen Stadt Taran­to verlas­sen, teilte ein Bündnis­spre­cher mit. Es solle im Laufe der Woche in der türki­schen Stadt Isken­de­run ankom­men. Daneben koordi­niert die Nato nach eigenen Angaben derzeit auch eine Luftbrü­cke für den Trans­port von Zelten aus Pakistan in die Türkei.

Schon mehr als 6000 Nachbeben

Neben der existen­ti­el­len Not und der Trauer über tote Angehö­ri­ge ist es auch die Angst vor dem nächs­ten Beben, die den Betrof­fe­nen zu schaf­fen macht. Insge­samt seien inner­halb von 13 Tagen nach dem Beben mehr als 6000 Nachbe­ben regis­triert worden, teilte die Katastro­phen­schutz­be­hör­de Afad am Sonntag mit. So viele würden norma­ler­wei­se in vier Monaten gezählt.

Wie außer­ge­wöhn­lich groß das betrof­fe­ne Erdbe­ben­ge­biet allein in der Türkei ist, zeigt ein Blick auf die nackten Zahlen: Nach Angaben aus dem Forst­mi­nis­te­ri­um erstreckt sich das betrof­fe­ne Gebiet über eine Fläche von 103.000 Quadrat­ki­lo­me­tern und umfasst eine Bevöl­ke­rung von 13,5 Millio­nen Menschen. Das entspricht demnach 17 Prozent der Gesamt­be­völ­ke­rung der Türkei.

Im Bürger­kriegs­land Syrien war die Lage für viele Menschen schon vor den Beben verhee­rend. Laut UN benötig­ten schon zuvor mehr als 15 Millio­nen Menschen irgend­ei­ne Form von Hilfe.

Menschen in Syrien brauchen Hilfe

Und etwa zwei Wochen nach den Beben haben im Nordwes­ten Syriens noch immer nicht alle Menschen Nothil­fe erhal­ten. «Wir stehen noch am Anfang und haben das Schlimms­te noch nicht gesehen», sagte der für Syrien zustän­di­ge UN-Nothil­fe­ko­or­di­na­tor, Muhan­nad Hadi, der dpa.

Bisher fuhren seit der Katastro­phe mehr als 140 Lastwa­gen mit UN-Hilfs­gü­tern aus der Türkei in den von Rebel­len kontrol­lier­ten Nordwes­ten Syriens. Dort wurden mehr als 9000 Gebäu­de komplett oder teilwei­se zerstört, mindes­tens 11.000 Menschen verlo­ren ihr Zuhause.

Am 6. Febru­ar morgens früh hatte ein Beben der Stärke 7,7 die Südost­tür­kei und den Norden Syriens erschüt­tert, Stunden später folgte ein zweites schwe­res Beben der Stärke 7,6.