STUTTGART — Zwölf weite­re Betrie­be im Land können voraus­sicht­lich ab Mitte Mai einen Teil ihrer Mitar­bei­te­rin­nen und Mitar­bei­ter impfen. In Abspra­che mit den Indus­trie- und Handels­kam­mern (IHK) hat das Minis­te­ri­um für Sozia­les und Integra­ti­on weite­re Modell­pro­jek­te ausge­wählt – eines aus jedem IHK-Bezirk. 

Die Unter­neh­men gehören allesamt zur sogenann­ten kriti­schen Infra­struk­tur. „Das Engage­ment der Wirtschaft ist wirklich beein­dru­ckend. Noch fehlt uns leider der notwen­di­ge Impfstoff und die Voraus­set­zun­gen des Bundes, damit die Impfun­gen durch die Betriebs­ärz­tin­nen und ‑ärzte richtig anlau­fen können. Nichts­des­to­trotz wollen wir in Baden-Württem­berg jetzt mit weite­ren zwölf Modell­pro­jek­ten an den Start gehen, sodass wir bestmög­lich vorbe­rei­tet sind“, sagte Gesund­heits­mi­nis­ter Manne Lucha am Freitag  in Stuttgart.

Bund muss Regelun­gen für Impfstoff­lie­fe­run­gen an Betriebs­ärz­te treffen

Anläss­lich der Modell­pro­jek­te sollen offene Fragen zum Impfen in Betrie­ben geklärt werden. Die entspre­chen­den Unter­neh­men erhal­ten dafür Impfstoff aus dem Kontin­gent des Landes – jeweils über ein nahe gelege­nes Impfzen­trum. Auch deshalb ist nur eine begrenz­te Zahl von Modell­pro­jek­ten möglich, da die Impfzen­tren den Impfstoff selbst sehr effek­tiv verimp­fen. Bei der bisher von den Herstel­lern und vom Bund zur Verfü­gung gestell­ten Impfstoff­men­ge arbei­ten auch die meisten Impfzen­tren des Landes noch nicht unter Volllast. Baden-Württem­berg fordert deshalb vom Bund, dass die Betriebs­ärz­tin­nen und ‑ärzte den Corona-Impfstoff für flächen­de­cken­de Impfun­gen in Unter­neh­men direkt über den Pharma­groß­han­del bestel­len können sollten.

Dafür muss die Bundes­re­gie­rung in der Corona-Impfver­ord­nung die notwen­di­gen Regelun­gen treffen. Dort ist geregelt, dass die Abrech­nung der Impfleis­tung über die jewei­li­gen Kassen­ärzt­li­chen Verei­ni­gun­gen erfol­gen soll. Die prakti­sche Umset­zung wirft aktuell noch Fragen auf, die der Bund dringend noch zu klären hat.

Flächen­de­cken­der Einstieg in das Impfen in Betrie­ben voraus­sicht­lich im Juni

Nach den Liefer­pro­gno­sen von Herstel­lern und Bundes­re­gie­rung sollen im Juni wöchent­lich rund 3 Millio­nen Impfdo­sen von Biontech für die nieder­ge­las­se­nen Praxen und Betriebs­ärz­te zur Verfü­gung stehen. Liefer­pro­gno­sen der übrigen Herstel­ler liegen aktuell noch nicht vor. Damit können voraus­sicht­lich ab Anfang Juni auch in Baden-Württem­berg die inter­es­sier­ten Unter­neh­men flächen­de­ckend in die Impfun­gen ihrer Beleg­schaft einstei­gen. Wenn die Priori­sie­rung aufge­ho­ben wird, können die Unter­neh­men dann nach und nach ihrer gesam­ten Beleg­schaft ein Impfan­ge­bot machen.

Bürge­rin­nen und Bürger, die kein Impfan­ge­bot über ihren Arbeit­ge­ber bekom­men, können wie bisher die Impfun­gen in den Impfzen­tren und bei nieder­ge­las­se­nen Ärztin­nen und Ärzten wahrneh­men. „Viele Unter­neh­men würden am liebs­ten heute schon starten. Doch es hängt – wie aktuell so vieles – am Impfstoff. Als Wirtschafts­stand­ort hat Baden-Württem­berg mit den zahlrei­chen engagier­ten Unter­neh­men, die ihren Beschäf­tig­ten ein Impfan­ge­bot machen möchten, eine starke dritte Säule für die Impfkam­pa­gne. Diesen Unter­neh­men muss der Bund rasch eine Perspek­ti­ve geben. Wenn genug Impfstoff kommt, werden wir dann damit sehr rasch sehr viele Menschen impfen können. Ich bin sehr froh, dass die Unter­neh­men vorbe­rei­tet sind, um in das Impfen einzu­stei­gen, sobald es möglich ist. Das Impfen im Betrieb ist auch ein wichti­ger Baustein für die Zukunft, wenn tatsäch­lich routi­ne­mä­ßig ein- bis zweimal jährlich Auffrisch-Impfun­gen notwen­dig werden. Wie heute schon bei der Grippe­schutz­imp­fung werden die Betriebs­ärz­tin­nen und ‑ärzte auch dann eine wichti­ge Säule der Corona-Impfun­gen sein“, so Minis­ter Lucha.

Organi­sa­ti­on der Modellprojekte

Die für die Modell­pro­jek­te vorge­se­he­nen Unter­neh­men wurden heute über die Auswahl infor­miert. Die organi­sa­to­ri­schen Details werden aktuell noch geklärt, zum Beispiel der konkre­te Start der einzel­nen Modell­pro­jek­te. Denn dieser hängt davon ab, ob der Impfstoff auch wie angekün­digt ins Land gelie­fert wird. Die Projek­te werden zeitver­setzt starten, die ersten voraus­sicht­lich ab Mitte Mai. Abhän­gig von der Betriebs­grö­ße werden die einzel­nen Modell­be­trie­be bis zu 1.000 Impfdo­sen erhal­ten. „Das Impfen in den Unter­neh­men wird auch nach Überwin­dung der Pande­mie eine zentra­le Rolle spielen. Die dann sehr wahrschein­lich jährlich notwen­di­gen ein- bis zweima­li­gen Schutz­imp­fun­gen könnten zum großen Teil über die Betriebs­ärz­te erfol­gen, wie heute schon die norma­len Grippe­schutz­imp­fun­gen“, so Schmalzl.

Ausge­wählt wurden die folgen­den Betrie­be der kriti­schen Infrastruktur:

  • Boehrin­ger Ingel­heim Pharma GmbH & Co KG (Arznei­mit­tel und Medizin­pro­duk­te), Biber­ach an der Riß (IHK Ulm)
  • Aescu­lap AG (Medizin­tech­nik), Tuttlin­gen (IHK-Region Schwarzwald-BaarHeuberg)
  • Vetter Pharma-Ferti­gung GmbH & Co.KG (Arznei­mit­tel und Medizin­pro­duk­te), Ravens­burg (IHK Bodensee-Oberschwaben)
  • Bäcke­rei Heitzmann GmbH & Co. KG (Lebens­mit­tel­ver­sor­gung), Bad Krozin­gen (IHK Südli­cher Oberrhein)
  • Carl Zeiss AG (Medizin­tech­nik), Oberkochen/Aalen (IHK Ostwürttemberg)
  • Marbach-Gruppe: Karl Marbach GmbH & Co. KG und Marbach Werkzeug­bau GmbH (Intakt­hal­tung der Liefer­ket­ten zur Versor­gung mit Lebens­mit­teln, Arznei­mit­teln und sonsti­gen Gütern des tägli­chen Bedarfs), Heilbronn (IHK Heilbronn-Franken)
  • Mineral­oel­raf­fi­ne­rie Oberrhein GmbH & Co. KG (Energie­ver­sor­gung), Karls­ru­he (IHK Karlsruhe)
  • Endress+Hauser SE+CO. KG (Erhal­tung der Liefer­ket­ten zur Versor­gung mit Lebens­mit­teln, Arznei­mit­teln, Wasser, Energie und weite­ren lebens­not­wen­di­gen Gütern), Maulburg (IHK Hochrhein-Bodensee)
  • MVV Energie AG (Energie­ver­sor­gung), Mannheim (IHK Rhein-Neckar)
  • J.Schmalz GmbH (Pharma­zeu­ti­sche Produk­te für Lebens­mit­tel- und Verpa­ckungs­in­dus­trie u.a. COVID-19-Impfstoff­am­pul­len sowie Impfstoff­ge­bin­den mit Trocken­eis), Glatten (IHK Nordschwarzwald)
  • Erbe Elektro­me­di­zin GmbH (Medizi­ni­sche Versor­gung von Klini­ken und Arztpra­xen mit lebens­er­hal­ten­den Medizin­pro­duk­ten und Verbrauchs­gü­ter), Tübin­gen / Rangen­d­in­gen (IHK Reutlingen)
  • Flugha­fen Stutt­gart GmbH (Trans­port und Logis­tik in allen Berei­chen, Intakt­hal­tung globa­ler Liefer­ket­ten), Stutt­gart (IHK Region Stuttgart)