TURIN (dpa) — Eigent­lich war es schon klar, wer gewinnt. Doch am Ende ist es beim Eurovi­si­on Song Contest (ESC) doch ein Herzschlag-Finale geworden.

Die Ukrai­ne hat den Eurovi­si­on Song Contest 2022 gewon­nen. Das Kalush Orches­tra siegte mit dem Hiphop-Lied «Stefa­nia».

Damit erfüll­ten sich Erwar­tun­gen vieler Beobach­ter, dass das Fernseh­pu­bli­kum ein Zeichen der Solida­ri­tät inmit­ten des russi­schen Angriffs­kriegs setzt. Deutsch­land lande­te bei dem Gesangs­wett­be­werb im italie­ni­schen Turin in der Nacht zum Sonntag auf dem letzten Platz.

TV-Zuschau­er für Sieg entscheidend

Entschei­dend für den Sieg der Ukrai­ner waren die TV-Zuschau­er. Das Publi­kum konnte wie immer über den Sieger mit abstim­men, jedoch nicht für das eigene Land. Die Hälfte der Punkte kommt von natio­na­len Fachju­rys. Die Juroren hatten Songs anderer Länder an die Spitze gewählt. Da die Ukrai­ner aber aus fast allen teilneh­men­den Ländern 12 Punkte des Publi­kums bekamen — der Mittel­wert lag bei 11,3 — lande­ten sie mit 631 Punkten deutlich vor dem briti­schen Sänger Sam Ryder («Space Man»), der 466 Punkte einheimste.

Der Grand Prix war in diesem Jahr unter dem Eindruck des russi­schen Einmar­sches in die Ukrai­ne so politisch wie lange nicht mehr. Russland war wegen des Kriegs vom ESC ausge­schlos­sen worden.

Emotio­na­ler Appell an Weltgemeinschaft

Die ukrai­ni­schen Musiker forder­ten am Ende ihres viel umjubel­ten Auftritts die Weltge­mein­schaft zur Unter­stüt­zung auf. Sänger Oleh Psjuk sagte auf der Bühne: «I ask all of you: Please help Ukrai­ne, Mariu­pol, help Asov stal — right now» (Ich bitte Euch alle: Helft der Ukrai­ne, Mariu­pol und den Menschen im Asow-Stahlwerk).

Laut Regel­werk sind «Texte, Anspra­chen und Gesten politi­scher Natur» auf der ESC-Bühne expli­zit verbo­ten. Die Veran­stal­ter äußer­ten jedoch Verständ­nis. «Wir verste­hen die starken Gefüh­le, wenn es dieser Tage um die Ukrai­ne geht, und betrach­ten die Äußerun­gen des Kalush Orches­tra und anderer Künst­ler zur Unter­stüt­zung des ukrai­ni­schen Volks eher als humani­tä­re Geste und weniger als politisch», sagte ein Sprecher der Europäi­schen Rundfunk­uni­on EBU auf dpa-Anfrage.

Starkes Line-Up aus 25 Ländern

Künst­ler und Künst­le­rin­nen aus 25 Ländern gingen bei der mehr als zweistün­di­gen Show an den Start. Manchen Beobach­tern und ESC-Kennern zufol­ge war das diesjäh­ri­ge Line-Up aus Country‑, Pop‑, Techno- und Rocksongs sowie Balla­den eines des stärks­ten in den vergan­ge­nen Jahren mit profes­sio­nel­len Auftrit­ten und starken Singstimmen.

Deutsch­land lande­te einmal mehr ganz hinten. Der 24-jähri­ge Malik Harris aus Bayern bekam für seinen Song «Rockstars» den letzten der 25 Plätze. Im vergan­ge­nen Jahr war Deutsch­land auf dem vorletz­ten Platz mit Jendrik und «I Don’t Feel Hate» gelan­det. Die Bundes­re­pu­blik hat den ESC bisher zweimal gewon­nen: 1982 mit Nicole («Ein bisschen Frieden») und 2010 mit Lena («Satel­li­te»).