BAD SCHUSSENRIED – Knapp zwei Jahrzehn­te lang war Barba­ra John als katho­li­sche Klinik­seel­sor­ge­rin im ZfP Südwürt­tem­berg am Stand­ort Bad Schus­sen­ried tätig. Nun verab­schie­det sich die Pasto­ral­re­fe­ren­tin mit einem Sabbat-Jahr aus dem Dienst.

Ganz ungeplant sei sie vor beina­he zwanzig Jahren in der Klinik­seel­sor­ge des ZfP Südwürt­tem­berg gelan­det, erzählt Barba­ra John. Ihr Vorgän­ger hatte sich für ein Sabbat-Jahr entschie­den und eine Vertre­tung gesucht – zunächst nur als Aushil­fe. Doch bereits nach wenigen Wochen sei ihr klar gewesen, dass sie in Bad Schus­sen­ried einen Anker­platz gefun­den hatte. Mitte 2005 starte­te die Pasto­ral­re­fe­ren­tin dann ganz offizi­ell in ihr Amt. Seither hat sie mit ihrer zupacken­den, begeis­tern­den Art vieles bewegt. Ein ganz beson­de­res Herzens­pro­jekt über all die Jahre hinweg war für sie der ehren­amt­li­che Besuchs­dienst der Klinik. „Der Besuchs­dienst­kreis war gerade ein Jahr zuvor gegrün­det worden und steck­te noch in den Kinder­schu­hen“, erinnert sich John. „Ich bin wirklich stolz darauf, dass sich hier eine so engagier­te Gruppe zusam­men­ge­fun­den hat, die durch ihr Ehren­amt in den vergan­ge­nen zwei Jahrzehn­ten das Leben so vieler Menschen berei­chern konnte.“

Ganz nah am Leben

Einsatz und Hinga­be zeigte die Seelsor­ge­rin auch bei anderen Projek­ten. So koordi­nier­te sie beispiels­wei­se die Neuge­stal­tung des Andachts­raums „Die Mitte“, in dem seither die wöchent­li­chen Abend­got­tes­diens­te „Oase“ statt­fin­den. Auch regel­mä­ßi­ge Theater­auf­füh­run­gen für die ZfP-Weihnachts­fei­ern studier­te sie über viele Jahre mit Patien­ten des Gemein­de­psych­ia­tri­schen Zentrums Biber­ach ein. Fast genau­so lange beglei­te­te John die Anti-Stigma-Tage, eine Koope­ra­ti­ons­ver­an­stal­tung zwischen dem ZfP Südwürt­tem­berg und den Schus­sen­rie­der Schulen. Dabei luden die Klinik­seel­sor­ge­rin­nen Neunt­kläss­ler des Gymna­si­ums, der Realschu­le oder der Werkre­al­schu­le in die Klinik ein. „Für mich war es immer wieder beein­dru­ckend, wie die Schüler auf die Begeg­nung mit psychisch kranken Menschen reagie­ren und welche Fragen sie in sich tragen“, berich­tet die Seelsor­ge­rin. „Manches Vorur­teil sitzt tief, daher finde ich Anti-Stigma-Arbeit ganz beson­ders wichtig.“

Anderen Menschen vorur­teils­frei und offen gegen­über­zu­tre­ten, achtsam und sensi­bel auf die Bedürf­nis­se anderer einzu­ge­hen sowie die Fähig­keit, immer wieder zu inspi­rie­ren und zu unter­stüt­zen – diese Eigen­schaf­ten zeich­nen die Pasto­ral­re­fe­ren­tin aus. „Für mich gab es hier so viele prägen­de Momen­te und manche Schick­sa­le gingen mir beson­ders nahe“, erzählt John. „Wenn ich dann im Gespräch gemerkt habe, da atmet jemand für einen Moment mal wieder richtig durch — das waren für mich die schöns­ten Augen­bli­cke, die mich auch genährt haben. Das war einfach ganz nah am Leben.“ 

Emotio­na­ler Abschied

Wie viele Menschen Barba­ra John in den letzten 19 Jahren mit ihrem Wirken berührt hat, wurde bei der feier­li­chen Verab­schie­dung im Gustav-Mesmer-Haus in Bad Schus­sen­ried deutlich. Rund 100 Wegbe­glei­ter waren der Einla­dung gefolgt und feier­ten gemein­sam mit ihr eine letzte Andacht. Bewegen­de und sehr persön­li­che Grußwor­te kamen unter anderem von der Regio­nal­di­rek­to­rin Dr. Betti­na Jäpel sowie der Pflege­di­rek­to­rin Ilona Herter. Ein „Aktiv­teil­chen“ sei John, die mit Sponta­ni­tät, Humor und Herzens­wär­me für Patien­ten, Bewoh­ner und Mitar­bei­ten­de eine immense Berei­che­rung war: „Ihre Fürsor­ge und ihre Präsenz haben vielen immer wieder Halt und Unter­stüt­zung gegeben.“ Nicht weniger persön­lich und herzlich verab­schie­de­te sich der Sprecher der Besuchs­dienst­grup­pe Bruno Seiler von der langjäh­ri­gen Chefin. „Du warst immer mit so viel Leben und Gefühl dabei – herzli­chen Dank für die tolle Zusam­men­ar­beit“, so Seiler.

Dekanats­re­fe­rent Robert Gerner überbrach­te den ausdrück­li­chen Dank aus dem katho­li­schen Dekanat Biber­ach: „… für alles Geleis­te­te und für das große Herz, dass Du hier all die Jahre gegeben hast.“ Dabei durfte er den Anwesen­den auch noch eine gute Nachricht mit auf den Weg geben, denn die nun vakan­te Stelle in der Klinik­seel­sor­ge konnte bereits nachbe­setzt werden. „Voraus­sicht­lich ab Herbst wird es hier in Bad Schus­sen­ried eine Nachfol­ge­re­ge­lung geben.“

Auch die Seelsor­ge-Kolle­gen der anderen ZfP-Stand­or­te waren gekom­men, um die Pasto­ral­re­fe­ren­tin zu verab­schie­den. Beson­ders Pfarre­rin Claudia Thiel, der evange­li­schen Kolle­gin im Schus­sen­rie­der Team, fällt der Abschied alles andere als leicht: „Mit Barba­ras Weggang verlie­re ich eine ganz wunder­ba­re Kolle­gin mit großem Herz. Sie hat mich hier offen und vorur­teils­frei empfan­gen und so freigie­big ihr großes Fachwis­sen und ihre Kontak­te geteilt, wie ich es in meiner bishe­ri­gen beruf­li­chen Laufbahn noch nie erleben durfte. Ich blicke auf eine tolle, konkur­renz­freie Zusam­men­ar­beit zurück, die leider viel zu kurz war. Sie wird mir sehr fehlen.“

Noch bis Ende April ist Barba­ra John im ZfP Südwürt­tem­berg tätig, danach startet sie in ihr Sabbat-Jahr. „Ich habe zwar kleine­re Ideen für Reisen, aber das kommen­de Jahr ist haupt­säch­lich eine Reise zu mir selbst“, schmun­zelt John. „Die Zeit hier war für mich so inten­siv, das werde ich sehr vermis­sen. Aber ich freue mich jetzt auch darauf, mir Zeit für mich zu nehmen und zu mir zu finden. Wie es danach weiter­geht, überlas­se ich voll und ganz dem Sabbat-Jahr. Ich glaube, was auch immer zu mir kommen soll, das wird kommen. Da hoffe und vertraue ich einfach auch ein bisschen auf den Heili­gen Geist.“