LONDON (dpa) — Der Strom der Menschen, die sich am Sarg der Queen von ihrer Monar­chin verab­schie­den wollen, hält an. Mit einer Toten­wa­che wollen am Abend die acht Enkel ihrer gestor­be­nen Großmutter die Ehre erweisen.

Angesichts der Massen an Trauern­den haben briti­sche Behör­den vorerst davon abgera­ten, sich für den Abschied von Queen Eliza­beth II. anzustel­len. «Die Warte­schlan­ge hat ihre Kapazi­tät fast erreicht mit Warte­zei­ten von mindes­tens 24 Stunden», hieß es am Samstag­mor­gen im Live-Tracker der Regie­rung. «Bitte reisen Sie nicht an, um sich in die Schlan­ge einzu­rei­hen.» Die Strecke führt über mehre­re Kilome­ter vom briti­schen Parla­ment, wo der geschlos­se­ne Sarg der Queen aufge­bahrt ist, entlang der Themse bis zum Southwark Park.

Sieben Grad in «The Queue»

Mittler­wei­le bekom­men die Trauern­den in der kilome­ter­lan­gen Schlan­ge entlang der Themse in London sogar ihren eigenen Wetter­be­richt. Die BBC erwähn­te «The Queue» am Samstag­mor­gen als eigenen Stand­ort — neben Orten in den Grafschaf­ten Cumbria, North Yorkshire oder Oxford­shire. Warm war es am Morgen mit sieben Grad Celsi­us zwar nicht in der Schlan­ge, aber immer­hin wärmer als an den anderen erwähn­ten Orten, wo die Tempe­ra­tu­ren um den Nullpunkt lagen.

Youtube-Livestream Warte­zeit

Bereits am Vortag hatten die Sicher­heits­kräf­te den Zugang zur «Queue», die bereits als gesell­schaft­li­ches Großereig­nis gilt, für sieben Stunden ausge­setzt. Darauf­hin bilde­te sich eine inoffi­zi­el­le Warte­schlan­ge für die Warteschlange.

Die Menschen in Großbri­tan­ni­en haben an diesem Wochen­en­de noch einmal Gelegen­heit, sich mit einem Besuch am Sarg von Queen Eliza­beth II. von ihrer Monar­chin zu verab­schie­den. Der Sarg ist noch bis Montag­mor­gen in der Westmins­ter Hall des briti­schen Parla­ments in London aufge­bahrt, bevor dann das Staats­be­gräb­nis für die Königin, die 70 Jahre lang auf dem Thron saß, ansteht. Ihre acht Enkel — einschließ­lich der Prinzen William und Prinz Harry — halten heute Abend eine 15-minüti­ge Totenwache.

Gestern war es am Sarg zu einem Zwischen­fall gekom­men. Ein Mann wurde festge­nom­men, der laut Zeugen­aus­sa­gen in Richtung des Sargs rannte. Eine Zeugin sagte dem Sender Sky News, jemand habe ihre sieben­jäh­ri­ge Nichte aus dem Weg geschubst, sei zum Sarg gelau­fen und habe versucht, die über dem Sarg liegen­de royale Standar­te hochzu­he­ben. Die Polizei habe ihn «inner­halb von zwei Sekun­den» ergrif­fen. Die Live-Übertra­gung im Fernse­hen wurde zum betref­fen­den Zeitpunkt ausge­setzt und statt­des­sen eine Ansicht von außer­halb des Parla­ments gezeigt. Die Metro­po­li­tan Police teilte laut briti­scher Nachrich­ten­agen­tur PA mit, der Mann sei wegen eines Versto­ßes gegen das Gesetz über die öffent­li­che Ordnung verhaf­tet worden.

Royal Family wohnt Toten­wa­che bei

Zuvor hatten König Charles III. und seine Geschwis­ter — ebenfalls für eine Viertel­stun­de — die Toten­wa­che am Sarg übernom­men. König Charles III. (73), Prinzes­sin Anne (72), Prinz Andrew (62) und Prinz Edward (58) positio­nier­ten sich am Abend — allesamt in Uniform — um den Sarg herum, legten die Hände inein­an­der und senkten den Blick. Viele weite­re Mitglie­der der Royal Family wohnten der Toten­wa­che zudem von einem Podest am Rande der Westmins­ter Hall im Parla­ment bei.

Die Toten­wa­che war Berich­ten zufol­ge die einzi­ge Gelegen­heit bei den Trauer­fei­er­lich­kei­ten, bei der Prinz Andrew eine Uniform tragen durfte. Die Queen hatte ihrem zweit­äl­tes­ten Sohn Anfang des Jahres wegen seiner Verwick­lung in den Missbrauchs­skan­dal um den gestor­be­nen US-Multi­mil­lio­när Jeffrey Epstein alle militä­ri­schen Dienst­gra­de aberkannt. Er war bei allen anderen Zeremo­nien bisher in zivil gekleidet.

Charles III. beeen­det Trauerreise

Mit einem Besuch in Wales hatte Charles zuvor seine Trauer­rei­se durch alle vier Landes­tei­le des Verei­nig­ten König­reichs — neben Wales noch England, Schott­land und Nordir­land — abgeschlossen.

Unzäh­li­ge Menschen nutzen seit Mittwoch die Möglich­keit, am Sarg von Eliza­beth II. innezu­hal­ten. Dafür müssen sie sich vorher stunden­lang in eine kilome­ter­lan­ge Warte­schlan­ge entlang der Themse einrei­hen. Am Freitag­mor­gen hatte das Kultur­mi­nis­te­ri­um den Zugang zur Warte­schlan­ge kurzzei­tig gestoppt, als diese eine Länge von rund acht Kilome­tern erreicht hatte. In der Schlan­ge wurde auch Ex-Fußball­star David Beckham gesich­tet: Er habe sich nachts angestellt und rund zwölf Stunden gewar­tet, erzähl­te der 47-Jähri­ge dem Sender Sky News. «Es ist ein trauri­ger Tag, aber ein unver­gess­li­cher», sagte er. Am Freitag­abend wurde die Warte­zeit auf mindes­tens 22 Stunden geschätzt.

Auch in der Nacht riss die Warte­schlan­ge nicht ab. Immer­hin können die Warten­den am Wochen­en­de ihre Regen­schir­me wohl zuhau­se lassen. Der briti­sche Wetter­dienst sagte für heute sonni­ges Wetter mit Höchst­tem­pe­ra­tu­ren von 17 Grad Celsi­us in der briti­schen Haupt­stadt voraus, wie die Nachrich­ten­agen­tur PA berich­te­te. Auch am Sonntag solle es trocken bleiben.

William und Harry tragen Militäruniform

Wenn an heute Abend die Queen-Enkel die Toten­wa­che am Sarg halten, soll der zum Thron­fol­ger aufge­rück­te Prinz William am Kopf stehen und Prinz Harry am Fuß, wie die briti­sche Nachrich­ten­agen­tur PA unter Berufung auf Palast-Quellen gemel­det hatte. Auf Wunsch ihres Vaters König Charles III. werden beide Brüder ihre Militär­uni­form tragen. Bei den bishe­ri­gen Zeremo­nien hatte Harry, der in Afgha­ni­stan gedient hat, im Gegen­satz zu seinem Bruder einen Gehrock angehabt — er musste seine militä­ri­schen Titel mit seinem selbst­ge­wähl­ten Abschied aus dem engeren Kreis der Königs­fa­mi­lie nieder­le­gen. Harry lebt mit seiner Frau Meghan und den Kindern Archie und Lilibet inzwi­schen in den USA.

Die übrigen Enkelin­nen und Enkel der Queen würden bei der Toten­wa­che formel­le schwar­ze Anzüge bezie­hungs­wei­se Kleider tragen, hieß es. Zu Williams Seite sollen die Kinder von Queen-Tochter Prinzes­sin Anne, Zara Tindall und Peter Phillips, stehen. Die Töchter von Prinz Andrew, die Prinzes­sin­nen Beatri­ce und Eugenie, flankie­ren Harry. Auf Höhe der Sarg-Mitte positio­nie­ren sich die jüngs­ten Queen-Enkel, Lady Louise und Viscount Severn, die Kinder von Prinz Edward. Die Enkel­kin­der seien sehr darauf bedacht, der toten Königin ihre Aufwar­tung zu machen, hieß es.

Eliza­beth II. war am Donners­tag, den 8. Septem­ber, im Alter von 96 Jahren auf ihrem schot­ti­schen Landsitz Schloss Balmo­ral gestor­ben. Am Sonntag wurde ihr Sarg in Schott­lands Haupt­stadt Edinburgh gebracht, am Diens­tag­abend dann nach London. Dort gelei­te­te ihn die engste Familie um Charles am Mittwoch­nach­mit­tag in einer feier­li­chen Prozes­si­on vom Bucking­ham-Palast zum Parla­ment, wo er seither aufge­bahrt ist.

Beerdi­gung mit vielen hochka­rä­ti­gen Gästen

Zum Staats­be­gräb­nis an diesem Montag werden Hunder­te Monar­chen, Staats- und Regie­rungs­chefs aus aller Welt in London erwar­tet. Nach einem Gottes­dienst in der Westmins­ter Abbey wird der Sarg in einer Prozes­si­on zum Welling­ton Arch gebracht, die Route führt über die Pracht­stra­ße The Mall und am Bucking­ham-Palast vorbei. Eine solche Zeremo­nie habe es in Großbri­tan­ni­en seit dem Tod von Winston Churchill 1965 nicht mehr gegeben, berich­te­te die BBC.

Die eigent­li­che Beiset­zung findet nicht in London, sondern im westlich gelege­nen Windsor statt. Der Sarg wird mit einem Leichen­wa­gen dort hinge­bracht. Ihre letzte Ruhestät­te soll die Queen am Montag­abend bei einer priva­ten Beiset­zung in der St George’s Chapel auf Schloss Windsor erhal­ten — an der Seite ihres im vergan­ge­nen Jahr gestor­be­nen Mannes Prinz Philip.