BERLIN (dpa) — Die Sozial­wahl findet im Vergleich zu anderen Wahlen in Deutsch­land keine so große Beach­tung. In diesem Jahr gibt es aber Beson­der­hei­ten — der Bundes­wahl­be­auf­trag­te spricht von «zwei Innovationen».

Rund 52 Millio­nen Versi­cher­te sowie Rentne­rin­nen und Rentner können bei der Sozial­wahl bis zum 31. Mai die Sozial­par­la­men­te in Deutsch­land bestimmen.

Mit der Sozial­wahl wird aus Sicht der Verant­wort­li­chen Neuland betre­ten, wie der Bundes­wahl­be­auf­trag­te, der langjäh­ri­ge CDU-Abgeord­ne­te Peter Weiß, der Deutschen Presse-Agentur sagte. Denn Geschlech­ter­quo­ten und der geplan­te Modell­ver­such für eine Online-Wahlmög­lich­keit seien «zwei Innova­tio­nen» der Sozial­wahl 2023.

Bei den Sozial­wah­len werden Mitglie­der der Verwal­tungs­rä­te der gesetz­li­chen Kranken­kas­sen sowie der Vertre­ter­ver­samm­lun­gen der gesetz­li­chen Unfall- und Renten­ver­si­che­run­gen bestimmt. Ab diesem Montag erhal­ten mehr als 30 Millio­nen Renten­ver­si­cher­te und Rentner Wahlvor­ankün­di­gungs­schrei­ben und Info-Flyer zur Wahl.

Roßbach: Selbst­ver­wal­tung spielt wichti­ge Rolle

Die Präsi­den­tin der Deutschen Renten­ver­si­che­rung Bund, Gundu­la Roßbach, warb denn auch für die Sozial­wahl. «Vielen ist gar nicht bewusst, welche wichti­ge Rolle die Selbst­ver­wal­tung spielt», sagte Roßbach der dpa in Berlin. Bei der Sozial­wahl wählen Beitrags­zah­ler und Rentner «ihre Selbst­ver­wal­tung», wie Roßbach sagte. Über die Selbst­ver­wal­tung und die Sozial­wahl gestal­te­ten die Beitrags­zah­ler die Renten­ver­si­che­rung mit.

So laufen laut Roßbach zum Beispiel alle Verwal­tungs­ent­schei­dun­gen, mit denen die Menschen nicht einver­stan­den sind, über einen Wider­spruchs­aus­schuss. «Hier treffen Vertre­ter der Versi­cher­ten und der Arbeit­ge­ber die Entschei­dun­gen über den Wider­spruch.» Die Selbst­ver­wal­tung achte zudem darauf, dass die Verwal­tung recht­lich saube­re Entschei­dun­gen treffe — etwa über die Zahlung einer Reha oder einer Erwerbs­min­de­rungs­ren­te. «Sie gestal­tet Reha-Angebo­te der Renten­ver­si­che­rung konkret aus», sagte Roßbach weiter.

Etwa bei Long-Covid-Rehas sei die Selbst­ver­wal­tung maßgeb­lich gewesen, um rasch die nun bestehen­den Reha-Angebo­te der Renten­ver­si­che­rung einzu­füh­ren. Wichti­ge Forschungs­ar­beit sei ebenfalls durch die Selbst­ver­wal­tung angesto­ßen worden. Teil der Selbst­ver­wal­tung seien auch die rund 4500 ehren­amt­li­chen Versi­cher­ten­be­ra­te­rin­nen und ‑berater der Rentenversicherung.

Sozial­wahl 2023 könnte Vorbild­cha­rak­ter bekommen

Ein Stück weit Vorbild­cha­rak­ter könnte die Sozial­wahl 2023 nach Einschät­zung des Wahlbe­auf­trag­ten Weiß bekom­men. Er teilte mit, dass bei der Kranken­ver­si­che­rung die fünf großen Ersatz­kas­sen dieses Mal einen Modell­ver­such für eine Online-Wahl starten wollen. Bisher handel­te es sich um reine Brief­wah­len. Bei einer inter­nen Sitzung Ende Febru­ar entschei­de sich, ob der Modell­ver­such tatsäch­lich statt­fin­den werde. Derzeit laufen noch Prüfun­gen und Vorbe­rei­tun­gen. «Wenn die Online-Wahl ein Erfolg wird, könnte das Vorbild für andere Wahlen in Deutsch­land sein», sagte Weiß. Er nannte unter anderem Kommu­nal­wah­len für mögli­che künfti­ge Online-Verfahren.

Weiß wies zudem auf die Frauen­quo­te von 40 Prozent auf den Wahllis­ten hin, die nun erstmals für die Selbst­ver­wal­tun­gen der Kranken­kas­sen einge­führt wurde. Bei den anderen Zweigen der Sozial­ver­si­che­rung gilt die 40-Prozent-Quote nur als Empfeh­lung. Weiß teilte aber mit, dass bei der Renten­ver­si­che­rung viele Frauen auf den Listen stünden, auch bei der Arbeit­ge­ber­sei­te. «Die Geschlech­ter­quo­te tritt etwas los, auch als Soll-Bestim­mung», sagte der CDU-Mann.

Die Wahlbe­tei­li­gung bei den Sozial­wah­len ist tradi­tio­nell niedrig. Bei der jüngs­ten Sozial­wahl 2017 lag sie bei etwa rund einem Drittel. Roßbach sagte: «Um die Wahlbe­tei­li­gung weiter zu steigern, werden wir deutlich auf die Aufga­ben und auf den Service der Selbst­ver­wal­tung für die Wahlbe­rech­tig­ten hinweisen.»

Wahlbe­rech­tig­te, die ihre Wahlun­ter­la­gen bis 11. Mai nicht erhal­ten haben, sollen laut gelten­den Vorga­ben bis spätes­tens 19. Mai einen Antrag auf Ausstel­lung und Übersen­dung der Wahlun­ter­la­gen stellen.