LONDON/WINDSOR (dpa) — Es ist ein gigan­ti­sches Ereig­nis: 2000 gelade­ne Gäste und unzäh­li­ge Schau­lus­ti­ge auf den Straßen erwei­sen der Queen die Ehre. Als jüngs­te Royals gaben Prinz George und Prinzes­sin Charlot­te ihrer Urgroß­mutter das letzte Geleit.

Zum Schluss schien sogar der König selbst gerührt zu sein: 2000 Staats­gäs­te haben in der Westmins­ter Abbey gemein­sam mit der Royal Family Abschied von Queen Eliza­beth II. genom­men. Das Staats­be­gräb­nis für die gestor­be­ne Monar­chin ist ein Jahrhun­dert­ereig­nis — längst nicht nur in Großbritannien.

Hinter dem geschmück­ten Sarg betrat König Charles III. (73) pünkt­lich um 12.00 (MESZ) die Kirche. Mit ihm schrit­ten Königs­ge­mah­lin Camil­la, Prinzes­sin Anne, Prinz Andrew und Prinz Edward im Trauer­zug. Anne und Edward wurden von ihren Partnern beglei­tet. Dahin­ter gingen Prinz William und Prinzes­sin Kate. Ihnen folgten Prinz Harry und seine Frau Herzo­gin Meghan sowie weite­re Familienmitglieder.

George und Charlot­te jüngs­te Teilnehmer

Als jüngs­te Teilneh­mer der Royals zogen Prinz George (9) und Prinzes­sin Charlot­te (7) feier­lich und mit ernster Miene in das Gottes­haus ein. Sie gingen zwischen ihren Eltern William und Kate und schrit­ten langsam hinter dem Sarg ihrer Urgroß­mutter her.

Charlot­te schau­te viel zu Boden und trug einen schwar­zen Hut mit Schlei­fe über ihrem langen blonden Haar und einen Mantel, sie hielt ihre Hände vor sich gefal­tet. George trug einen dunkel­blau­en Anzug mit weißem Hemd und Krawat­te. Ihr jünge­rer Bruder Prinz Louis war nicht zu sehen.

Prinz Andrew und Prinz Harry kamen wie erwar­tet nicht in Uniform. Dabei waren beide im Militär­ein­satz, Andrew im Falkland­krieg und Harry in Afgha­ni­stan. Aller­dings sind sie keine aktiven Mitglie­der der Royal Family mehr. Bei der Toten­wa­che in der Westmins­ter Hall waren sie zuvor ausnahms­wei­se in Uniform erschienen.

Staats­ober­häup­ter aus aller Welt zu Gast

Unter den Staats­gäs­ten waren am Mittag US-Präsi­dent Joe Biden, Frank­reichs Staats­prä­si­dent Emmanu­el Macron, Bundes­prä­si­dent Frank-Walter Stein­mei­er und der japani­sche Kaiser Naruhi­to mit ihren jewei­li­gen Partne­rin­nen. Auch die noch leben­den Ex-Premier­mi­nis­ter sowie die amtie­ren­de briti­sche Regie­rungs­chefin Liz Truss nahmen an der Zeremo­nie teil. Truss übernahm neben der General­se­kre­tä­rin des Staaten­bunds Common­wealth, Patri­cia Scotland, auch die Lesungen.

Der Dekan von Westmins­ter, David Hoyle, würdig­te den «selbst­lo­sen Dienst» der Königin. «Hier, wo Queen Eliza­beth heira­te­te und gekrönt wurde, haben wir uns aus dem ganzen Land und dem Common­wealth und allen Ländern der Welt versam­melt, um unseren Verlust zu betrau­ern und ihrem langen, selbst­lo­sen Leben im Dienst zu gedenken.»

Als zum Abschluss des Gottes­diens­tes die Natio­nal­hym­ne «God save the king» ertön­te, wirkte Charles, der nicht mitsang, berührt. Seine Augen schie­nen sich mit Tränen zu füllen.

Alle Plätze entlang der Straßen gefüllt

Auch draußen auf den Straßen war die Anteil­nah­me spürbar. Entlang der Strecke, auf der der Sarg der Königin im Anschluss zum Welling­ton Arch gelei­tet wird, waren keine Plätze mehr frei.

Später soll der Sarg dann nach Schloss Windsor gebracht werden. Dort findet dann am Abend die Beiset­zung im Famili­en­kreis statt. Hunder­te Menschen ström­ten bis zum Mittag in den Ort westlich von London.

In der Haupt­stadt war der mit Blei ausge­klei­de­te Sarg unweit der Abbey in der Westmins­ter Hall seit Mittwoch aufge­bahrt. Viele Tausend Menschen hatten sich in die kilome­ter­lan­ge Warte­schlan­ge einge­reiht und viele Stunden Warte­zeit auf sich genom­men, um ihren Respekt zu zollen.

Der gesam­te Tag des Staats­be­gräb­nis­ses ist auch eine enorme Heraus­for­de­rung für die Behör­den: Polizei, Geheim­diens­te und Anti-Terror-Einhei­ten koordi­nier­ten dafür die wohl größte Sicher­heits­ope­ra­ti­on, die die Stadt je erlebt hat. Derweil stand das Land still — fast überall blieben Schulen und Univer­si­tä­ten sowie Geschäf­te und Pubs geschlossen.

Auswir­kun­gen auf Reisepläne

Auch auf die Reise­plä­ne zahlrei­cher Menschen hatte das Ereig­nis Auswir­kun­gen. Am wichti­gen Londo­ner Flugha­fen Heath­row wurden mehr als 100 Flüge abgesagt. Die Einflug­schnei­sen führen über die Londo­ner Innen­stadt oder das Schloss Windsor. Man wollte sicher­ge­hen, dass während der Zeremo­nie Stille herrsche, teilte der Airport mit.

Für dieje­ni­gen, die am Montag nicht nach London oder Windsor anrei­sen konnten, wird die Trauer­fei­er in landes­weit 125 Kinos und vielen Kirchen übertra­gen. Auch wurden an öffent­li­chen Orten Leinwän­de aufgebaut.

Der König hatte sich in einer Mittei­lung am Sonntag­abend «zutiefst berührt» von den vielen Botschaf­ten der Anteil­nah­me gezeigt. Der 73-Jähri­ge bedank­te sich bei den «unzäh­li­gen Menschen, die solch eine Stütze und Trost für meine Familie und mich in dieser Zeit der Trauer waren». Die Queen war am 8. Septem­ber im Alter von 96 Jahren im schot­ti­schen Balmo­ral gestorben.

Bundes­prä­si­dent Frank-Walter Stein­mei­er sprach mit Blick auf den Staats­akt von einem «Jahrhun­dert­ereig­nis». «Man war es über 70 Jahre gewohnt, sich hinter dieser Königin zu versam­meln, und jetzt spüren alle: Da fehlt etwas, und das fehlt eben nicht nur in Großbri­tan­ni­en und in London, sondern es fehlt weltweit», sagte Stein­mei­er im ZDF-«heute journal».