BERLIN (dpa) — Die AfD feiert ihr Gründungs­ju­bi­lä­um. Im Taunus kommen Partei­pro­mi­nenz und etwa 300 Mitglie­der zusam­men. Verbän­de, Partei­en und Gewerk­schaf­ten haben Gegen­pro­tes­te angekündigt.

Im hessi­schen König­stein will die AfD heute ihr zehnjäh­ri­ges Bestehen feiern. Bei der Veran­stal­tung werden nach Angaben eines Sprechers etwa 300 Partei­mit­glie­der erwar­tet, darun­ter die beiden Vorsit­zen­den Alice Weidel und Tino Chrup­al­la. Eine Rede wird auch vom Ehren­vor­sit­zen­de Alexan­der Gauland erwartet.

Rund um die Veran­stal­tungs­hal­le in dem Kurort wollen verschie­de­ne Verbän­de, Gewerk­schaf­ten und Partei­en demons­trie­ren. Nach Polizei­an­ga­ben wurden «mehre­re Gegen­ver­samm­lun­gen» angemel­det. Eine Straßen­sper­rung ist angekün­digt. Weite­re könnten nicht ausge­schlos­sen werden, hieß es.

In der AfD sehe man eine große Bedro­hung für die Demokra­tie, heißt es in einem Aufruf mehre­rer Gruppen zu der Protest­kund­ge­bung. Betei­li­gen wollen sich unter anderem Vertre­ter der Grünen. Deren stell­ver­tre­ten­de Frakti­ons­vor­sit­zen­de im hessi­schen Landtag, Miriam Dahlke, warf der AfD vor, seit einem Jahrzehnt die demokra­ti­schen Werte mit Füßen zu treten und Hass und Hetze inner­halb und außer­halb der Parla­men­te zu schüren.

AfD wird vom Inlands­ge­heim­dienst beobachtet

Gegrün­det wurde die heute etwa 30.000 Mitglie­der zählen­de «Alter­na­ti­ve für Deutsch­land» am 6. Febru­ar 2013 im wenige Kilome­ter entfern­ten Oberur­sel von knapp 20 Betei­lig­ten rund um den Wirtschafts­pro­fes­sor Bernd Lucke und den konser­va­ti­ven Publi­zis­ten Konrad Adam. Als «Profes­so­ren-Partei» gestar­tet, die sich vor allem gegen die Euro-Rettungs­po­li­tik wandte, ist die AfD nach Einschät­zung des Bundes­ver­fas­sungs­schut­zes inzwi­schen so weit nach rechts gerückt, dass der Inlands­ge­heim­dienst sie im Ganzen beobach­tet. Nach Ansicht der Behör­de gibt es ausrei­chend Anhalts­punk­te für verfas­sungs­feind­li­che Bestrebungen.

Die AfD geht gericht­lich dagegen vor. Ob die Beobach­tung rechtens ist, wird das Oberver­wal­tungs­ge­richt Nordrhein-Westfa­len voraus­sicht­lich in der zweiten Jahres­hälf­te entscheiden.

AfD-Co-Chefin Alice Weidel sieht zehn Jahre nach der Gründung ihrer Partei angesichts starker Umfra­ge­wer­te in ostdeut­schen Bundes­län­dern eine abseh­ba­re Chance mitzu­re­gie­ren, wie sie zum Jahres­be­ginn mit Blick auf die Landtags­wah­len 2024 in Sachsen und Thürin­gen sagte. Die CDU als aus AfD-Sicht theore­ti­scher Partner hat aller­dings eine Zusam­men­ar­beit mit den Rechts­po­pu­lis­ten per Partei­tags­be­schluss ausgeschlossen.

Vertre­ten ist die Partei bis auf Schles­wig-Holstein in allen deutschen Landta­gen und seit 2017 auch im Bundes­tag. Das Klima sei mit dem Einzug der AfD rauer gewor­den, sagte die Erste Parla­men­ta­ri­sche Geschäfts­füh­re­rin der SPD-Bundes­tags­frak­ti­on, Katja Mast, der Deutschen Presse-Agentur. «Die Pöbelei­en haben zugenom­men. Die parla­men­ta­ri­sche Arbeit wird von der AfD verach­tet.» Die AfD sei keine norma­le Partei, sondern autori­tär, auslän­der­feind­lich, ausgren­zend und wolle die Gesell­schaft auseinandertreiben.

«AfD ist gekom­men, um zu bleiben und sie wird bleiben»

Mehre­re Politik­wis­sen­schaft­ler schlie­ßen eine Regie­rungs­be­tei­li­gung der AfD nicht mehr aus. «Es wird noch dauern, bis die AfD in einem Bundes­land regiert, aber auszu­schlie­ßen ist es – siehe die Erfah­rung mit der Linken – nicht», sagte der Mainzer Partei­en­for­scher Jürgen Falter der «Neuen Osnabrü­cker Zeitung (NOZ).

Partei­chef Chrup­al­la bekräf­tigt die Absicht einer Regie­rungs­be­tei­li­gung. «Wir werden in Zukunft auch Regie­rungs­ver­ant­wor­tung überneh­men können», sagte Chrup­al­la im ZDF-«Morgenmagazin». In Ostdeutsch­land sei die AfD stärks­te Partei. «Damit wird es für andere Partei­en immer schwie­ri­ger, Bündnis­se gegen uns zu schmie­den», sagte er.

Im kommen­den Jahr werden in Sachsen, Branden­burg und Thürin­gen neue Landta­ge gewählt. Ein CDU-Sprecher hatte aller­dings Anfang des Jahres klarge­stellt: «Wir haben einen klaren Partei­tags­be­schluss. Jede Zusam­men­ar­beit mit der AfD ist ausge­schlos­sen. Unsere Brand­mau­er nach rechts muss stehen.»

Der Bonner Polito­lo­ge Frank Decker sagte: «Die AfD ist gekom­men, um zu bleiben und sie wird bleiben.» Mittel­fris­tig sieht Decker sie im Westen bei Wahlen knapp im zweistel­li­gen Bereich. Im Osten «dürfte der Zuspruch mehr als doppelt so hoch bleiben». Die AfD profi­tie­re unter anderem davon, dass sie von anderen Partei­en nicht oder zu wenig reprä­sen­tier­te Themen und Positio­nen beset­ze und einneh­me, etwa bei der Zuwan­de­rung oder beim Klima­schutz. «Beide Themen werden die Agenda auch in den nächs­ten Jahren prägen.»

Der Berli­ner Politik­wis­sen­schaft­ler Hajo Funke glaubt, dass die AfD in den kommen­den zehn Jahren bundes­po­li­tisch nicht an Bedeu­tung gewinnt. «Die AfD wird mit ihrer radika­len Ausrich­tung bundes­weit im Turm von zehn Prozent plus gefan­gen bleiben», sagte Funkte der «Rheini­schen Post». Anders sehe es jedoch in Thürin­gen, Sachsen-Anhalt und Sachsen aus, da schei­ne die Partei poten­zi­ell macht­fä­hig gewor­den zu sein.