Nach 18 knüppel­har­ten Anstie­gen und rund 5000 Höhen­me­tern ist das deutsche Team um Geheim­fa­vo­rit Schach­mann geschla­gen. Zum Weltmeis­ter krönt sich statt­des­sen der Franzo­se Alaphil­ip­pe. Für Deutsch­land fällt die Bilanz bei der Blitz-WM eher trist aus.

«Ich ärgere mich, dass mir am Berg vielleicht zehn Meter gefehlt haben», sagte Schach­mann nach der bruta­len Kletter­par­tie mit Ziel im «Autodro­mo Enzo e Dino Ferra­ri». Trotz einer beherz­ten Leistung kam Schach­mann beim furio­sen Solo-Ritt des Franzo­sen Julian Alaphil­ip­pe am Ende nicht über Rang neun hinaus — und konnte so in Imola die erste medail­len­lo­se WM des deutschen Teams seit der Wieder­ver­ei­ni­gung nicht mehr abwenden.

«Eine verlo­re­ne Medail­le würde ich nicht sagen. Marc Hirschi wäre vielleicht noch machbar gewesen, aber auch er ist sprit­zig. Es ist super gelau­fen, großes Lob an die Mannschaft», bilan­zier­te der beste Deutsche, der beim letzten Anstieg tapfer an den Favori­ten dranblieb, bevor doch noch eine kleine Lücke aufriss. Zumin­dest im Kampf um Silber hätte Schach­mann gut einen Monat nach seinem Schlüs­sel­bein­bruch eine Rolle spielen können, wenn er mit Silber-Gewin­ner Wout van Aert (Belgi­en) und dem Schwei­zer Marc Hirschi (Bronze) über den Berg gekom­men wäre.

Vorne war Alaphil­ip­pe dagegen nicht zu besie­gen. Mit einer seiner überfall­ar­ti­gen Attacken setzte sich der 28-Jähri­ge von der Konkur­renz ab und stürm­te im Allein­gang zum Sieg auf der Rennstre­cke. Im Ziel wurde er von seinen Emotio­nen übermannt. «Ein Traum in seiner Karrie­re» sei in Erfül­lung gegan­gen, sagte der Super­star, der sich immer wieder die Tränen aus den Augen wischte.

Bei der Tour schien beim Franzo­sen vor allem in der letzten Tour-Woche die Luft raus zu sein — womög­lich ein kluger Schach­zug, holte er doch nun den ersten franzö­si­schen WM-Titel seit Laurent Borochard 1997 und trat die Nachfol­ge des Dänen Mads Peder­sen an. «Ich kann es nicht glauben. Ich war einige Male dicht dran, jetzt hat es endlich geklappt», sagte Alaphilippe.

Bei der 258,2 Kilome­ter langen Qual über insge­samt 5000 Höhen­me­ter hatte Deutsch­land auf eine Doppel­spit­ze Schach­mann und Simon Geschke gesetzt und dabei eine starke Rolle gespielt. «Am Ende lief es super gut. Max haben nur ein paar Meter gefehlt, um eine Medail­le zu holen. Es ist sicher ärger­lich für ihn, aber Top-10 ist ein super Ergeb­nis», sagte Geschke, der 17. wurde.

Schach­mann hatte an den harten Anstie­gen Gallis­ter­na und Mazzo­la­no zuvor stark mitge­hal­ten, auch die erste deutsche WM-Medail­le im Straßen­ren­nen seit 2011 schien in Reich­wei­te. So muss Deutsch­land auch weiter auf einen Nachfol­ger von Rudi Altig, der 1966 Weltmeis­ter wurde, warten. «Wir haben das Maximum rausge­holt. Das war super Teamwork. Mit einer Top-Ten-Platzie­rung kann man zufrie­den sein», sagte der Sport­li­che Leiter Jens Zemke im ZDF.

Nachdem das 177 Fahrer große Feld am frühen Morgen einmal um den Kurs auf der Rennstre­cke gerollt war, ging es auf die kniff­li­ge 28,8‑Kilometer-Schleife, die neunmal zu bewäl­ti­gen war. In den ersten Stunden des Rennens war aus deutscher Sicht immer wieder ein Fahrer zu sehen: Jonas Koch, der sich klug in der Ausrei­ßer­grup­pe platzier­te und das Feld mit dem Norwe­ger Torstein Traeen eine Zeit lang sogar zu zweit anführte.

Die Flucht­grup­pe wurde 69 Kilome­ter vor dem Ziel gestellt, erst danach began­nen die großen Attacken der wahren Gold-Kandi­da­ten — und damit ein turbu­len­tes Rennen. «Diese langen Rennen sind immer beson­ders, man fühlt sich immer dreckig», sagte der geschaff­te Schach­mann. In der dicht gedräng­ten Inter­view-Zone standen viele weite­re Fahrer, die sich erst einmal an den Absperr­git­tern festhal­ten mussten.

Das motor­sport­ver­rück­te Imola, in dem Straßen nach Rennfah­rern benannt sind und Verkehrs­schil­der auf berühm­te Formel-1-Kurven hinwei­sen, hat inner­halb von drei Wochen tadel­lo­se Rad-Titel­kämp­fe unter bestmög­li­chen Bedin­gun­gen organi­siert. Die Italie­ner spran­gen kurzfris­tig ein, weil das Event in den Schwei­zer Gemein­den Aigle und Martigny coronabe­dingt abgesagt werden musste. Der WM war die Spontan-Organi­sa­ti­on aber nicht anzumerken.

Weniger erfreu­lich als die Bilanz der Organi­sa­to­ren fiel bei der Blitz-WM mit nur vier statt wie üblich elf Entschei­dun­gen die deutsche Bilanz aus. Zwar sorgten Lisa Brennau­er als Vierte im Zeitfah­ren und Liane Lippert auf Rang fünf im Straßen­ren­nen für sehr ordent­li­che Resul­ta­te. Die ersehn­te Medail­le blieb in den vier windi­gen Tagen in der Emilia Romagna ohne Stars wie Tony Martin und Emanu­el Buchmann aller­dings aus.