WERNIGERODE (dpa) — Am Hang des Brockens stehen abgestor­be­ne Fichten großflä­chig in Flammen. Schwie­ri­ges Terrain für die Lösch­trupps. Im Landkreis Harz gilt der Katastrophenfall.

Lichter­loh brennen­de Bäume, ein gesperr­ter Gipfel im Natio­nal­park und Hilfe aus dem Ausland: Seit Samstag und gut drei Wochen nach einem Waldbrand am Brocken im Harz frisst sich erneut ein Großfeu­er den Hang des 1141 Meter hohen Berges entlang.

Am späten Sonntag­nach­mit­tag war die betrof­fe­ne Fläche, auf der vor allem abgestor­be­ne Fichten stehen, auf eine Größe von rund 150 Hektar (1,5 Quadrat­ki­lo­me­ter) angewach­sen, teilte der Landkreis Harz mit. Zuvor war von gut 60 Hektar die Rede gewesen.

Die Lage verschär­fe sich konti­nu­ier­lich. Landrat Thomas Balce­row­ski (CDU) rief am Sonntag um 10.30 Uhr den Katastro­phen­fall aus — der Landkreis Harz geht davon aus, dass die Lösch­ar­bei­ten mehre­re Tage dauern werden. Die Ursache des Großfeu­ers blieb erstmal unklar.

Tote Fichten sind das grund­le­gen­de Problem

Der Oberharz und damit der Natio­nal­park ist geprägt von toten Fichten. Die von den Menschen angeleg­te Monokul­tur ist ein grund­le­gen­des Problem des rund 250 Quadrat­ki­lo­me­ter (25 000 Hektar) großen Natio­nal­parks Harz. Rund 80 Prozent des Baumbe­stan­des ist Fichte. Davon wieder­um seien fast 90 Prozent abgestor­ben, sagte kürzlich Natio­nal­park­lei­ter Roland Pietsch. Schäd­lin­ge wie der Borken­kä­fer, Trocken­heit, starke Stürme gehören zu den Gründen.

«Mit dem Katastro­phen­fall haben wir die Last von den Schul­tern der Stadt Werni­ge­ro­de genom­men und sind nun in der Koordi­nie­rung der vielen unter­schied­li­chen Kräfte besser aufge­stellt», sagte Landkreis­spre­cher Micha­el Randhahn-Schül­ke. Denn: Das Löschen gestal­tet sich wegen des unweg­sa­men Gelän­des schwie­rig — gut 24 Stunden nach Entde­ckung des Feuers am Goethe­weg — einer der meist­fre­quen­tier­ten Wander­we­ge im Oberharz — war das Feuer noch nicht unter Kontrol­le. Für Diens­tag sei Regen angekün­digt, hieß es.

Mehr als 300 Einsatz­kräf­te aus mehre­ren Landkrei­sen und anderen Bundes­län­dern sind zusam­men­ge­zo­gen worden, darun­ter Kräfte von Feuer­weh­ren, des Techni­schen Hilfs­werks und des Natio­nal­parks Harz. Sachsen-Anhalts Forst­mi­nis­ter Sven Schul­ze (CDU) lobte den Lösch­ein­satz. Von Anfang an seien die Einsatz­kräf­te struk­tu­riert vorge­gan­gen, sagte Schul­ze, der sich vor Ort ein Bild machte. Landrat Thomas Balce­row­ski (CDU) dankte allen Einsatzkräften.

Lösch­hub­schrau­ber im Einsatz

Fünf Hubschrau­ber der Landes- und Bundes­po­li­zei sowie eines priva­ten Flugdiens­tes verteil­ten im Akkord Wasser über die lichter­loh brennen­den Bäume. Laut dem Landkreis wurde somit am Sonntag alle zwei Minuten Wassern aus der Luft abgewor­fen. Die Freiwil­li­ge Feuer­wehr Vechta wolle am Sonntag erkun­den, ob spezi­el­le Roboter-Lösch­fahr­zeu­ge die Einsatz­kräf­te am Boden unter­stüt­zen könnten.

«Bei Tages­an­bruch am Montag wollen wir die Zahl der Hubschrau­ber im Lösch­ein­satz verdop­pelt haben», sagte Randhahn-Schül­ke. Es sollten zwei Lösch­hub­schrau­ber priva­ter Anbie­ter aus Öster­reich und der Schweiz hinzu­kom­men. Auch zwei Lösch­flug­zeu­ge aus Itali­en sollen am Montag mit ihrem Einsatz beginnen.

Am Brocken sei bereits im Umkreis von 40 Kilome­tern eine Flugver­bots­zo­ne für den zivilen Luftver­kehr einge­rich­tet worden. Gut 50 Polizei­kräf­te sicher­ten das Gebiet rund um den Brocken ab, der für Besuche­rin­nen und Besucher gesperrt ist.

Wande­rer und Ausflüg­ler wurden evakuiert

Bis in den Samstag­abend hinein war das Brocken­pla­teau, auf dem sich unter anderem ein Hotel und ein Bahnhof befin­den, evaku­iert worden. Es waren Busse einge­setzt worden, um Wande­rer und Ausflüg­ler in Sicher­heit zu bringen. Am Sonntag wurden die Zufahr­ten nach Schier­ke aus Sicher­heits­grün­den für Besucher gesperrt. Für den Ort bestehe aber keine Gefahr, hieß es. Die Wander­we­ge im Umfeld können zunächst nicht touris­tisch genutzt werden.

Die Harzer Schmal­spur­bah­nen (HSB) haben den Betrieb der Brocken­bahn am Samstag einge­stellt — Kessel­wa­gen bringen statt­des­sen Wasser an den Brand­ort. Auf ihrer Website teilten die HSB mit, es gebe zunächst bis Diens­tag nur einen einge­schränk­ten Zugver­kehr zwischen Werni­ge­ro­de und Drei Annen Hohne.

Auf dem Wurmberg in Nieder­sach­sen verfolg­ten am Sonntag viele Schau­lus­ti­ge die Lösch­ar­bei­ten am nahen Brocken­hang, weil die Lösch­hub­schrau­ber das Wasser teils aus dem sogenann­ten Wurmberg­teich schöpften.

Schnei­sen sollen geschla­gen werden

Weil die Einsatz­kräf­te in diesem Jahr schon mehrfach zu Bränden im Harz ausrü­cken mussten, sind nach dem Großfeu­er vor drei Wochen Konse­quen­zen gezogen worden. Es ist verein­bart worden, künftig Schnei­sen im Natio­nal­park Harz zu schla­gen. Priori­tät soll der Schutz der Menschen und der Region um den Touris­mus­ort Schier­ke haben.

Ziel sei es, das Übersprin­gen von Bränden zu verhin­dern und der Feuer­wehr den Zugang zu gewähr­leis­ten. Eine Arbeits­grup­pe unter der Leitung des Werni­ge­röder Oberbür­ger­meis­ters Tobias Kascha (SPD) soll einen Plan erarbei­ten, wo solche Schnei­sen sinnvoll seien.

Von Sabri­na Gorges und Dörthe Hein, dpa