BERLIN (dpa) — Das sogenann­te Petz-Portal lässt einige Gemüter sofort schäu­men: Braucht man eine Melde­stel­le für Antife­mi­nis­mus? Die Erfah­run­gen des ersten Monats könnten eine Antwort auf diese Frage liefern.

Sexis­ti­sche Anfein­dun­gen, Hasskom­men­ta­re, Drohun­gen: Rund 700 verifi­zier­te Einga­ben hat die neue Melde­stel­le für Antife­mi­nis­mus in den ersten Wochen seit ihrem Start am 1. Febru­ar registriert.

Etwa ein Drittel bezie­he sich auf Antife­mi­nis­mus als organi­sier­te politi­sche Bewegung, ein weite­res Drittel auf Sexis­mus und geschlechts­spe­zi­fi­sche Gewalt, sagte Leite­rin Judith Rahner der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. Das letzte Drittel seien Hassbot­schaf­ten gegen die Stelle selbst.

«Die Zahl der Meldun­gen ist sehr hoch, das hat uns schon überrascht», sagte Rahner in einem Inter­view zum Frauen­tag am 8. März. «Wir haben damit gerech­net, dass wir viel mehr Aufklä­rungs­ar­beit machen müssen. Aber das ist das Gute an einem Shits­torm.» Denn die neue Websei­te der Amadeu-Antonio-Stiftung in Berlin hatte große Aufmerk­sam­keit auf sich gezogen und war teils als «Petz-Portal» kriti­siert worden.

«Das Dunkel­feld erhellen»

Betrof­fe­ne können feind­se­li­ge Äußerun­gen oder Bedro­hun­gen melden und Beratung erhal­ten. Ziel sei, «Antife­mi­nis­mus in all seinen Erschei­nungs­for­men abzubil­den und das Dunkel­feld zu erhel­len», heißt es auf der Websei­te. Die Fälle werden aber anonymisiert.

Rahner sagte, einge­gan­gen seien zum Beispiel Infor­ma­tio­nen von Lokal­po­li­ti­ke­rin­nen, von Journa­lis­tin­nen oder Mitar­bei­te­rin­nen der Schwan­ge­ren­kon­flikt­be­ra­tung, die im Rahmen ihrer Tätig­keit bedroht würden. Wer journa­lis­tisch über Frauen­the­men berich­te, werde in sozia­len Netzwer­ken oft «mit sexis­ti­schen Kommen­ta­ren geflu­tet». Diese seien womög­lich nur in Einzel­fäl­len straf­bar, aber die Masse schaf­fe ein Gefühl der Einschüchterung.

Ähnlich sei es bei den Hassbot­schaf­ten gegen die Melde­stel­le selbst, fuhr Rahner fort. «Da gibt es sogenann­te Masku­li­nis­ten, die ihren Blogs beschrei­ben, wie sie uns fertig machen können und wie man uns möglichst lahmlegt mit Spamat­ta­cken. Ich möchte nicht wieder­ge­ben, was da alles steht über mich und viele andere. Das können Sie sich denken.»

«Gegen­wind aus der rechts­au­tori­tä­ren Bubble»

Das Thema Gender errege große Aufmerk­sam­keit. «Wir wussten, dass wir Gegen­wind bekom­men», sagte Rahner. «Das kommt aus den üblich verdäch­ti­gen Ecken, vor allem aus der rechts­au­tori­tä­ren Bubble.»

Rechts­extre­me suchten damit Anschluss an den Mainstream, denn zum Beispiel Kritik an gender­ge­rech­ter Sprache sei ja weit verbrei­tet, ebenso der Vorwurf, man dürfe seine Meinung nicht mehr sagen. «Aber Frauen­feind­lich­keit ist keine Meinung», sagte Rahner. Wenn Politi­ke­rin­nen gesagt werde: «Wir wissen, wo dein Kind zur Kita geht», dann sei eine Grenze klar überschritten.

«Unsere Stelle ist ein wichti­ger Baustein, um das sicht­bar zu machen», sagte die Leite­rin. Die ersten Wochen seien zwar aufrei­bend gewesen, aber: «Ich bin froh, dass diese Debat­te geführt wird. Es sind ja genau diese Art von Anfein­dung, die wir sicht­bar machen wollen.» Die Melde­stel­le wird vom Bundes­fa­mi­li­en­mi­nis­te­ri­um gefördert.