BERLIN (dpa) — Lange wurde darüber gestrit­ten, jetzt gehen in Deutsch­land tatsäch­lich die drei letzten Kernkraft­wer­ke vom Netz. Viele verfol­gen das mit Argwohn — beson­ders in einer bestimm­ten Altersgruppe.

Eine Mehrheit der Deutschen steht dem am Samstag geplan­ten Atomaus­stieg laut Umfra­gen kritisch gegen­über. Deutlich mehr als die Hälfte (59 Prozent) hält die Entschei­dung der Politik für falsch, ledig­lich rund ein Drittel (34 Prozent) für richtig, wie die Befra­gung Deutsch­land­trend für das ARD-«Morgenmagazin» ergab.

Überwie­gen­de Zustim­mung für das Ende der Atomkraft gibt es der Infra­test-Dimap-Erhebung zufol­ge ausschließ­lich in der Alters­grup­pe der 18- bis 34-Jähri­gen (50 zu 39 Prozent), bei den mittle­ren und älteren Jahrgän­gen überwiegt dagegen die Ablehnung.

Bei den Anhän­gern der Partei­en wird der Schritt unter­schied­lich bewer­tet: Während Partei­gän­ger der Grünen (82 Prozent) und der SPD (56 Prozent) das Aus für die Atomener­gie begrü­ßen, wenden sich Anhän­ger von Unions­par­tei­en (83 Prozent) und AfD (81 Prozent) nahezu geschlos­sen dagegen. Auch FDP-Anhän­ger (65 Prozent) votie­ren mehrheit­lich gegen einen Ausstieg.

Grünen: Atomkraft ist Verschwen­dung von Steuergeldern

Grünen-Frakti­ons­chefin Katha­ri­na Dröge kriti­siert Forde­run­gen nach der Verlän­ge­rung von Atomkraft. «Ein Weiter­lau­fen der Atomkraft­wer­ke würde man nicht zum Nullta­rif kriegen», sagte sie im ARD-«Morgenmagazin». Die Atomkraft­wer­ke in Deutsch­land seien alt und entsprä­chen nicht mehr dem neues­ten Stand der Technik. «Das Weiter­lau­fen­las­sen ginge nicht ohne massi­ve zusätz­li­che Sicher­heits­über­prü­fung, und die müsste irgend­wer zahlen.» Die Union verschwei­ge, dass der Steuer­zah­ler die Kosten trage, fügte die Grünen-Politi­ke­rin hinzu.

Bayerns Minis­ter­prä­si­dent Markus Söder (CSU) hatte sich am Donners­tag angesichts der Energie­kri­se für eine länge­re Laufzeit der Kernkraft­wer­ke in Deutsch­land ausge­spro­chen. Das Abschal­ten zum jetzi­gen Zeitpunkt bezeich­ne­te er als Fehler und als Sünde.

Dröge zufol­ge würde kein Unter­neh­men Atomkraft­wer­ke ohne massi­ve staat­li­che Subven­tio­nen betrei­ben. Atomener­gie sei eine extrem teure Form der Energie­er­zeu­gung. «Diese Verschwen­dung von Steuer­geld, die beenden wir morgen. Und damit schaf­fen wir gleich­zei­tig auch Preis­si­cher­heit für die Menschen.»

Merz: AKW-Aus markiert «schwar­zen Tag für Deutschland»

Die Union sieht Deutsch­land auf einem Irrweg. Kein anderes Land reagie­re auf den Ukrai­ne-Krieg und die verschärf­te Energie­ver­sor­gungs­la­ge so wie die Bundes­re­pu­blik, sagte CDU-Chef Fried­rich Merz dem Hörfunk­sen­der NDR Info. Der Unions­frak­ti­ons­chef verwies in diesem Zusam­men­hang auf die weltweit mehr als 400 laufen­den und 60 im Bau befind­li­chen Atomkraft­wer­ke. «Da stellt sich schon die Frage: “Wer ist hier eigent­lich der Geister­fah­rer?”», beton­te Merz.