TUTTLINGEN — Vorstand, Fachbeirat und Mitglieder des Landschaftserhaltungsverbandes Tuttlingen informieren sich bei gemeinsamer Exkursion über den Biber. Insgesamt 15 Mitglieder aus unterschiedlichen Gremien des Landschaftserhaltungsverbandes Tuttlingen folgten der Einladung von Geschäftsführer Thomas Stehle und trafen sich zur gemeinsamen Exkursion im Bächetal bei Möhringen. Thema der Exkursion war der Biber. Der Krähenbach ist im Landkreis Tuttlingen einer der Bäche, in denen sich der Biber vor etwa 12 Jahren zum ersten Mal wieder angesiedelt hat und bot sich daher als ideales Anschauungsobjekt an.
Geschäftsführer Thomas Stehle führte die Teilnehmer zuerst in die Lebensweise des Bibers ein. An Land ist der Biber eher weniger mobil, deshalb gestaltet er durch seine Bauaktivitäten die Umgebung so, dass er größtenteils schwimmend vorankommt. Dadurch entsteht mit der Zeit eine Vielfalt an neuen Strukturen und Habitaten, die vielen weiteren gewässergebundenen Tier- und Pflanzenarten ein neues Zuhause bieten. Zudem ist der Biber nach deutschem und europäischem Recht streng geschützt.
Marie Müller von der Unteren Naturschutzbehörde des Landkreises Tuttlingen berichtete indes von naturschutzfachlichen Zielkonflikten, die durch Biberaktivitäten entstehen können. Wenn zum Beispiel eine Magere Flachlandmähwiese, die gemäß der Fauna-Flora-Habitat-Richtline (FFH) der EU geschützt ist, aufgrund eines Biberdammes überflutet und damit in ihrem Erhaltungszustand gefährdet wird, gilt es abzuwägen, welchem Schutzgut Priorität einzuräumen ist. Dies seien oft keine leichten Entscheidungen. Zur Lösung solcher und anderer Konflikte wird der Biberberater Gunnar Hornstein, der im Auftrag des Regierungspräsidiums Freiburg arbeitet, hinzugezogen. Hornstein kommt auch zum Einsatz, wenn es Probleme mit der angrenzenden Landnutzung gibt. Landwirte, deren Flächen durch einen Biberstau nicht mehr nutzbar sind, können beispielsweise über die Landschaftspflegerichtlinie einen Ausgleich für die Stilllegung der Fläche erhalten. In Einzelfällen kann auch durch Eingriffe am Biberdamm der Wasserstand gesenkt werden. Allerdings sind diese Lösungen meist nicht langfristig, da der Biber ein ausdauernder Baumeister ist.
Janina Hager und Karl-Josef Ettwein vom Wasserwirtschaftsamt erläuterten, dass der Biber aus Sicht des Hochwasserschutzes einen positiven Einfluss hat. Durch die Dämme wird das Wasser zurückgehalten und in die Breite verteilt, so dass Abflussspitzen gekappt werden. Es gibt aus wasserbaulicher Sicht aber auch Bereiche, in denen der Biber nicht zu tolerieren ist. Hierzu zählen z.B. Regenrückhaltebecken, Vorfluterbereiche von Kläranlagen und Ortslagen. Siedelt sich der Biber in solchen Bereichen an, wird im Rahmen des Bibermanagements zusammen mit der unteren Naturschutzbehörde, dem Biberberater, dem Landschaftserhaltungsverband, dem Wasserwirtschaftsamt und den Landnutzern vor Ort gemeinsam nach einer Lösung gesucht. Bei der Besiedlung von sensiblen Bereichen durch den Biber ist es wichtig, frühzeitig zu reagieren, um mögliche Konflikte erst gar nicht entstehen zu lassen.