MADRID/BARCELONA (dpa) — Die Super League gilt als geschei­tert. Nur zwei Clubs, die eigent­lich Erzri­va­len sind, glauben weiter an das umstrit­te­ne Projekt und ziehen an einem Strang: Real Madrid und der FC Barcelona.

Nach nur drei Tagen ist von den pompö­sen Super-League-Plänen einiger europäi­scher Fußball-Riesen nicht mehr viel übrig geblieben.

Neun von zwölf Gründer-Clubs haben ihre Teilnah­me bereits wieder abgesagt, am Donners­tag blockier­ten Fans von Manches­ter United aus Protest gegen das milli­ar­den­schwe­re Projekt das Trainings­ge­län­de ihres Vereins. Nur zwei, die eigent­lich Erzri­va­len sind, glauben nach wie vor an die Idee und auch an eine verspä­te­te Einfüh­rung der neuen Liga: Die spani­schen Fußball-Gigan­ten Real Madrid und FC Barce­lo­na ziehen ausnahms­wei­se an einem Strang. 

Das Projekt sei nur «auf Stand-by», sagte Real- und auch Super-League-Boss Floren­ti­no Pérez dem spani­schen Radio­sen­der Cadena Ser. An die Adres­se der bereits wieder ausge­stie­ge­nen Clubs sagte der milli­ar­den­schwe­re Bauun­ter­neh­mer: «Es ist klar im Vertrag, dass du nicht gehen kannst.» Und allen Kriti­kern der Super-League-Pläne hielt er entge­gen, es sei «komplett falsch» zu denken, dass dieses Projekt bereits tot sei: «Wir arbei­ten daran. Es wird etwas heraus­kom­men, von dem die Welt denkt, dass es das Beste ist.»

Barce­lo­na-Boss Joan Lapor­ta brach am Donners­tag sein Schwei­gen und meinte: «Die Super­li­ga ist nötig. Es ist absolut nötig, dass wir große Clubs, die einen beträcht­li­chen Teil der Ressour­cen beitra­gen, auch ein Wort mitre­den bei der Vertei­lung der Einnah­men.» Der Plan sei noch auf dem Tisch. Man sei aber «offen für einen offenen Dialog mit der UEFA». Lapor­ta äußer­te sich optimis­tisch, dass man eine Einigung werde errei­chen können, die alle Seiten zufrie­den­stellt. Man strebe weder die Abschaf­fung der natio­na­len Ligen noch der Krite­ri­en des sport­li­chen Verdiens­tes an. Aber man brauche mehr Ressour­cen, damit der Fußball «eine großar­ti­ge Show bleibt». Vor allem die «sehr hohen Gehäl­ter» der Spieler seien eine große Last für die Top-Clubs.

Pérez kriti­sier­te derweil alle, die sich in den vergan­ge­nen Tagen gegen die Einfüh­rung der Super League gewehrt hatten: die Fans, den europäi­schen Verband UEFA, die spani­sche Liga. «Es war, als hätten wir jeman­den getötet. Es war, als hätten wir den Fußball getötet. Aber wir versu­chen, einen Weg zu erarbei­ten, um den Fußball zu retten», sagte der 74-Jähri­ge. «Ich bin seit 20 Jahren im Fußball und ich habe noch nie Drohun­gen wie diese gesehen.»

Eine Antwort darauf gab UEFA-Präsi­dent Aleksan­der Ceferin nur wenige Stunden später im slowe­ni­schen Fernse­hen — und sie fiel nicht weniger deutlich aus. «Pérez ist der Präsi­dent einer Super­li­ga, die es nicht gab, und derzeit ist er der Präsi­dent von nichts», sagte der Slowe­ne. «Er hätte gerne einen UEFA-Präsi­den­ten, der ihm gehorcht, der ihm zuhört, der tut, was er will.» Ceferin hob die Unter­stüt­zung der Clubchefs von Bayern München, Borus­sia Dortmund und Paris Saint-Germain hervor, die sich an der Super League nicht betei­li­gen wollten: «Ohne ihn (den PSG-Chef), den Bayern-General­di­rek­tor Karl-Heinz Rumme­nig­ge und den Borus­sia-General­di­rek­tor Hans-Joachim Watzke wäre es viel schwie­ri­ger gewesen.»

Das Problem sehen alle. Gerade die europäi­schen Großclubs wie der FC Barce­lo­na oder Juven­tus Turin haben zuletzt Verlus­te in teils dreistel­li­ger Millio­nen­hö­he gemacht. «Dieses Jahr werden die Clubs zwei Milli­ar­den Euro Miese machen, Geld, das sie gar nicht haben», warnte Pérez. Doch was man dagegen tun könne — da gehen die Meinun­gen ausein­an­der. Der Präsi­dent von Real Madrid hält das Modell der Champi­ons League für nicht mehr attrak­tiv. Die für 2024 geplan­te Reform komme viel zu spät. «Wenn Rafael Nadal gegen den 80. der Weltrang­lis­te spielt, würde auch keiner hinge­hen», sagte Pérez und zog damit einen Vergleich zum Tennissport.

Kriti­ker halten dem entge­gen, dass es die Spitzen­clubs selbst waren, die ihre großen wirtschaft­li­chen Sorgen durch die Explo­si­on der Trans­fer­aus­ga­ben und Spieler­ge­häl­ter erst ausge­löst haben. Nur noch mehr Geld in dieses System zu pumpen, würde das Problem nicht lösen.

Hinzu kommt, dass die Super-League-Pläne teilwei­se nicht einmal inner­halb der betrof­fe­nen Clubs selbst ausführ­lich bespro­chen wurden. So räumte Itali­ens Fußball-Legen­de Paolo Maldi­ni am Mittwoch­abend als Sport­chef des AC Mailand in einem Sky-Inter­view ein, «nie» in die Diskus­sio­nen um die Super League invol­viert gewesen zu sein. «Ich habe die Nachrich­ten am Sonntag­abend mit dem State­ment der Verei­ne gesehen. Die Eigen­tü­mer haben entschie­den und nicht ich.» Maldi­nis Fazit der vergan­ge­nen Tage: «Ich möchte mich bei den Fans entschul­di­gen. Wir müssen das als Lekti­on nehmen.»

In Spani­en soll es vorerst für die ebenso hartnä­cki­gen wie mächti­gen «Rebel­len» keine Sanktio­nen geben. «Wir erwägen keine Sanktio­nen. Alle wollen, dass nun Köpfe rollen, aber wir haben unsere Abläu­fe», sagte Liga-Chef Javier Tebas. Die Betrof­fe­nen seien «von den eigenen Fans schon genug bestraft» worden. «Ihr Ruf ist beschädigt.»

Von Jan-Uwe Ronne­bur­ger, Maximi­li­an Haupt und Emilio Rappold, dpa