AUGSBURG (dpa/lby) — Lange hat es gedau­ert, bis die Pläne für einen Gedenk­ort für die Augsbur­ger Zwangs­ar­bei­ter konkret wurden. Nun ist es soweit. In wenigen Monaten soll am Ort der Ernied­ri­gun­gen eine Ausstel­lung für Schul­klas­sen öffnen.

77 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkrie­ges soll in Augsburg eine Gedenk­stät­te für ein Außen­la­ger des Dachau­er Konzen­tra­ti­ons­la­gers eröff­net werden. Die sogenann­te Halle 116 war zunächst Teil einer Kaser­ne und wurde gegen Ende der Nazi-Dikta­tur zu einem Lager für Zwangs­ar­bei­ter umfunktioniert.

Seit mehr als zwei Jahrzehn­ten wird darüber disku­tiert, in der Halle eine Ausstel­lung einzu­rich­ten. Nach einem Beschluss des Augsbur­ger Kultur­aus­schus­ses soll die Halle nun im Sommer 2022 als Lern- und Erinne­rungs­ort öffnen. «Ziel ist es, mit der Ausstel­lung in Augsburg einen dauer­haf­ten Lernort für die historisch-politische
Bildung und die Vermitt­lung demokra­ti­scher Grund­wer­te zu schaf­fen», betont die Stadtverwaltung.

In der Halle wurden einst bis zu 2000 KZ-Häftlin­ge unter­ge­bracht. Die Männer mussten insbe­son­de­re bei der Messer­schmitt AG arbei­ten, bis zu zwölf Stunden am Tag. Der Augsbur­ger Flugzeug­bau­er zählte zu den wichtigs­ten Rüstungs­un­ter­neh­men in der Nazizeit.

Die hygie­ni­schen Verhält­nis­se und die Versor­gung der Gefan­ge­nen seien völlig unzurei­chend gewesen, erklärt die Stadt­ver­wal­tung. «Zeitzeu­gen berich­te­ten von harten Diszi­pli­nie­rungs­maß­nah­men, zahlrei­chen Misshand­lun­gen durch Wachper­so­nal und Messer­schmitt-Beschäf­tig­te sowie von Exeku­tio­nen.» 1945 seien 74 Tote im Lager von den Behör­den erfasst worden.

Nach dem Krieg nutzten lange die US-Streit­kräf­te das Gelän­de mit der Halle 116 für ihre Sheri­dan-Kaser­ne. Im Jahre 1998 gaben die Ameri­ka­ner den Augsbur­ger Stand­ort auf, in der Folge entstand die Idee einer Gedenkstätte.

Die Rathaus­ko­ali­ti­on von CSU und Grünen betont, dass in der Stadt bislang nur wenige Orte seien, die die Verbre­chen der NS-Zeit darstell­ten und darüber aufklär­ten. «Die Halle 116 ist eine große Chance für Augsburg, sich mit der eigenen Vergan­gen­heit ausein­an­der­zu­set­zen, diese aufzu­ar­bei­ten und der Opfer von damals zu geden­ken», heißt es in einer Erklä­rung der Koali­tio­nä­re. «Gerade in Zeiten der Pande­mie, in denen rechte und antise­mi­ti­sche Strömun­gen noch sicht­ba­rer werden, und in einer Zeit ohne Zeitzeu­gen sind solche Erinne­rungs­or­te unver­zicht­bar», sagte die Grünen-Frakti­ons­chefin Verena von Mutius-Bartholy.

Die Stadt will im Juli die Ausstel­lung eröff­nen, zunächst ist das Projekt auf drei Jahre konzi­piert. Mehre­re Stellen sollen geschaf­fen werden, damit insbe­son­de­re Schul­klas­sen die Halle 116 besuchen können. Es ist bereits ein Konzept für die Ausstel­lung erarbei­tet worden. Die Stadt rechnet mit Kosten von knapp 150 000 Euro jährlich, die teils durch Zuschüs­se gedeckt werden sollen.

Die Stiftung Bayeri­sche Gedenk­stät­ten, die die KZ-Gedenk­stät­ten in Dachau und Flossen­bürg trägt, sieht Möglich­kei­ten der Zusam­men­ar­beit mit der Bildungs­ab­tei­lung in Dachau. Die Augsbur­ger Ausstel­lung mache großen Sinn, sagte Stiftungs­di­rek­tor Karl Freller. «Die Tatsa­che, dass junge Besucher­grup­pen von einem Museums­päd­ago­gen geführt und bei der Aufar­bei­tung der Eindrü­cke im Nachgang beglei­tet werden sollen, rundet das anspre­chen­de Gesamt­kon­zept ab», meinte der CSU-Landtagsabgeordnete.