WASHINGTON (dpa) — Fast 18 Monate arbei­te­te ein Unter­su­chungs­aus­schuss die Gescheh­nis­se rund um den Sturm auf das US-Kapitol auf. Der Abschluss­be­richt macht einen einzi­gen Mann zum Hauptverantwortlichen.

Der Unter­su­chungs­aus­schuss zum Sturm auf das US-Kapitol wirft Ex-Präsi­dent Donald Trump eine mehrtei­li­ge Verschwö­rung vor, um das Ergeb­nis der Wahl 2020 zu kippen. In dem mehr als 800 Seiten starken Abschluss­be­richt, der am Donners­tag­abend (Ortszeit) in Washing­ton veröf­fent­licht wurde, empfiehlt das Gremi­um daher, eine neue Präsi­dent­schaft Trumps zu verhin­dern. Der heute 76-Jähri­ge wies die Vorwür­fe auf der von ihm mitge­grün­de­ten Platt­form Truth Social zurück und sprach erneut von einer «Hexen­jagd».

Am 6. Januar 2021 hatten Anhän­ger Trumps den Sitz des US-Kongres­ses gestürmt, in dem die Wahlnie­der­la­ge des Republi­ka­ners gegen Joe Biden beglau­bigt werden sollte. Eine von Trump aufge­sta­chel­te Menge drang gewalt­sam in das Gebäu­de ein, fünf Menschen starben. In den vergan­ge­nen knapp 18 Monaten hatte der Ausschuss den Vorfall unter­sucht und nach eigenen Angaben mehr als 1000 Zeugen gehört. In dem Ausschuss saßen sieben Demokra­ten und zwei Republikaner.

Bei seiner letzten öffent­li­chen Anhörung am Montag hatte das Gremi­um bereits eine — nicht binden­de — straf­recht­li­che Verfol­gung Trumps in vier Ankla­ge­punk­ten empfoh­len. In den nun veröf­fent­lich­ten, insge­samt elf Empfeh­lun­gen heißt es, Trump solle von einer weite­ren Präsi­dent­schaft ausge­schlos­sen werden. Jemand, der einen Eid auf die Verfas­sung geschwo­ren habe, sich dann aber an einem Aufstand gegen diese Verfas­sung betei­ligt oder Feinde der Verfas­sung unter­stützt habe, könne laut 14. Verfas­sungs­zu­satz künftig von der Ausübung eines öffent­li­chen Amtes ausge­schlos­sen werden, heißt es in dem Dokument.

Bericht: Haupt­ver­ant­wort­li­cher war Trump

Der Ausschuss ruft den Kongress daher auf, Mecha­nis­men zu schaf­fen, um zu prüfen, ob die in dem Abschluss­be­richt genann­ten Perso­nen gemäß der Verfas­sung von der Ausübung öffent­li­cher Ämter auf Bundes­staats- oder Staats­ebe­ne ausge­schlos­sen werden können. Trump hatte Mitte Novem­ber angekün­digt, bei der Präsi­den­ten­wahl 2024 erneut als Kandi­dat der Republi­ka­ner antre­ten zu wollen.

Der 76-Jähri­ge wird als Haupt­ver­ant­wort­li­cher eines beispiel­lo­sen Angriffs auf die US-Demokra­tie beschrie­ben: «Die zentra­le Ursache des 6. Januar war ein Mann, der ehema­li­ge Präsi­dent Donald Trump.» Ohne ihn wäre der 6. Januar nicht gesche­hen, hieß es weiter.

«Die Arbeit des Unter­su­chungs­aus­schus­ses unter­streicht, dass unsere demokra­ti­schen Insti­tu­tio­nen nur so stark sind wie das Engage­ment derje­ni­gen, die mit deren Aufsicht betraut sind», schrieb die schei­den­de demokra­ti­sche Vorsit­zen­de des US-Reprä­sen­tan­ten­hau­ses, Nancy Pelosi, in einem Vorwort zu dem Bericht. Dessen Ergeb­nis­se müssten ein Aufruf an alle US-Ameri­ka­ner sein, «unsere Demokra­tie wachsam zu bewah­ren und unsere Stimme nur denje­ni­gen zu geben, die unsere Verfas­sung pflicht­be­wusst verteidigen».

In dem Bericht werden zwar auch Versäum­nis­se der Sicher­heits­diens­te genannt. Sicher­heits­män­gel seien aber nicht die Ursache des Angriffs gewesen. «Dass der Präsi­dent der Verei­nig­ten Staaten einen Mob anstif­tet, auf das Kapitol zu marschie­ren und die Arbeit des Kongres­ses zu behin­dern, ist kein Szena­rio, das sich unsere Nachrich­ten­diens­te und Straf­ver­fol­gungs­be­hör­den für dieses Land vorge­stellt haben», schrieb der demokra­ti­sche Ausschuss­vor­sit­zen­de Bennie Thompson.

Trump wies den Bericht auf Truth Social erneut als partei­isch zurück und beharr­te auf der Falsch­be­haup­tung, es habe Wahlbe­trug gegeben. Das Ganze sei eine «Hexen­jagd».

Ob das Justiz­mi­nis­te­ri­um tatsäch­lich wie empfoh­len straf­recht­li­che Schrit­te gegen Trump und andere Betei­lig­te einlei­tet, ist offen, denn die Entschei­dung ist recht­lich nicht bindend. Dennoch ist der Schritt ein deutli­ches Signal, und eine Straf­ver­fol­gung Trumps ist wahrschein­li­cher gewor­den. Zu den weite­ren Vorschlä­gen des Gremi­ums gehört unter anderem, die Sicher­heits­vor­keh­run­gen bei wichti­gen Veran­stal­tun­gen im Kongress zu stärken, die Aufsicht über die Kapitol-Polizei zu überar­bei­ten und die Strafen für Drohun­gen gegen Wahlhel­fer zu verschärfen.

Was wird Trump vorgeworfen?

Die Anschul­di­gun­gen gegen den Ex-Präsi­den­ten wiegen schwer: Das Gremi­um wirft ihm unter anderem vor, die Menge zum Aufruhr angestif­tet zu haben. Vorge­wor­fen werden Trump und weite­ren Betei­lig­ten wie seinem ehema­li­gen Rechts­be­ra­ter John Eastman auch die Behin­de­rung eines öffent­li­chen Verfah­rens, Verschwö­rung gegen die US-Regie­rung und Falsch­be­haup­tun­gen gegen­über dem Staat.

Das Justiz­mi­nis­te­ri­um muss nun prüfen, ob es genügend Bewei­se für die weite­ren Schrit­te gegen den Republi­ka­ner hat: Am Ende könnte Trump angeklagt werden. Der selte­ne Straf­tat­be­stand des Aufruhrs ist dabei der schwer­wie­gends­te: Er ist dem US-Gesetz zufol­ge erfüllt, wenn zum Aufstand gegen die Autori­tät des Staates oder der Geset­ze angestif­tet oder sich daran betei­ligt wird. Dies wird mit einer Geldstra­fe oder mit Gefäng­nis bis zu zehn Jahren oder mit beidem bestraft. Sollte Trump wegen Aufruhrs verur­teilt werden, dürfte er kein politi­sches Amt mehr ausüben.