STUTTGART (dpa/lsw) — Verfas­sungs­fein­de sollen eigent­lich keine Waffen mehr tragen dürfen. Aber das Gesetz werde oft unter­wan­dert, beklagt Innen­mi­nis­ter Strobl — und fordert stren­ge­res Recht. CDU-geführ­te Länder unter­stüt­zen ihn.

Baden-Württem­berg macht sich für ein schär­fe­res Waffen­recht im Kampf gegen Extre­mis­ten stark. Gemein­sam mit den CDU-geführ­ten Ländern Sachsen-Anhalt und Hessen will sich der Südwes­ten bei der Innen­mi­nis­ter­kon­fe­renz dafür einset­zen, dass Mitglie­der verfas­sungs­feind­li­cher Verei­ni­gun­gen unter keinen Umstän­den mehr an Pisto­len und Geweh­re kommen. Zwar wurde das Waffen­recht mit Blick auf Extre­mis­ten und sogenann­te Reichs­bür­ger bereits verschärft. Das Gesetz werde aber häufig unter­wan­dert, sagte Innen­mi­nis­ter Thomas Strobl (CDU) der Deutschen Presse-Agentur.

Was steckt dahin­ter? Waffen und Muniti­on darf nur besit­zen, wer als recht­lich zuver­läs­sig gilt. Das Waffen­ge­setz unter­schei­det dabei die sogenann­te Regelun­zu­ver­läs­sig­keit (im Sinne von «in der Regel») und die absolu­te Unzuver­läs­sig­keit. Bei der absolu­ten waffen­recht­li­chen Unzuver­läs­sig­keit darf unter keinen Umstän­den eine Erlaub­nis erteilt werden. Das gilt zum Beispiel für Menschen, die in den vergan­ge­nen zehn Jahren wegen eines Verbre­chens verur­teilt wurden. Der Behör­de steht dabei keiner­lei Ermes­sen zu. Die Regelun­zu­ver­läs­sig­keit hinge­gen kann im Einzel­fall aber entkräf­tet werden.

Für eine aktuel­le oder ehema­li­ge Mitglied­schaft in einem verbo­te­nen Verein, einer verfas­sungs­wid­ri­gen Partei oder einer verfas­sungs­feind­li­chen Verei­ni­gung wird derzeit noch die Regelun­zu­ver­läs­sig­keit attes­tiert. Oft legten Extre­mis­ten aber dagegen Wider­spruch ein und unter­wan­der­ten damit das Waffen­ver­bot, heißt es aus dem Innen­mi­nis­te­ri­um. Deshalb sollen solche Mitglied­schaf­ten nach Vorstel­lung der drei Länder künftig eine absolu­te waffen­recht­li­che Unzuver­läs­sig­keit begrün­den — was Wider­spruchs­mög­lich­kei­ten deutlich erschwe­ren würde.

Wer Mitglied in einem verfas­sungs­feind­li­chen Verein ist, bringe eine «geset­zes­miss­ach­ten­de Haltung» zum Ausdruck, die nicht nur vorüber­ge­hen­der Natur sein dürfte, so das Innen­mi­nis­te­ri­um. «Es erscheint in diesen Fällen daher sachge­recht, zumin­dest für einen bestimm­ten Zeitraum von einer absolu­ten waffen­recht­li­chen Unzuver­läs­sig­keit auszu­ge­hen.» Die drei Länder wollen das Bundes­in­nen­mi­nis­te­ri­um um Prüfung bitten, das Waffen­ge­setz zu verschär­fen. «Hier müssen wir nachschär­fen, damit das nicht umgan­gen oder unter­wan­dert werden kann», sagte Innen­mi­nis­ter Strobl. «Wir müssen also gerade an diesem Punkt der Regelung die Schrau­ben noch einmal anzie­hen, um Extre­mis­ten noch effek­ti­ver zu entwaffnen.»

«Wir haben immer gesagt: Waffen dürfen nicht in den Besitz von unzuver­läs­si­gen Perso­nen gelan­gen», sagte Strobl. «Insbe­son­de­re in den Händen von Verfas­sungs­fein­den haben Waffen nichts verlo­ren.» Von 2017 bis Anfang Febru­ar 2022 seien in Baden-Württem­berg Reichs­bür­gern und Extre­mis­ten mehr als 400 Waffen abgenom­men worden. Aber: Zum 1. Febru­ar 2022 waren nach Angaben des Innen­mi­nis­te­ri­ums 14 Reichs­bür­ger und 9 Extre­mis­ten im Besitz einer erlaub­nis­pflich­ti­gen Waffe.

«Reichs­bür­ger» und «Selbst­ver­wal­ter» zweifeln die Legiti­mi­tät der Bundes­re­pu­blik an. Sie weigern sich oft, Steuern zu zahlen. Die rund 150 Waffen­be­hör­den im Land fragen beim Verfas­sungs­schutz ab, ob die betref­fen­de Person als Extre­mist bekannt ist. Die Verfas­sungs­schüt­zer und das Landes­kri­mi­nal­amt werden aber auch von sich aus tätig und infor­mie­ren die Waffen­be­hör­den in eigener Initia­ti­ve. Die zustän­di­ge Waffen­be­hör­de überprüft die Waffen­be­sit­zer mindes­tens nach drei Jahren erneut auf ihre Zuverlässigkeit.

Von Nico Point­ner, dpa